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PROFI/683: Weltergewicht - Schmelztiegel der Talente ... (SB)



Shawn Porter nach Sieg über Danny Garcia neuer WBC-Champion

Der Kampf zwischen Shawn Porter und Danny Garcia um den vakanten WBC-Titel im Weltergewicht vor gut 13.000 Zuschauern im Barclays Center in Brooklyn hielt allemal, was er versprochen hatte. Zwei ehemalige Weltmeister, erfahren und technisch versiert, deren Namen stets genannt werden, wenn die Elite dieser Gewichtsklasse zur Sprache kommt. Beiden räumte man gute Chancen ein, dieses Duell zu gewinnen, dessen Ausgang kaum vorherzusagen war. Am Ende hatte Porter einstimmig nach Punkten die Nase vorn (116:111, 115:113, 115:113), weil es ihm gelungen war, seine Taktik rechtzeitig zu ändern. Er versuchte vier Runden lang, Garcia boxend Paroli zu bieten, was nicht funktionierte. Dann erhöhte er den Druck, ging zum Infight über und setzte verstärkt auf Körpertreffer, was dem Kontrahenten überhaupt nicht behagte, da sein Timing nicht mehr paßte und er immer wieder zurückweichen mußte.

Als Porter anzugreifen begann, wie es ihm am meisten liegt, und seine Schlagfrequenz erhöhte, gewann er zusehends die Oberhand. Sein gestochener Jab kam nun zu schnell und zu häufig für Garcia, der sich in den verbliebenen acht Runden nie ganz darauf einstellen konnte und schlichtweg zu wenig unternahm, was sich auf den Zetteln der Punktrichter niedergeschlagen hätte. Er tat zwar so, als ließen ihn Porters Schläge zum Körper kalt, was jedoch offensichtlich nicht der Fall war. Wenngleich er nach Kräften mitzuhalten versuchte und durchaus seine guten Szenen hatte, konnte er seine Überlegenheit der ersten vier Runden später nie wieder etablieren. Der 30jährige Shawn Porter baute seine Bilanz auf 29 Siege, zwei Niederlagen sowie ein Unentschieden aus und ist zum zweiten Mal in seiner Karriere Champion im Weltergewicht. Für den sichtlich enttäuschten Danny Garcia stehen nun 34 gewonnene und zwei verlorene Auftritte zu Buche. [1]

Es ist nicht auszuschließen, daß es Shawn Porter und sein Vater und Trainer Kenny Porter sogar vor vornherein darauf angelegt hatten, langsam anzufangen und Garcia die Arbeit zu überlassen. Dieser ist dafür bekannt, furios zu starten, aber nach einigen Runden etwas langsamer und schwächer zu werden. Die erste Niederlage hatte Garcia im März 2017 bezogen, als er sich im Kampf zweier Weltmeister Keith Thurman nur ganz knapp geschlagen geben mußte. Damals dominierte er gegen Ende das Geschehen und war nahezu ebenbürtig, diesmal hatte Porter mit zunehmender Rundenzahl die Nase klar vorn. Nach Niederlagen gegen zwei seiner schärfsten Konkurrenten sieht es für Danny Garcia erst einmal recht düster aus, zumal sich Kritiker bestätigt fühlen dürften, die ihm allmählich nachlassendes Können attestiert hatten. Jetzt steht er im zweiten Glied und muß sortieren, wie er noch einmal an die Spitze kommen könnte, die bei allen vier maßgeblichen Verbänden derzeit stark besetzt ist.

Beim Verband WBO ist Terence Crawford Weltmeister, der sich diesen Gürtel am 9. Juni im MGM Grand in Las Vegas durch einen Sieg über den Australier Jeff Horn gesichert hatte. Crawford war zunächst Champion im Leichtgewicht und führte dann alle vier maßgeblichen Titel im Halbweltergewicht zusammen, was vor ihm noch keinem Boxer in dieser Gewichtsklasse gelungen war. Der 30 Jahre alte und in 33 Kämpfen ungeschlagene Akteur aus Omaha, Nebraska, steht bei Promoter Bob Arum unter Vertrag, der mit dem Sender ESPN zusammenarbeitet. Wenngleich man nicht von völlig getrennten Sphären sprechen kann, gilt doch als wenig wahrscheinlich, daß Crawford die Wege der anderen Weltmeister im Weltergewicht kreuzen wird.

