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BERICHT/519: Erfolgsgeheimnis für Schwimm-Olympiasiegerin Steffen heißt Teamwork (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 36 / 2. September 2008
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

"Sonnensystem" mit Vorbildcharakter
Teamwork heißt das Erfolgsgeheimnis für die Schwimm-Olympiasiegerin Britta Steffen

Von Andreas Müller


16 lange Jahre musste der deutsche Schwimmsport seit dem Sieg von Dagmar Hase 1992 in Barcelona darauf warten, wieder einen Olympiasieg bejubeln zu dürfen. Nach gleich zwei Goldmedaillen von Britta Steffen in Peking war die Freude umso größer, wenngleich die Bilanz der Schwimmer mit nur vier Finalteilnahmen bei den olympischen Wettbewerben alles andere als rosig ist. Über 100 Meter Freistil schlug Steffen in 53,16 Sekunden als Erste vor der australischen Favoritin Lisbeth Trickett an. Zwei Tage später siegte der Schützling von Trainer Norbert Warnatzsch hauchdünn über die halbe Distanz in der neuen Europarekord-Zeit von 24,06 Sekunden und nur eine Hundertstel vor der 41 Jahre alten US-Amerikanerin Dara Torres. Damit mutierte die größte olympische Medaillenhoffnung der deutschen Schwimmer zur wohl prominentesten deutschen Medaillengewinnerin im gesamten deutschen Team.

Die Super-Kraulerin von der SG Neukölln, die bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney und 2004 in Athen lediglich als Vorlaufschwimmerin in den Staffeln zum Einsatz kam, ist endlich dort angekommen, wo sie von Insidern schon lange erwartet worden ist - ganz oben auf dem Podest. Dank eines perfekten Trainingssystems optimal vorbereitet, durfte die 24-Jährige in Peking mit einem guten Gefühl auf den Startblock klettern. Nicht Manipulationen, unerlaubte Mittelchen oder spezielle alchimistische Zauberkünste stehen hinter den Erfolgen der vierfachen Europameisterin von 2006, so versichern alle, die an ihrem sportlichen Aufstieg unmittelbar beteiligt sind. Das "Geheimrezept" für die beiden goldenen Peking-Medaillen liege offen zutage, lautet die Botschaft. Der Schlüssel sei das minutiös auf die Athletin zugeschnittene Betreuungs-System, dem ihr Trainer das Qualitätssiegel "optimal" verleiht. Bei aller Freude über den Medaillenglanz lohnt sich - vor allem für potentielle Nachahmer - der gründliche Blick hinter die Kulissen dieses großartigen Triumphes. Was das Erfolgsgeheimnis betrifft, beginnt Steffens goldene Geschichte lange vor den Peking-Spielen....


"Der Trainer ist der Boss"

Seit 2002 betreut Norbert Warnatzsch, zuvor als Coach von Franziska van Almsick bekannt, seine neue Musterschülerin. "Ohne dieses professionelle Umfeld würde es nicht funktionieren. Wir haben alles hervorragend in Sack und Tüten", sagt Warnatzsch und setzt hinzu: "Ohne mein Einverständnis geht allerdings nichts - der Trainer ist der Boss." Der Coach und die mündige Sportlerin stehen im Zentrum dieses "Sonnensystems", um das ein ganzer Schwarm von Experten und Helfern kreist: Physiotherapeuten, Medizinisch-Technische Assistentinnen, Sportärztin Sabine Spiegel, Leistungsdiagnostiker Joachim Bär, Psychotherapeutin Friederike Janofske, Laufbahnberater Andreas Hülsen, Managerin Regine Eichhorn. "Nicht zu vergessen mein Freund Oliver Wenzel, der natürlich auch einen großen Anteil hat", ergänzt Britta Steffen.

