Schattenblick → INFOPOOL → SPORT → BOXEN


PROFI/688: Weltergewicht - Omaha feiert seinen Helden ... (SB)



Terence Crawford siegt ungefährdet gegen Jose Benavidez

Terence Crawford hat den WBO-Titel im Weltergewicht vor rund 13.300 Zuschauern in seiner Heimatstadt Omaha, Nebraska, durch einen K.o.-Sieg in der zwölften Runde erfolgreich gegen Jose Benavidez verteidigt. Zum Zeitpunkt des Abbruchs lag er bei allen drei Punktrichtern klar in Front (110:99, 108:101, 107:102). Während der 31jährige Weltmeister damit in 34 Kämpfen ungeschlagen ist, zog der fünf Jahre jüngere Herausforderer aus Phoenix, Arizona, nach 27 Erfolgen erstmals den kürzeren. Crawford, der den Titel am 9. Juni durch einen vorzeitigen Sieg über den Australier Jeff Horn gewonnen hatte, trat vor der bislang größten Kulisse seine Karriere an und wurde von seinem Heimpublikum stürmisch gefeiert. Er kann eine Börse von 3,625 Millionen Dollar einstreichen, Benavidez erhält 500.000 Dollar für diesen Auftritt, der vom Sender ESPN übertragen wurde.

Jose Benavidez hatte nichts unversucht gelassen, sich ins Gespräch zu bringen und diesen Kampf zu bekommen. So platzte er im Februar in Corpus Christi beim offiziellen Wiegen vor einem Auftritt Crawfords dazwischen und forderte ihn öffentlich heraus. Bei Pressekonferenzen vor der Titelverteidigung in Omaha sorgte er nach Kräften für böses Blut, indem er den Champion provozierte und damit Stoff für werbewirksame Schlagzeilen lieferte. Das eskalierte, als die beiden einander nach dem Wiegen wie üblich Auge in Auge gegenüberstanden. Benavidez schubste den Weltmeister plötzlich weg, worauf dieser nach ihm schlug, den Herausforderer jedoch verfehlte.

Der an Nummer 14 der aktuellen WBO-Rangliste geführte Benavidez hatte zwar angekündigt, er werde Crawford auf die Bretter schicken, doch bekam er keine Gelegenheit dazu, seinen vollmundigen Worten entsprechende Taten folgen zu lassen. Der Lokalmatador dominierte das Geschehen mit seinem Jab und schlug häufig zum Körper, wobei er bereits Mitte der ersten Runde in die Rechtsauslage wechselte, die er dann bis zum Ende weitgehend beibehielt. Der Herausforderer boxte mit auffallend geringer Schlagfrequenz, als suche er fortwährend nach einer Lücke für seine Rechte, die sich ihm jedoch nur selten bot.

Auch in den folgenden Durchgängen kam der Titelverteidiger immer wieder zum Körper durch, worauf Benavidez zurückwich und kopfschüttelnd zu signalisieren versuchte, daß ihm das nichts anhaben könne. In der dritten Runde verschärfte Crawford das Tempo und landete mehrmals Kombinationen zu Kopf und Körper, die den Gegner in die Defensive zwangen. Der Herausforderer revanchierte sich dafür im vierten Durchgang, seinem stärksten im gesamten Kampf, mit etlichen klaren Treffern, darunter einer wuchtig geschlagenen Linken zum Kopf.

Benavidez boxte indessen nur phasenweise auf gleichem Niveau mit und legte immer wieder Pausen ein, die es Crawford erlaubten, seinen Vorsprung auszubauen. So auch in der fünften Runde, als der Herausforderer sich zu wenig bewegte, bis ihm der Weltmeister eine gewaltige Rechte versetzte, die ihn zurücktrieb und bis zur Pause in die Flucht schlug. Zu Beginn der neunten Runde mußte Benavidez einen Schlaghagel über sich ergehen lassen, worauf er in die Seile zurückwich und Crawford gestikulierend aufforderte, er solle nur kommen. Das ließ sich der Champion nicht zweimal sagen und brachte weitere Treffer an, die nur sporadisch beantwortet wurden.

Als Benavidez schließlich in der zwölften Runde erschöpft war und kaum noch Widerstand leistete, schlug ihn Crawford mit einer Kombination nieder. Der Herausforderer raffte sich wider Erwarten noch einmal auf, worauf der Weltmeister mit weiteren Treffern nachlegte. Als Benavidez abermals taumelte, ging Ringrichter Celestino Ruiz dazwischen und erklärte den Kampf nach 2:42 Minuten der Runde für beendet. Diese Entscheidung war insofern voreilig, als dem Herausforderer nur wenige Sekunden fehlten, um wenigstens über die Runden zu kommen. Möglicherweise ließ sich der Referee in diesem Augenblick von dem tobenden Publikum leiten, obgleich am Sieg des Lokalmatadors ohnehin nicht mehr zu rütteln war. [1]

Laut der Statistik von CompuBox hatte Crawford 186 von 579 Schlägen ins Ziel gebracht (32 Prozent), während Benavidez nur bei 92 von 501 Versuchen erfolgreich war (18 Prozent) und lediglich in drei Runden zweistellige Trefferzahlen verbuchen konnte. Auch dies bestätigt die Dominanz des Weltmeisters, der eine souveräne Vorstellung bot. In der für ihn charakteristischen Kampfesweise stieß er rasch vor, landete Treffer und wich sofort wieder zurück, ehe sich Benavidez revanchieren konnte. Der Herausforderer bot dennoch in der ersten Hälfte eine ansprechende Leistung, bis ihn eine Verletzung am rechten Bein beeinträchtigte. Wenngleich der Champion nie in Gefahr kam, fehlt es ihm doch in dieser Gewichtsklasse an Schlagwirkung, was ihm gegen die gefährlichsten Rivalen wie Errol Spence oder Shawn Porter zum Verhängnis werden könnte. Crawford, der vordem Weltmeister im Leichtgewicht und Halbweltergewicht gewesen war, wirkt zudem körperlich nicht robust genug, um schwere Treffer problemlos wegstecken zu können. [2]

