Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → FAKTEN

BERICHT/523: Sportstätten und demographischer Wandel (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 37 / 9. September 2008
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Sportstätten und demographischer Wandel
Vorausschauend und flexibel planen - agieren statt reagieren

Von Rüdiger Zinsel


(DOSB PRESSE) Wie sehen die Sportstätten von morgen aus? Welche Möglichkeiten haben Kommunen und Vereine, sich auf die veränderten Wünsche und Bedürfnisse immer älter werdender Sportler einzustellen? Und was zeichnet den umsichtigen Umgang mit den nur begrenzt zur Verfügung stehenden Ressourcen aus? Um die Sensibilität für diese Fragen in der Öffentlichkeit zu schärfen, luden das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, der Landessportbund NRW, das Bundesinstitut für Sportwissenschaft und die "Internationale Vereinigung Sport- und Freizeiteinrichtungen" (IAKS) zahlreiche Multiplikatoren aus Vereinen, Städten und Verbänden zu einer umfassenden Informationsveranstaltung ein.

Unter dem Motto "Sportstätten und demographischer Wandel - Probleme und Chancen" gaben Fachleute aus Sport, Wissenschaft und Politik am 28. August im Robert-Schumann-Saal des "museum kunst palast" in Düsseldorf den rund 300 Gästen umfassende Tipps und Anregungen für die Gestaltung einer zukunftsfähigen Sport-Infrastruktur.

Während der Sanierungsstau der maroden, größtenteils in der 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts errichteten Sportstätten eine Seite der Medaille ist, bedeutet die bevorstehende demographische Entwicklung eine zusätzliche Herausforderung. Quantitativ werden die Vereine weniger Mitglieder haben, qualitativ sind bessere Angebotsstrukturen für weniger und vor allem ältere Sportler nötig. "Diese Entwicklung birgt auch Chancen, die der Sport ergreifen muss, um sich auch in Zukunft als wichtige Bewegungswelt aller Bürger zu definieren. Programme wie ,Sport der Älteren' oder ,Sport und Gesundheit' müssen und werden auch zukünftig eine wichtige Rolle spielen", betonte Walter Schneeloch, LSB-Präsident und Vizepräsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).

Dabei werden sich die Sporträume in zweierlei Hinsicht verändern. Zum einen wird sich die Sportnachfrage differenzierter gestalten. Schon heute reicht die Palette von traditionellen Disziplinen über so genannte Trendsportarten bis hin zum gemäßigten Sporttreiben, etwa dem Nordic Walking. Zukünftig ist damit zu rechnen, dass in zunehmendem Maße altersgerechte Spielformen bestimmter Sportarten betrieben werden. Beispiele sind etwa das Fußballtennis, das schon heute bei routinierten Kickern beliebt ist, oder Bewegungsförderung zur Sturzprophylaxe, die aus dem Gesundheits- und Fitnesstraining resultiert. Zum anderen wird die Gestaltung der Räumlichkeiten von größerer Bedeutung sein. Attraktiven und wohnortnahen Angeboten mit übersichtlichen Zugängen und Zufahrten gehören die Zukunft, ebenso werden barrierefreier Zugang, eine helle, altersgerechte Einrichtung und seniorengerechte Kabinen und Sanitäranlagen unverzichtbar sein.

"Es ist zu erwarten, dass Kernsportstätten wie Sporthallen in Zukunft weniger Bedeutung haben werden, da die Anzahl der Hauptnutzer - das sind Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene - sinken wird", erklärt Prof. Dr. Horst Hübner von der Universität Wuppertal einen Einfluss des demographischen Wandels auf das Sportverhalten und damit der bestimmenden Sportnachfrage vor Ort.

Erst kürzlich erhielt ein Sportverein aus Norddeutschland einen von einem Hersteller eines Anti-Fußpilz-Mittels gestifteten Geldpreis, weil er den Wettbewerb "die widerlichsten Umkleidekabinen Deutschlands" gewann. "Dieses Beispiel zeigt, wo die Probleme liegen. Während wir bei den Olympischen Spielen in Peking fasziniert auf das ,Vogelnest' und den blauen ,Wasserwürfel' geschaut haben, sieht die Sportstätten-Realität vor unserer Haustür ganz bescheiden aus", brachte Dr. Johannes Eulering als IAKS-Vorsitzender auch Missstände in seinem Vortrag auf den Punkt.

Im Mittelpunkt der Planungen neuer Sportstätten steht die absehbare demographische Entwicklung. Und dabei wird es verstärkt auf wandelbare Sportstätten ankommen. "Künftig zu errichtende Sportanlagen sollen flexibel gestaltet sein im Hinblick auf die sich rasch ändernden Schwerpunkte in der Sport(arten)-Nachfrage", fordert Peter Ott vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft. Später notwendiger Um- oder Rückbau müssen bei der Planung bedacht werden.

Aber wie zuverlässig sind die Prognosen von heute? "Es kommt auf eine teilräumliche Differenzierung an", sagt Dr. Rainer Danielzyk, Leiter des Instituts für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS): "Der demographische Wandel zeichnet sich dadurch aus, dass wir ein Nebeneinander von Wachstum und Schrumpfung vorfinden. Selbst innerhalb einer Stadt finden wir Gebiete, in denen die Einwohnerzahl steigt, und andere, in denen sie sinkt."

Zusammenfassend ist vor dem Hintergrund des demographischen Wandels festzuhalten: In Zukunft müssen unterschiedliche Angebote für unterschiedlich interessierte ältere Menschen geschaffen werden. Das verlangt nach flexibleren Sportstätten, die auf die Wünsche der älteren Nutzer abgestimmt sein müssen. Oder, um es mit dem Innen- und Sportminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Ingo Wolf, zu sagen: "Multifunktionalität ist Trumpf! Es gilt, Neues zu wagen und Ungewohntes anzupacken, um für unseren geliebten Sport in Zukunft die bestmöglichen Bedingungen zu schaffen."

Umfassende Informationen zum Thema liefert der DOSB auch auf seinen Internetseiten unter der Rubrik "Sportentwicklung/demographischer Wandel". "Wichtig ist es, rechtzeitig zu agieren, um nicht später nur unzureichend reagieren zu können", unterstreicht auch Ute Blessing-Kapelke, Fachgebietsleiterin "Sport der Generationen" im DOSB, die Dringlichkeit der Entwicklung einer zukunftsfähigen Sport-Infrastruktur.


*


Quelle:
DOSB-Presse Nr. 37 / 9. September 2008, S. 6
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
Herausgeber: Deutscher Olympischer Sportbund
Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt/M.
Tel. 069/67 00-255
E-Mail: presse@dosb.de
Internet: www.dosb.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. September 2008