Rund ein Fünftel seiner Arbeit bringe er damit zu, sämtliche Abläufe zu organisieren und alle nötigen Telefonate und Gespräche mit den Beteiligten zu führen, verrät Warnatzsch. Der große Aufwand sei gerechtfertigt. "Ich bin ja froh über all die fähigen Leute an meiner Seite. Ich bin auf diese Partner angewiesen. Es gibt keine Alleingänge mehr im internationalen Spitzenbereich, das ist eine allgemeine Erkenntnis." Stehen nicht gerade Wettkämpfe oder Trainingslager mit dem Nationalteam an, wird in Berlin von Montag bis Samstag geschwitzt, morgens und nachmittags stehen je zwei größere Übungseinheiten auf dem Programm. "Rund drei Viertel des Trainings findet im Wasser statt, der Rest ist eine bunte Mischung aus Kraft- und Bauchmuskeltraining, Laufband, Fahrrad fahren. Meistens trainiere ich unter Aufsicht von Norbert Warnatzsch, nur das Beintraining leitet Joachim Bär", erklärt Britta Steffen. Für den Ingenieur hat sie sogar eine Sonderregelung erwirkt, so dass er trotz Pensionierung bis zu den Olympischen Spielen mit ihr weiterarbeiten durfte. Zweimal pro Woche gehören im biomechanischen Kraftlabor mit insgesamt 17 Computer gesteuerten Messplätzen spezielle Beinübungen zum Pensum. "Die Beine sind beim Schwimmen ständig im Einsatz. Das beginnt mit einem erfolgreichen Startsprung", sagt der 65-Jährige und erläutert das Parallelogramm der Kräfte. Schnellkraft ist bei Start und Wende gefragt, auf den Metern dazwischen braucht es vor allem Ausdauerkräfte. Der richtige Kraft-Mix ist "die große Kunst".


Leistungsstufentests alle sechs Wochen

Zu Wasser liefern zirka alle sechs Wochen so genannte Leistungsstufen-Tests exakte Aufschlüsse über alle möglichen Parameter. Binnen zwei Stunden muss die Sportlerin dann zum Beispiel verschiedene Strecken in verschiedenen Zeitvorgaben absolvieren. Über diese Steigerungsstufen ergeben sich aus einem Pensum von acht mal 200 Metern, vier mal 400 Metern und acht mal 100 Metern präzise Leistungskurven und Auskünfte über Ausdauer-Kraft-Werte der Athletin. "Über die Jahre haben wir so viel vergleichende Daten, dass die Sportlerin zu jedem Zeitpunkt der Saison genau weiß, wo sie steht", erklärt Warnatzsch. Hinzu kommen regelmäßige Tests im Strömungskanal und die exzellenten äußeren Bedingungen in der gründlich sanierten Trainingsstätte. "Vorher war es auch schon nicht schlecht, doch jetzt verfügen wir über modernste Technik. Es müssen nur einige Knöpfe bedient werden und schon ist alles schick", berichtet Britta Steffen. Mit Hilfe von Fensterkameras können unter Wasser sämtliche Bewegungsabläufe festgehalten und schwimmtechnische Details genau analysiert werden, um sofort korrigierend einzugreifen. Am Beckenrand sind ein halbes Dutzend kleine Bildschirme installiert, der Boden des Schwimmbeckens ist mit Leuchtdioden gespickt. "Bei Start und Wende können wir bei Britta noch etwas herausholen", ist Kraftspezialist Bär überzeugt. Im Vergleich zu "Franzi" hätte sie oft gleichwertige Parameter oder sogar bessere gehabt. "Nur. Je größer die Wettkämpfe wurden, desto mehr ist sie hinterher geschwommen. Sie war im Kopf blockiert, doch jetzt ist sie endlich in der Weltspitze angekommen."


Schwimmen als Kopfsache

Eine Entwicklung, an der Psychologin Friederike Janofske maßgeblich beteiligt ist. Nach den beiden Gold-Finals in Peking griffen die Medien vor allem diese Partnerschaft auf und vermittelten zuweilen den Eindruck, als könne der großartige sportliche Erfolg allein auf die psychologische Unterstützung zurückgeführt werden. Es ist ein Mosaikstein, wenngleich ein sehr zentraler. Die Spiele 2004 in Athen, als Britta Steffen lediglich im Vorlauf jener Kraul-Staffel eingesetzt wurde, die später Platz vier belegte, waren für die Athletin eine maßlose Enttäuschung. Anschließend tauchte sie erstmals in der Praxis nahe des Bahnhofs Zoo auf. "Normalerweise betreue ich Leute, die im Formtief sind - das ist meine Spezialität", berichtet Janofske, die natürlich in Peking vor Ort war und ihrer prominenten Klientin beim wichtigsten Wettkampf zur Seite stand. Das ehrgeizige Ziel der Zusammenarbeit zwischen der Psychologin und Britta Steffen war seinerzeit schnell und deutlich definiert: Ins Wasser zurückkehren, mit einem Leistungssprung nach vorn!