Jose Benavidez zollte dem Sieger mit den Worten Respekt, er habe gegen den Allerbesten verloren, ihm aber einen Kampf auf Biegen oder Brechen geliefert. Gemeinsam sei es ihnen gelungen, den Fans eine großartige Vorstellung zu bieten. Er wolle dies keinesfalls als Entschuldigung anführen, doch habe er von der siebten Runde an starke Schmerzen im rechten Bein verspürt. Nach der Schußwunde, die er 2016 davongetragen hatte, hätten die Ärzte prognostiziert, daß er nie wieder gehen könne. Er habe sich jedoch wieder hochgekämpft und wolle nun härter denn je trainieren, um noch stärker zurückzukehren.

Wie vorhergesagt habe er alles Erforderliche getan, zog Crawford zufrieden Bilanz. Die Körpertreffer hätten den Gegner systematisch zermürbt und langsamer gemacht, bis er erschöpft gewesen sei. Der Niederschlag sei dann nur noch eine Frage der Zeit gewesen. Es fühle sich gut an, jemandem das Maul zu stopfen, der so lange übel herumgeredet habe. Viele Leute sagten ihm nach, er sei zu klein und könne nicht hart genug zuschlagen. Stiegen sie jedoch mit ihm in den Ring und spürten seine Schlagwirkung, sähe die Sache ganz anders aus. Julius Indongo und Jeff Horn seien ebenfalls größer als er gewesen, hätten aber genau wie Benavidez den kürzeren gezogen, so Crawford.

Er habe Benavidez genau das angekündigt, was ihm dann widerfahren sei, kommentierte Brian McIntyre, Crawfords Trainer und Manager, den Erfolg seines Schützlings. Promoter Bob Arum lobte Crawford als einen Boxer, der auch dann nicht nachlasse, wenn er den Sieg absehbar in den Tasche habe. Der Champion liefere eine großartige Show ab, die er mit einem Höhepunkt kröne. Diese Geisteshaltung gehe den meisten Akteuren ab, die heutzutage herumlaufen. Crawford sei ein brillanter Boxer, doch diese publikumsfreundliche Einstellung mache ihn zu etwas Besonderem, legte Arum kräftig nach, wohl wissend, daß der WBO-Champion bislang in den Augen der Fans ein erstklassiger Techniker, aber langweiliger Punktesammler war. Der Promoter will Terence Crawford im nächsten Jahr im Pay-TV präsentieren, was nur dann Sinn macht, wenn er auch außerhalb von Omaha als spektakulärer Boxer wahrgenommen wird.

Das Weltergewicht ist mit diversen hochklassigen Akteuren stark besetzt, wobei die anderen Weltmeister Errol Spence (IBF), Keith Thurman (WBA) und Shawn Porter (WBC) wie auch Danny Garcia und der reguläre WBA-Champion Manny Pacquiao bei dem Berater Al Haymon unter Vertrag stehen, der mit den Sendern Showtime und Fox zusammenarbeitet. Bob Arum müßte schon über seinen Schatten springen und mit Haymon ins Gespräch kommen, will er Crawford jene bedeutenden Kämpfe verschaffen, die dieser einfordert. Wie Arum angedeutet hat, komme für ihn nur Spence in Frage. Er sei bereit, sich mit Al Haymon ins Benehmen zu setzen, um diesen Kampf so schnell wie möglich auf die Beine zu stellen.

Er überlasse die Wahl des nächsten Gegners seinem Promoter, merkte Crawford dazu an. Arum habe ihm drei Auftritte im kommenden Jahr in Aussicht gestellt und müsse sich nun mit Haymon kurzschließen, um die Sache zu klären. Was ihn selbst betreffe, fürchte er keinen Gegner und sei für alle bereit. Er arrangiere die Kämpfe nicht, sondern trage sie aus, so der WBO-Champion. Es sei aber schon frustrierend, wenn ihm die Anerkennung versagt bleibe, die ihm zustehe. Das liege indessen nicht in seiner Hand, so daß er eben nur im Ring seinen Part dazu beitragen könne.

Crawford werde gegen jeden verfügbaren Gegner antreten, und wenn jemand nicht mit ihm kämpfen wolle, nehme man eben den nächstbesten Kandidaten, gab sich Arum keine Blöße. Die Leute würden schon merken, wer der weltbeste Weltergewichtler ist. Errol Spence könnte in derselben Liga sein, weshalb er ihn sehr gern dafür gewinnen würde. Er werde ein faires Angebot vorlegen, das keinen der Boxer und Sender benachteilige. Dann könne man sich zusammenzusetzen und diesen Kampf auf den Weg bringen, so der Promoter. Man darf gespannt sein, ob Bob Arum tatsächlich willens ist, sein Zugpferd der größtmöglichen Gefahr auszusetzen, die diese Gewichtsklasse derzeit zu bieten hat.


Fußnoten:

[1] www.espn.com/boxing/story/_/id/24977475/terence-crawford-defeats-jose-benavidez-jr-retain-wbo-welterweight-title

[2] www.boxingnews24.com/2018/10/terence-crawford-stops-jose-benavidez-results/

14. Oktober 2018


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang