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BERICHT/500: Sport als Chance zur Integration (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 33 / 12. August 2008
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Sport als Chance zur Integration

Olympiasiegerin Anna Dogonadze zeigt Einsatz als DOSB-Botschafterin


Sport verbindet seit jeher: Junge und Ältere, Frauen und Männer, Menschen unterschiedlicher sozialer Schichten oder Menschen unterschiedlicher Herkunftsländer. Einen wesentlichen Beitrag dazu, dass sich Letztere in Deutschland bestmöglich einleben und soziale Kontakte knüpfen sowie die hiesige Kultur verstehen lernen, leistet Trampolin-Olympiasiegerin Anna Dogonadze. Die gebürtige Georgierin, die seit 1998 die deutsche Staatsbürgerschaft inne hat, ist seit etwa drei Jahren eine von mehreren Integrationsbotschafterinnen des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).

"Man hat mich damals gefragt, ob ich bereit wäre, als Integrationsbotschafterin tätig zu sein. Das war für mich eine große Ehre, und ich habe dieses Angebot natürlich sehr gerne angenommen", sagt die heute 35-Jährige, die vor zwölf Jahren "der Liebe wegen", wie man so schön sagt, ihre Heimat verließ und nach Deutschland kam. Entsprechend kann die mehrmalige Deutsche Meisterin auf umfangreiche eigene Erfahrungen zurückgreifen, wenn sie anderen Sportlerinnen und Sportlern mit Migrationshintergrund, die erst eine kurze Zeit in Deutschland leben, beratend und vermittelnd zur Seite steht.


Unerlässlich: das Erlernen der deutschen Sprache

Mehrmals im Jahr lädt der DOSB interessierte Mitbürgerinnen und -bürger zu Treffen ein, bei denen Athleten und Athletinnen wie Anna Dogonadze von ihren persönlichen Erlebnissen berichten. "Wir erzählen, wie wir uns anfangs verhalten haben, wie wir uns durchgekämpft haben und versuchen, die anderen Menschen zu motivieren, dies ebenfalls zu tun. Vielleicht fühlen sie sich auch ermutigt, wenn sie von unseren Erfolgen erfahren, die wir erzielt haben", sagt die World-Games-Gewinnerin von 2005. Höchste Priorität hat nach Einschätzung der Mutter einer Tochter im Teenageralter, dass all jene Menschen, die Deutschland als ihre neue Heimat betrachten, so schnell wie möglich Deutsch lernen. "Es ist sehr wichtig, ihnen zu vermitteln, dass sie die Sprache lernen, damit sie nicht nur mit Menschen aus ihrem Herkunftsland kommunizieren können, sondern auch mit Deutschen. Dann gelingt es auch schnell, Kontakte zu knüpfen", sagt Anna Dogonadze.

Der Sport bietet nach Ansicht der erfolgreichen Turnerin ganz besonders große Chancen, dass sich Menschen mit Migrationshintergrund schnell in Deutschland einleben. "Es gibt so viele Vereine hier, denen sich Menschen unterschiedlicher Nationalitäten anschließen können, in denen sie die Möglichkeit haben, gemeinsam Sport zu treiben und Freunde aus Deutschland zu finden", sagt die angehende Bürokauffrau, die selbst - unter anderem über das Trampolinturnen - schon nach einer kurzer Zeit, die sie in Deutschland weilte, sehr gute Freunde fand. Nicht zuletzt deshalb ist Anna Dogonadze ihrem ehemaligen Mann, ebenfalls ein Trampolinturner, sehr dankbar, dass er sie "überredete", weiterhin Trampolin zu turnen. Denn als sie wegen ihm nach Deutschland zog, wollte sie eigentlich keinen Sport mehr treiben, sondern sich ganz auf die Familie konzentrieren.


