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PROFI/583: Miguel Cotto zerlegt geschwächten Daniel Geale (SB)



Der Puertoricaner bleibt WBC-Weltmeister im Mittelgewicht

Miguel Cotto hat den WBC-Titel im Mittelgewicht problemlos gegen Daniel Geale verteidigt. Vor 12.157 Zuschauern im Barclays Center in Brooklyn setzte sich der 34jährige Puertoricaner in der vierten Runde durch und verbesserte damit seine Bilanz auf 40 Siege und vier Niederlagen. Für den gleichaltrigen Australier stehen nun 31 gewonnene und vier verlorene Auftritte zu Buche. Von Beginn an gab die Schnelligkeit und überlegene Schlagwirkung des Weltmeisters den Ausschlag gegen einen Herausforderer, der zwar wesentlich schwerer als sein Gegner in den Ring stieg, aber aufgrund des Gewichtsverlusts vor dem Wiegen ausgelaugt wirkte. [1]

Cotto, der im Grunde zu leicht für das Mittelgewicht ist, hatte ein Limit von 71 kg zur Voraussetzung gemacht, das Geale gerade noch auf die Waage brachte. Der Champion wog hingegen nur 69 kg und lag damit sogar knapp unter dem Halbmittelgewicht. In den mehr als 24 Stunden zwischen dem Wiegen und dem Kampf legte der Australier vor allem durch Rehydrieren derart zu, daß er am folgenden Abend beim Betreten des Veranstaltungsorts in normaler Straßenkleidung 82,5 kg und damit mehr als ein Halbschwergewichtler wog. Geale konnte jedoch aus seinem enormen Gewichtsvorteil keinen Nutzen ziehen, denn er bewegte sich träge wie in zähem Schlamm und schlug ohne nennenswerte Wirkung.

Cottos Trainer Freddie Roach hatte angesichts des ausgemergelt wirkenden Herausforderers bereits beim Wiegen angekündigt, sein Schützling werde vor allem zum Körper des Australiers schlagen und ihn auf diese Weise frühzeitig zermürben. Der Puertoricaner hielt sich an diese Anweisung und setzte Geale von Beginn an zu, der weitgehend ohne Jab boxte und keine Wucht hinter seine Schläge brachte. Kurz vor Ende der dritten Runde traf Cotto mit einer rechten Geraden, die den Herausforderer in die Seile taumeln ließ.

Im vierten Durchgang setzte Cotto nach und schlug den Gegner schließlich mit seiner gefährlichsten Waffe, dem linken Haken, nieder. Geale kam zwar noch einmal mühsam auf die Beine, doch deckte ihn der Puertoricaner sofort mit einem Hagel von Schlägen ein, bis der Herausforderer erneut auf den Brettern landete. Auch diesmal raffte sich der Australier rechtzeitig wieder auf, doch schüttelte er nun den Kopf als ihn Ringrichter Harvey Dock fragte, ob er weitermachen wolle. Daraufhin wurde der Kampf nach 1:28 Minuten der Runde beendet. [2]

Die Statistik von CompuBox belegt, wie einseitig der Kampfverlauf gewesen ist. Cotto hatte nicht nur wesentlich häufiger geschlagen, sondern auch eine deutlich bessere Trefferquote erzielt. Wenngleich Kritik laut wurde, Geale habe zu schnell aufgegeben, wirkte er doch derart chancenlos, daß es kaum Sinn gemacht hätte, den Kampf fortzusetzen. Auch daß er seinen Trainer fragte, wie viele Runden man geboxt habe, spricht dafür, daß er am Ende schwer angeschlagen und desorientiert war.

In einer ersten Stellungnahme zeigte sich der Australier tief enttäuscht, das alles so schnell gegangen sei. Das Gewicht habe zweifellos eine große Rolle gespielt, zumal er seit jeher enorme Probleme gehabt habe, das normale Limit des Mittelgewichts zu erreichen. Die von Cotto verlangten 71 kg seien dementsprechend noch härter für ihn gewesen. Aber so sei Boxen nun einmal, und schließlich habe er ja den Vertrag unterzeichnet.

Nach dem dritten Sieg seit Beginn der Zusammenarbeit mit Freddie Roach lobte Cotto seinen Trainer als das Beste, was ihm je begegnet sei. Unter dessen Anleitung habe er sich in jeder Hinsicht gesteigert und sei nun in der besten Verfassung seiner gesamten Karriere. Auf die obligatorische Frage des HBO-Kommentators Max Kellerman, gegen wen er im Herbst anzutreten plane, bestätigte der Puertoricaner das so gut wie beschlossene Duell mit Saul "Canelo" Alvarez. Danach sei er offen für Gennadi Golowkin, falls dieser das wünsche und zeitlich einrichten könne. Zunächst wolle er aber vor allem mehr Zeit mit seiner Familie verbringen und danach zu Freddie Roach und der Arbeit im Gym zurückkehren.

Gennadi Golowkin ist Superchampion der WBA im Mittelgewicht, Weltmeister des kleineren Verbands IBO und Pflichtherausforderer beim WBC. Gegen eine Abfindung in siebenstelliger Höhe und eine von Cotto und Alvarez unterzeichnete Vereinbarung, als WBC-Weltmeister im nächsten Schritt gegen den Kasachen anzutreten, verzichtet dieser darauf, sein Vorrecht unmittelbar geltend zu machen. Sollte es der Sieger des Kampfs zwischen Cotto und Alvarez dennoch ablehnen, sich Golowkin zu stellen, würde dieser zum neuen WBC-Champion erklärt.

Golowkin hatte Daniel Geale im vergangenen Jahr im Madison Square Garden in nur drei Runden und damit noch etwas schneller als Cotto besiegt. Wollte man die beiden Kämpfe gegen den Australier vergleichen, so kam es im Falle des Kasachen zu keinem Abtausch von Schlägen, da dieser seiner Gegner unablässig durch den Ring jagte und schließlich stellte. Golowkin ist in 33 Kämpfen ungeschlagen und hat seit sechs Jahren jeden Gegner vorzeitig besiegt. Cotto hat 2012 gegen Floyd Mayweather und Austin Trout verloren, seither gegen Delvin Rodriguez, den verletzten Sergio Martinez und nun Daniel Geale gewonnen. [3]

Ob Miguel Cotto, der als erster puertoricanischer Boxer Weltmeister in vier verschiedenen Gewichtsklassen geworden ist, unter der Regie Freddie Roachs wirklich so viel besser geworden ist, sei trotz der unbestrittenen Kompetenz dieses Trainers dahingestellt. Fest steht, daß die Auswahl der Gegner insofern angemessener gestaltet wird, als man Cotto paßförmige Kontrahenten zuführt, die er absehbar besiegen kann. Bei der Rückkehr in seine Hochburg New York, wo er inzwischen elf Auftritte gewonnen und nur einen verloren hat, machte er ungeachtet einer langen Pause von 364 Tagen seit dem Titelgewinn eine ausgezeichnete Figur.

Der Kampf zwischen Miguel Cotto, der sich im März vertraglich an den Promoter Roc Nation Sports des Rappers Jay Z gebunden hat, und dem 24jährigen Mexikaner Saul "Canelo" Alvarez ist zweifellos ein Publikumsmagnet. Der Puertoricaner spielte die Bedeutung dieses Duells jedoch mit den Worten herunter, es sei ein Kampf wie jeder andere. Hingegen verkündete Oscar de la Hoya, dies sei die mit Abstand bedeutendste Konfrontation, die man derzeit realisieren könne. Der Gründer und Präsident der Golden Boy Promotions hatte Cottos Auftritt vor Ort verfolgt und bezeichnete die Darbietung als eindrucksvoll. Im Unterschied zu dem ultimativen Duell zwischen Floyd Mayweather und Manny Pacquiao, dessen Dimensionen nicht zu überbieten seien, würden Cotto und "Canelo" einander ein Gefecht liefern, bei dem Spannung garantiert sei.

Saul Alvarez hat sich am 9. Mai vor 31.000 Zuschauern in Houston nach einem wilden Schlagabtausch in der dritten Runde gegen James Kirkland durchgesetzt. Nachdem nun auch Cotto mit einem schnellen Sieg die Voraussetzungen für ein vielbeachtetes Aufeinandertreffen geschaffen hat, sprach Michael Yormark, der Präsident von Roc Nation Sports, von einem Kampf, den jeder sehen wolle. Man habe bereits Übereinkunft hinsichtlich der Rahmenbedingungen erzielt und könne sich nun voll und ganz darauf konzentrieren, alle Einzelheiten in Ruhe zu klären.

Ein Klassiker dürfte es allemal werden, da ein Puertoricaner auf einen Mexikaner trifft und beide eine riesige Fangemeinde mobilisieren können. Wie Freddie Roach dazu anmerkte, sei "Canelo" ein junger und aufstrebender Kandidat, Miguel ein erfahrener Experte, der von Mal zu Mal nur noch besser werde. Im gefalle dieser Kampf ausgesprochen, wobei er einräumen müsse, daß ihm jeder nächste Kampf gefalle.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/06/cotto-canelo-is-next-then-golovkin/#more-194341

[2] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/13027505/miguel-cotto-scores-two-knockdowns-tko-daniel-geale-fourth-round-rout

[3] http://www.boxingnews24.com/2015/06/cotto-vs-geale-early-results/#more-194331

7. Juni 2015


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