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BERICHT/370: Positionspapier zur Menschenrechtsfrage in China (DOSB)


DOSB Presse - Der Artikel- und Informationsdienst
des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

DOSB-Präsidium verabschiedete Positionspapier

Olympische Spiele in Peking und Menschenrechte in China


Das Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) hat auf seiner Sitzung am 22. Mai in Frankfurt am Main mit Blick auf die Olympischen Spiele 2008 in Peking ein Positionspapier zur Menschenrechtsfrage in China verabschiedet. Nachfolgend veröffentlichen wir den Text im Wortlaut:

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat im Sommer 2001 entschieden, die (Sommer-) Spiele der XXIX. Olympiade im Jahr 2008 nach Peking zu vergeben. Ebenso wie die Sportorganisationen in aller Welt freut sich der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) auf ein grandioses Sportfest, das wir gemeinsam mit den Menschen in China feiern wollen. Vor und nach der Entscheidung des IOC - und zunehmend, je näher der Zeitpunkt der Olympischen Spiele rückt - stand und steht freilich auch die Frage der Beachtung der Menschenrechte in der Volksrepublik China in der Diskussion. Der DOSB als Teil der weltweiten olympischen Bewegung ist Anwalt des Sports in all seinen Ausprägungen und fühlt sich im Rahmen seines ethischen Engagements den Menschenrechten entsprechend der Charta der Vereinten Nationen verpflichtet.

Das IOC hat seine Entscheidung für Peking erkennbar auch mit der Hoffnung verbunden, dass sich die Menschenrechtssituation in China im Zuge der unumkehrbaren Öffnung des Landes durch die Ausrichtung der Olympischen Spiele und angesichts des überwältigenden Interesses der Weltöffentlichkeit deutlich verbessern werde. "Indem Sie Peking gestatten, die Spiele auszutragen, helfen Sie der Entwicklung der Menschenrechte", sagte Liu Jingmin, einer der Vizepräsidenten des damaligen Bewerbungskomitees, vor der IOC-Entscheidung. Dieses Versprechen nimmt der DOSB wörtlich. Die olympische Idee Pierre de Coubertins, nach der sich "die Freude an der Leistung mit dem erzieherischen Wert des guten Beispiels und dem Respekt vor universalen und fundamentalen ethischen Prinzipien" verbinden soll, führt unweigerlich zu dem Auftrag, den Zusammenhang von Sport und Ethik zu beachten. Darum hofft auch der DOSB, dass das Beispiel, das die olympischen Ideale geben, konkrete positive Auswirkungen auf China und seine Menschen hat und weiter haben wird.

Die olympische Bewegung als Träger der Spiele stellt gegenüber der ausrichtenden Stadt und dem Gastgeberland sicher, dass die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Veranstaltung geschaffen werden. Dazu gehören neben vielem anderen auch der freie Zugang zu den Wettkämpfen und die freie Berichterstattung. Die chinesische Regierung hat zugesichert, dass es für die Journalisten/innen aus aller Welt, die über die Spiele, aber auch über deren Umfeld berichten wollen, keinerlei Einschränkungen geben wird, und versichert, dass die Medien ihre Arbeit nach den gleichen Standards ausüben können, wie sie etwa in Sydney und Athen galten. Unverzichtbar ist, dass die chinesische Bevölkerung Zugang zu den Wettkämpfen erhält und Teil der internationalen Begegnung wird, so dass sie von den Chancen, die die Ausrichtung der Spiele bietet, profitiert. Dass internationale Großereignisse zur Verbesserung der Menschenrechtslage beitragen können, dafür gibt es viele Beispiele. So haben die Spiele der XXIV. Olympiade in Seoul 1988 dazu beigetragen, dass sich das Ausrichterland unumkehrbar öffnete, was positive politische Veränderungen nach sich zog. In Peking selbst hat die internationale Frauenkonferenz der UNO im Jahr 1995 gezeigt, dass das damit verbundene Rampenlicht eine Öffnung herbeiführt, die anschließend nicht mehr zurückgeholt werden kann.

Dem DOSB ist bewusst, dass die Menschenrechtssituation in China trotz feststellbarer Verbesserungen in den letzten Jahren nach wie vor nicht zufriedenstellend ist. Er begrüßt daher, dass sich das IOC intensiv um dieses Thema kümmert und Gespräche mit den zuständigen Stellen in China führt. Dabei stehen vor allem die Abschaffung der Todesstrafe, die Ächtung jeder Art von Folter, eine Amnestie für politische Gefangene aus Anlass der Spiele, die faire Entschädigung solcher Chinesen/innen, die im Zuge der umfangreichen Bauvorhaben enteignet wurden, und die vollständige Bewegungsfreiheit aller Journalisten/innen auf der Agenda.

Der DOSB vertraut den Bemühungen des IOC und unterstützt sie im Rahmen seiner Möglichkeiten. Um sich einen eigenen Eindruck über die Lage der Menschenrechte in China zu bilden, führt er ebenfalls Gespräche mit Menschenrechtsorganisationen und Experten/innen, mit dem Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages und mit Vertretern/innen der Bundesregierung. Freilich hat der Sport weder Regierungsfunktion, noch verfügt er über entsprechende Instrumente, und er ist auch keine politische Organisation; er kann und wird seine Aufgaben und Möglichkeiten daher nicht überschätzen. Der Sport spürt und akzeptiert aber die Verantwortung, die er auch in elementaren humanitären Fragen hat. Durch die Olympischen Spiele wächst die Chance, dass es zu Verbesserungen der Menschenrechtslage in China kommt; diese Chance sollten alle Beteiligten nutzen.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 22 vom 29. Mai 2007, DOKUMENTATION V-VI, Seite 33-35
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Juni 2007