Keith Thurman hat einige Mühe mit Luis Collazo

Keith Thurman hat den Titel der WBA im Weltergewicht erfolgreich verteidigt. Er setzte sich vor über 4000 Zuschauern in Tampa, Florida, durch technischen K.o. in der achten Runde gegen Luis Collazo durch. Während der im nahegelegenen Clearwater lebende und entsprechend gefeierte Lokalmatador nun in 26 Kämpfen ungeschlagen ist, stehen für seinen 34jährigen Gegner aus Brooklyn 36 gewonnene und sieben verlorene Auftritte zu Buche. Ob Thurman das Zeug zum künftigen Bannerträger der Branche hat oder im Gegenteil weithin überschätzt wird, war eine Frage, die nach seinem Auftritt die Gemüter erhitzte.

Während der Titelverteidiger von Beginn an aggressiv zu Werke ging, schien der Herausforderer zunächst das Terrain zu sondieren. In der zweiten Runde landete Thurman diverse Treffer, was die Stimmung des Publikums sprunghaft steigen ließ. Nach einem ausgeglichenen dritten Durchgang dominierte der Weltmeister in der Folge wieder das Geschehen, da er schlichtweg schneller als sein Gegner war. In der fünften Runde schien Collazo zunächst in Schwierigkeiten zu geraten, als er den Champion plötzlich mit einem schweren Körpertreffer überraschte, worauf sich Thurman nur mit Mühe in die Pause rettete.

Der Favorit erholte sich und setzte seine Kampfesweise fort, die Collazo keine Gelegenheit zum Schlagabtausch bot. Als ihm der New Yorker in der siebten Runde nachsetzte, um ihn zu stellen, versetzte ihm Thurman des öfteren schnelle Schläge, die eine stark blutende Rißwunde über dem rechten Auge des Herausforderers hervorriefen. Als ihn seine Betreuer in der Pause fragten, ob er weiterkämpfen wolle, erklärte Collazo, daß er auf dem Auge nichts mehr sehen könne. Daraufhin brach Ringrichter Telis Assimenios den Kampf zu Beginn der achten Runde ab. Thurman lag zu diesem Zeitpunkt bei allen drei Punktrichtern klar in Führung. [1]

Nach diesem Debüt des Formats "Premier Boxing Champions" beim Sender ESPN und der zweiten erfolgreichen Titelverteidigung Keith Thurmans empfahl sich dieser noch einmal Floyd Mayweather, der am 12. September in Las Vegas seinen mutmaßlichen Abschiedskampf bestreitet. Wie Thurman erklärte, sei er ein junger und starker Champion, der ebenfalls noch nie verloren habe. Er zolle Luis Collazo Respekt, der ein großartiger Veteran sei und ihm einen schweren Körpertreffer versetzt habe. Dennoch sei er nicht zu Boden gegangen und habe durchgehalten, wie das ein echter Champion mache. Danach habe er den Herausforderer mit seinen Schlägen Stück für Stück zerlegt. Wie Thurman versicherte, könne er sofort wieder ins Trainingslager gehen, um sich auf einen Kampf im September vorzubereiten.

Floyd Mayweather wird diesen Köder jedoch nicht schlucken, hat doch erst vor wenigen der Geschäftsführer der Mayweather Promotions, Leonard Ellerbe, dieser Option eine Absage erteilt. Wie er mitteilte, sei Keith Thurman ein sehr junger und talentierter Boxer, der aber leider nicht verstehe, wie das Spiel läuft. Niemand im Team Mayweather verschwende einen Gedanken an ihn. Daß er alles daransetze, sich für diesen Kampf zu empfehlen, sei zwar verständlich, doch bekomme man eben nicht immer alles, was man sich wünsche.

Während einige Kommentatoren durchaus der Auffassung sind, daß Keith Thurman neben Amir Khan der hochwertigste Weltergewichtler sei, den sich Mayweather als Gegner aussuchen könnte, waren andere der Auffassung, der Kurswert des WBA-Weltmeisters sei durch diesen Auftritt weiter gesunken. Lege man dessen Kämpfe gegen Leonard Bundu, Robert Guerrero und nun Luis Collazo zugrunde, habe er nicht den Hauch einer Chance, es mit Mayweather aufnehmen zu können. Statt für seine Titelverteidigung einen gefährlichen Gegner auszuwählen, habe er sich auf einen Kandidaten verlegt, der bei keinem der vier Verbände unter den Top 15 geführt wurde. Dennoch habe ihn der krasse Außenseiter in der fünften Runde so schwer getroffen, daß er nur mit viel Glück davongekommen sei.

Könne ihm ein Boxer mit so geringer Schlagwirkung derart zusetzen, stünde er nicht nur gegen Floyd Mayweather, sondern auch Marcos Maidana, Amir Khan, Danny Garcia, Errol Spence, Shawn Porter oder Adrien Broner auf verlorenem Posten. Thurman komme einfach nicht mit Gegnern zurecht, die kräftig zuschlagen können. Hätte er nicht vor einem Heimpublikum gekämpft, wäre er dafür ausgepfiffen worden, unablässig vor Collazo wegzulaufen und sich ihm nie zum Schlagabtausch zu stellen. Obgleich er als haushoher Favorit angetreten sei, habe nicht er den Herausforderer gejagt, sondern sich nach jedem gelungen Treffer sofort wieder zurückgezogen. Wenngleich auch Mayweather in früheren Jahren mitunter ähnlich gekämpft habe, gehe er seinen Gegner doch nie ständig aus dem Weg, sondern konfrontiere sie direkt. Gerade weil Thurman über beträchtliche Schlagwirkung verfügt und schon zahlreiche Kämpfe vorzeitig gewonnen hat, mutet es um so seltsamer an, daß er nur gegen schwach schlagende Kontrahenten antritt und auch noch ständig vor ihnen wegläuft, so die Kritik. [2]

Mayweathers Management hatte Keith Thurman angeboten, am 12. September im Vorprogramm gegen den in 17 Kämpfen ungeschlagenen Errol Spence anzutreten, der an Nummer acht der WBA-Rangliste geführt wird. Thurman hatte dieses Angebot brüsk zurückgewiesen und zur Begründung angeführt, er wolle nur gegen aktuelle Kandidaten aus den Top 15 kämpfen. Offenbar ist ihm entgangen, daß Spence durchaus unter diese Kategorie fällt, Collazo hingegen nicht. Folglich hat er mit seiner Argumentation ein Eigentor geschossen, da sich nun der Verdacht erhärtet, er gehe Spence unter fadenscheinigen Vorwänden aus dem Weg.

Dieser scheint jedenfalls wenig beeindruckt zu sein, was Thurmans Auftritt in Tampa betrifft. Wie er in den sozialen Medien mitteilt, habe der WBA-Champion auch in diesem Kampf wieder angefangen davonzulaufen. Im Unterschied zu Collazo ist Errol Spence ein Weltergewichtler, der mit beiden Händen gefährlich zuschlagen und einen Gegner auf die Bretter schicken kann. Dem will sich Thurman offenbar nicht aussetzen. [3]