Seit Steffens sportlichem Comeback Mitte 2005 ist es exakt so gekommen. Das großartige Talent mutierte zur Weltklasse-Schwimmerin, doch der Part der Psychologin sei noch längst nicht zu Ende, gestand Britta Steffen im Vorfeld der Spiele: "Da gibt es weiterhin noch genügend zu tun. Ohne mentale Stärke kann man nicht umsetzen, was man drauf hat." Zur Abteilung "Psycho" gehören ebenso jene Partner, die zu ihr hielten, als es sportlich keineswegs nach Wunsch lief. Womöglich hätte Britta Steffen nach der Enttäuschung vor vier Jahren hingeschmissen. Dass es nicht so kam, daran hat auch das "Verbundsystem für den Sport" eine kleine Aktie. Das Förderprojekt, das sich mit finanzieller Hilfe der Verbundnetz-AG in Leipzig speziell um U23-Sportler aus den neuen Ländern kümmert und derzeit rund einhundert Athleten unterstützt, nahm Britta Steffen in der Stunde der Niederlage unter ihre Fittiche und leistete damit moralische Aufbauarbeit. Die Sportlerin hat dies keineswegs vergessen: "Nach den Spielen in Athen hatte ich eine schwierige Zeit. Obwohl ich ein Jahr praktisch kein Ergebnis stehen hatte, haben die Leute beim 'Verbundnetz' immer zu mir gehalten."


Kurze Wege und enge Vertraute

Die Strecke vom Sportforum in Hohenschönhausen quer durch die Stadt nach Charlottenburg zu Janofskes Praxis ist alle zwei Wochen die mit Abstand zeitaufwändigste im exakt geplanten Alltag der Sportlerin. "Ich brauche nur aus dem Bett zu fallen und habe schon alles um mich, was ich brauche", beschreibt sie den Normalfall. Ihr Zuhause ist ein Zimmer im "Haus der Athleten" auf dem Gelände des Sportforums, gleich nebenan erstrecken sich die Schwimmhalle und das - einem überdimensionalen Schuhkarton gleiche - Gebäude des Olympiastützpunktes mit der Physiotherapie in der ersten Etage, der Sportmedizin im dritten und dem Kraftlabor im vierten Stock. Normalerweise springen die MTA's donnerstags und dienstags über die Straße zur Schwimmhalle, um die Laktatwerte zu messen. "Damit geben wir den Trainern Erkenntnisse an die Hand, ob ihr Training reizwirksam ist. Trainieren müssen die Athleten allerdings schon noch selber", erläutert Sportärztin Spiegel den praktischen Nutzen der Laktat-Untersuchungen. Mit Britta Steffen ist sie derart vertraut, dass sie stets bestens über deren Gesundheitszustand informiert ist. Das sei sehr wichtig, weil die Medizinerin im Einvernehmen mit dem Trainer dafür Sorge tragen muss, dass die Trainingsintensitäten und Belastungen entsprechend der körperlichen Verfassung der Athletin abgestimmt werden. "Ohne verständnisvolle Trainer funktioniert das alles nicht. Bei einem Infekt zum Beispiel muss das Pensum entsprechend angepasst und reduziert werden. Ein solches Miteinander setzt ein Höchstmaß an gegenseitigem Vertrauen voraus", sagt Steffens "persönliche Medizinerin", die seit acht Jahren an ihrer Seite ist. Selbst bei zentralen Trainingslagern des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) ist das so. Folgerichtig kennen sich beide Frauen bestens und Sabine Spiegel kommt nebenbei manchmal so etwas wie der Part des "Kummerkastens" für ihren Schützling zu.


Der Laufbahnberater als Freund und Helfer

Ein besonders freundschaftliches Verhältnis pflegt Britta Steffen ebenfalls zu Andreas Hülsen, dem Laufbahnberater am OSP. Als besondere Wertschätzung schenkte sie ihm eine von ihren vier Goldmedaillen, die sie 2006 bei den Europameisterschaften gewann. Die "Umfeldbedingungen" an die Erfordernisse des Spitzensports anzupassen, ist ihm im Falle des neuen "Goldfischs" besonders gut gelungen. Nachdem Steffen ihre Abiturprüfung am Werner-Seelenbinder-Gymnasium einschließlich Schulzeitstreckung vor drei Jahren erfolgreich bestand, hatte sie ursprünglich ein Medizin-Studium aufnehmen wollen. "Das wäre unter leistungssportlichen Gesichtspunkten ein großes Wagnis gewesen, das haben wir gemeinsam festgestellt", gesteht Hülsen. Nach vielen gemeinsamen Unterredungen wurden die Weichen in Richtung eines Wirtschaftsingenieurs-Studiums in der Fachrichtung Umwelt an der Technischen Fachhochschule (TFH) im Berliner Wedding gestellt. Das ist eine von sechs Hochschulen, mit denen der OSP Kooperations-Vereinbarungen geschlossen hat. Auch Top-Athleten wie der Moderne Fünfkämpfer Eric Walther, wie Stabhochspringer Andre Niklaus und Steffens Trainingsgefährtinnen Dorothea Brandt und Nicole Hetzer studieren hier. Nur eine halbe Stunde Weg von Hohenschönhausen entfernt und mit einem Studiengang ausgestattet, der Steffens Neigungen entspricht, wurde laut Hülsen mit der TFH eine "passgenaue Lösungsstrategie" ausgearbeitet. Angepeilt ist, dank einer Streckung das Studium 2009 oder 2010 zu beenden.

Ein Praktikums-Semester in einem Ingenieur-Büro, das innovative Technologien von Bio-Kraftwerken über Windkrafträder bis hin zu Photovoltaik-Anlagen betreut, hat Britta Steffen bereits absolviert. Anschließend folgte ein Urlaubs-Semester, um den Rücken frei zu haben für die unmittelbare Vorbereitung auf die Spiele in Peking. "Die Uni ist mir wichtig, weil ich etwas für den Kopf brauche", erklärt die Diplom-Ingenieurin in spe, während ihr Mentor in Sachen Beruf bereits an die Zeit nach ihrer sportlichen Karriere denkt. Abschlüsse geschenkt zu bekommen, das nütze Leistungssportlern gar nichts. Vielmehr gehe es darum, ein anspruchsvolles Studium sinnvoll mit den Erfordernissen des Sports zu kombinieren. "Britta muss nicht Angst haben, dass sie durch den Leistungssport Nachteile hat. Andererseits gibt es nichts Schlimmeres, als wenn der Athlet das Gefühl hat, er kann später beruflich nicht Fuß fassen", sagt Hülsen. Insgesamt befanden sich in der jüngsten Vergangenheit fast 200 aller Kader-Athleten des Berliner OSP auf Studien-Kurs. 130 davon sind Bundeskader, das sind 20 Prozent aller deutschen Spitzen-Athleten, für die individuelle Modelle à la Steffen gefunden wurden.


"Doping lehnen wir ab"

"Ich wüsste nicht, was noch besser gemacht werden könnte", lautet Steffens Generalurteil über jenes Bedingungsgefüge, das die Basis für ihre beiden Olympiasiege darstellt. Mit dem Gesamtpuzzle um sie herum ist die aus dem brandenburgischen Schwedt nahe der polnischen Grenze stammende Athletin überaus zufrieden. Dieses Umfeld und nicht Dopingpräparate erklären ihre sportlichen Leistungen. "Von mir aus kann man mich zweimal im Monat kontrollieren", sagte sie wiederholt. "Doping lehnen wir ab", ist sie sich mit ihrem Trainer einig. "Leider", so Warnatzsch, "gibt es ein weit verbreitetes Vorurteil: Wer schnell schwimmt, der dopt. Das tut weh. Wir sind gläsern. Unsere Auffassung ist: Kontrolliert, wann und wo ihr wollt! Wir machen das, was möglich ist. Wir verstecken uns nicht. Wir plädieren für mehr und bessere Doping-Kontrollen." Zugleich lassen der Coach, Bär und Spiegel deutlich anklingen, dass Deutschlands neuer großer Schwimmstar noch über Steigerungspotential verfügt. Was die Experten vor Peking anmerkten, das gilt ungeachtet der beiden Olympiasiege nach wie vor - vorausgesetzt natürlich, dass Britta Steffen ihre sportliche Karriere nicht kurzerhand beendet. "Niemand sollte überrascht sein, wenn sie ihre eigenen Bestmarken knackt", blickt Bär voraus. "Ich traue ihr das zu, sie hat ihren maximalen Level noch nicht erreicht", ist auch Warnatzsch zuversichtlich und voll des Lobes für seine Sportlerin. Sie sei "gut trainierbar, hochintelligent, groß, leicht", verfüge bei einer Körpergröße von 1,80 Metern und einem Gewicht von 60 Kilogramm über "gute Hebelverhältnisse und beste Voraussetzungen".