Shawn Porter könnte dank seines Titelgewinns eine Revanche gegen den WBA-Superchampion Thurman bekommen, der ihn 2016 nach Punkten besiegt hatte. Allerdings hat Keith Thurman seit dem Kampf gegen Garcia aufgrund wiederholter Verletzungen nicht mehr im Ring gestanden. Das war der Grund, warum er den WBC-Gürtel abgeben mußte, den sich nun Porter gesichert hat. Wann Thurman zurückkehrt ist nach wie vor ungewiß, und sollte er 2018 keinen Kampf mehr bestreiten, bliebe Shawn Porter die Alternative, IBF-Weltmeister Errol Spence zum Duell zu fordern, um ihre Titel zusammenzuführen. Das Publikum wäre begeistert, da dies der hochklassigste Auftritt ist, den das Weltergewicht derzeit zu bieten hat. Als weit weniger sicher gilt, daß Porter dieses Risiko eingehen würde, da Spence zu Recht als gefährlichster Akteur der Gewichtsklasse eingeschätzt wird, auch wenn die Konkurrenz das natürlich nicht zugeben würde. Andererseits ist Porter ein mutiger und kampfstarker Boxer, dem man zutrauen würde, selbst unter größten Bedenken Errol Spence nicht aus dem Weg zu gehen, sollte sich die Gelegenheit bieten.

Spence hatte das Geschehen als aufmerksamer Beobachter am Ring verfolgt und forderte Porter sogleich öffentlich heraus, sich mit ihm zu messen. Er sei der Beste in dieser Gewichtsklasse und werde die Titel garantiert in seinen Händen zusammenführen, versicherte der in 24 Auftritten ungeschlagene Champion. Andererseits steht ihm aber auch gegen Ende des Jahres oder Anfang 2019 ein Kampf gegen Mikey Garcia in Aussicht, dessen erklärte Absicht es ist, zwei Gewichtsklassen aufzusteigen um dieses spektakuläre Duell auszutragen, das im Pay-TV übertragen werden könnte. Errol Spence, dem viele Türen offenstehen, lobte Shawn Porter für seinen Auftritt, den er so gestaltet habe, wie man es von ihm kennt. Er sei für alle Optionen bereit, ob Porter, Mikey Garcia oder Keith Thurman. [2]

Auch Porter ließ sich nicht lumpen und erklärte, er habe mit Errol Spence am Ring gerechnet und sei bereit, sich mit ihm zu messen. Diesen Kampf auf die Beine zu stellen, sollte in der Tat kein Problem sein, da beide bei dem Berater Al Haymon unter Vertrag stehen und mit dem Sender Showtime assoziiert sind. Shawn Porter war 2013 ebenfalls im Barclays Center durch einen Punktsieg über Devon Alexander erstmals Weltmeister geworden und hatte den Titel einmal erfolgreich verteidigt, bevor er ihn Kell Brook überlassen mußte. Dabei konnte der Brite von Glück reden, daß sein ständiges Klammen und Wühlen, mit dem er Porter am Schlagen hinderte, vom Ringrichter geduldet wurde. Nach dieser unglücklichen Niederlage versuchte Porter lange vergeblich, sich abermals einen Titel zu sichern, was ihm 2016 gegen Keith Thurman knapp mißlang. Bleibt noch nachzutragen, daß er im Kampf gegen Danny Garcia die Börse von 1 Million Dollar einstreichen konnte, während sein gleichaltriger Gegner aus Philadelphia 1,2 Millionen Dollar erhielt. Diese finanzielle Rangfolge kehrt sich ab sofort um, wobei Shawn Porter als neuer WBC-Weltmeister natürlich mit Einkünften rechnen kann, die deutlich über seinem Niveau der letzten Jahre liegen.


Fußnoten:

[1] www.boxingnews24.com/2018/09/shawn-porter-decisions-danny-garcia-results/

[2] www.espn.com/boxing/story/_/id/24620370/welterweight-shawn-porter-wins-unanimous-decision-danny-garcia-147-pound-world-title

14. September 2018


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