Sich integrieren wollen

Sie selbst habe so schnell wie möglich versucht, die deutsche Sprache zu lernen, damit sie sich bereits nach wenigen Monaten einigermaßen verständigen konnte. "Ich habe viel im Fernsehen geschaut und Worte aufgeschnappt. Und ich habe immer gefragt, was die Wörter bedeuten. Ich bin nicht gerne alleine, Freunde sind für mich sehr wichtig. Insofern war es mir auch immer wichtig, mich verständigen zu können", erzählt die 35-Jährige. Menschen, die in einer ähnlichen Situation sind, wie Anna Dogonadze damals, gibt sie darüber hinaus den Rat, sich tatsächlich integrieren zu wollen, das heißt, sich an die neue Kultur anzupassen und nicht so weiterzuleben, wie in der früheren Heimat. Dadurch ließen sich viele Konflikte vermeiden, meint die WM-Fünfte von 2007 im Einzel. Gleichzeitig versuche sie, Vorurteile, die manche neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger gegenüber Deutschland hätten, abzubauen.

Die Turnerin betont, dass sie prinzipiell jeder Mensch mit Migrationshintergrund fragen könne, wie sie sich in einer bestimmten Situation verhalten habe oder mit dieser umgehen würde. Genauso legt sie zum Beispiel "ein gutes Wort" für Kinder ein, die von ihren Eltern aufgrund der Wertvorstellungen in ihrer ehemaligen Heimat keine Erlaubnis bekämen, überhaupt zu trainieren - oder aber einen bestimmten Sport auszuüben.

Zuletzt blieb der Vize-Europameisterin von 2006 im Einzel aufgrund der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Peking wenig Zeit, ihr Ehrenamt als Intergrationsbotschafterin in dem Umfang auszuüben, wie sie das gerne tun würde. "Diese Tätigkeit macht mir natürlich große Freude, und sobald die Olympischen Spiele vorbei sind, und ich mit meiner Ausbildung fertig bin, habe ich auch mehr Zeit dafür. Dann kann ich auch an mehr Sitzungen, die vom DOSB veranstaltet werden, teilnehmen", blickt Anna Dogonadze in die Zukunft. Denn man merkt im Gespräch mit der erfolgreichen Sportlerin schnell: "Etwas Gutes" zu tun und speziell andere Menschen bei der Integration zu unterstützen, ist ihr sehr wichtig.


Sportartenübergreifend

Dabei kümmert sich die Kaderathletin des Deutschen Turner-Bundes nicht nur um Kinder, Erwachsene und Familien, die im Turnen zuhause sind, sondern um Menschen mit ganz verschiedenen sportlichen Interessensgebieten. Selbstverständlich tauscht sich die ausgebildete Trainerin auch häufig mit den anderen Integrationsbeauftragten des DOSB über ihre jeweiligen Erfahrungen und Erlebnisse aus. Ein Engagement, dem auch DTB-Präsident Rainer Brechtken einen hohen Stellenwert zu schreibt. "Wir sind sehr stolz darauf, eine Olympiasiegerin in unseren Reihen zu wissen und, die sich sozial engagiert. Sie übernimmt damit eine Vorbildfunktion für unseren Turnvereine und -abteilungen, die sich in der täglichen Praxis mit der Umsetzung von Integration befassen", so Brechtken.

Bereits seit 1989 verfolgt der DOSB (damals noch DSB) über sein Programm "Integration durch Sport" erfolgreich das Ziel, Spätaussiedler, Zuwanderer und soziale benachteiligte Jugendliche durch und in den organisierten Sport zu integrieren. Das Programm unterstützt hunderte Sportvereine, die sich in besonderem Maße für die Integrationsarbeit engagieren, beinhaltet tausende Integrationsmaßnahmen wie Ferienfreizeiten oder Sportfeste und hunderte "Starthelferinnen" und Starthelfer". "Integrationsbotschafter" wie Anna Dogonadze sollen durch ihre Persönlichkeit und ihre Aktivitäten das Thema "Integration durch Sport" erfahrbar machen und das Programm bewerben. Die Trampolinturnerin zählt mit einer Karatekämpferin und einer Volleyballerin zu den ersten Personen, die vom DOSB mit dieser besonderen Aufgabe betraut wurden.

Anna Dogonadze selbst ist schon vor vielen Jahren "vollständig" in Deutschland "angekommen" und sicherlich ein Vorbild für viele, die sich am Anfang ihres eigenen Integrationsprozesses befinden.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 33 / 12. August 2008, S. 13
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. August 2008