"System Steffen" als leistungssportliches Paradebeispiel

Für Jochen Zinner, den Leiter des Berliner Olympiastützpunktes, ist das "System Steffen" weit mehr als ein persönliches Erfolgs-Modell für einen neuen "Goldfisch". Für ihn wird bei Britta Steffen exemplarisch vorgeführt, worauf der Leistungssport hierzulande generell hinarbeiten sollte. "Grundsätzlich bemühen wir uns, um sämtliche unserer wesentlichen Athleten solche Systeme aufzubauen. Wo es eine erstklassige Betreuung für die Besten gibt, dort existieren auch die besten Bedingungen für die 'zweite Garnitur'. Wir sorgen dafür, dass intelligent trainiert wird", erläutert Zinner. Aus Sicht der leistungssportlichen Basis müsse dem Gespann Heimtrainer/Athlet mehr Augenmerk im deutschen Leistungssport geschenkt werden. Um diese 'Keimzelle des Erfolgs' sollten - wie bei Britta Steffen beispielgebend praktiziert - Spezialisten angedockt werden. Es sei verhängnisvoll, wenn die Arbeit der Heimtrainer unterschätzt und in zentralen Maßnahmen und Trainings-Camps das Allheilmittel gesehen werde. "Ein Bundestrainer hat seine Leute in manchen Sportarten vielleicht einhundert Tage im Jahr unter seinen Fittichen, aber was ist mit den anderen 265 Tagen? Wir müssen aufpassen, dass wir die Bodenhaftung nicht verlieren", mahnt der OSP-Chef. "Das Ziel aller Überlegungen muss sein, für einen Schub im Trainingsalltag zu sorgen. Die Heimtrainer sind derzeit in ihrer Bedeutung unterbelichtet. Das Heimtraining ist im Vergleich mit zentralen Maßnahmen der Bundestrainer keine Veranstaltung zweiter Klasse."

Alle beteiligten Personen so nahe und unmittelbar direkt um die Sportlerin herum zu gruppieren und Leistungen für die Athletin nicht einfach auszulagern, sei in Zeiten pausenloser Doping-Diskussionen auch wegen der optimalen Gefahrenabwehr höchst sinnvoll. "Bei der Betreuung aus einer Hand weiß jeder der Beteiligten, was der andere macht. Alle Beteiligten sitzen an einem Tisch, haben einen direkten Draht zueinander." Würden zunehmend "OSP-fremde Mitarbeiter" am Werk sein, würde der Vorteil der kurzen Wege ausgehebelt. Außerdem berge dies ungeahnte Risiken. Dem Mann aus der Praxis zufolge gebe es Sportdirektoren, die trotzdem meinen, die Verbände könnten den Erfolg allein bewerkstelligen. "Zugespitzt heißt das: Wir brauchen die Olympiastützpunkte nicht mehr. Das ist eine verhängnisvolle Strategie" warnt Zinner und verteidigt die "Fundament-Funktion" der Olympiastützpunkte. Zinners eindeutiges Fazit: "Was wir machen, kann zentral von den Verbänden unmöglich geleistet werden - und wir sind uns nicht zu schade, als deren verlängerter Arm zu arbeiten."


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 36 / 2. September 2008, S. 15
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. September 2008