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BERICHT/640: Vor vierzig Jahren kam Trimmy auf die Welt (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 10 / 9. März 2010
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Vor vierzig Jahren kam Trimmy auf die Welt
Am 16. März 1970 wurde vom DSB in Berlin die weltweit erfolgreichste Breitensportaktion gestartet

Von Friedrich Mevert


"Wer kennt es nicht, Trimmy, das fröhliche Kerlchen mit dem lachenden V-Mund und dem "okay" signalisierenden hochgereckten Daumen? Nahezu alle kennen Trimmy!", so schrieb Prof. Dr. Jürgen Dieckert, damals verantwortliches Präsidiumsmitglied für den Breitensport im Deutschen Sportbund (DSB), im Juli 1973 als Chefredakteur und einer von 24 Autoren im Vorwort des vom DSB herausgegebenen "Großen Trimm-Buches". Der Bekanntheitsgrad der Trimm-Dich-Aktion lag damals nach drei Jahren Laufzeit bei 93 Prozent. Allerdings, so fuhr Dieckert fort, sei es dem DSB bei seiner Trimm-Aktion nicht um den Bekanntheitsgrad seiner Aufklärungs- und Werbeslogans gegangen, sondern darum, "dass viele Menschen 'mal wieder? und 'immer wieder? Sport in seinen vielfältigen Möglichkeiten betreiben."

"Da nach zwei Jahren 21 Prozent, das sind nahezu 9 Millionen Bürger, angaben, durch die Trimm-Aktion zu neuem Sporttreiben angeregt worden zu sein, und nach drei Jahren sich weitere Millionen ansprechen ließen, ist ein Teilziel des Deutschen Sportbundes bereits erreicht", sagte Dieckert damals. Als heute 74jähriger emeritierter Sportwissenschaftler und Ehrenpräsident des Deutschen Turner-Bundes erinnert sich der Oldenburger immer noch gern daran. Die Trimm-Aktion des DSB wurde in den ehren- und hauptamtlichen Gremien sorgfältig vorbereitet. Dabei wurde auch der aus dem Skandinavischen und dem Wassersport stammende Name Trimmen für die geplante Aktion zunächst durchaus kontrovers diskutiert wurde. Doch am 16. März 1970 wurde sie mit einer Großveranstaltung und einer Pressekonferenz in Berlin eröffnet. Außer Willi Daume und dem Präsidium des DSB nahmen daran auch führende Persönlichkeiten der Politik und des öffentlichen Lebens teil, darunter die Bundesministerin für Familie und Jugend, Käthe Strobel. Es war das erste Mal, dass die Bedeutung des Breitensports in einem solchen Rahmen vorgestellt wurde und dass vor allem die Beteiligung und Unterstützung der Wirtschaft und der Medien besonders groß war.

Nahezu alle bundesdeutschen Fernseh- und Rundfunkanstalten beteiligten sich und wiesen in ihren Sendungen ständig auf diese Aktion hin, deren Sinn es war, durch fröhliche sportliche Betätigung die Pitness des Menschen zu verbessern, um den Anforderungen des Alltags begegnen und die Gesundheit fördern zu können. Viele Organisationen z. B. aus der Medizin, riefen ihre Mitglieder auf, sich für den Erfolg der Aktion einzusetzen.

Auch die deutschen Verleger boten ihre Hilfe an. Sie stellten kostenlos redaktionelle Beiträge und Anzeigenraum in ihren Tages- und Wochenzeitungen sowie ihren Zeitschriften mit einer Auflage von 10,5 Millionen Exemplaren für die Aktion zur Verfügung. Fast zwei Millionen Info-Hefte sowie Werbemittel von T-Shirts über Bierdeckel, Autoaufklebern bis zu Strandbällen wurden verteilt. Mit ihren Aufforderungen wie "Lauf mal wieder" oder "Schwimm mal wieder" halfen sie dabei, die lebenswichtige Funktion der regelmäßigen körperlichen Bewegung in die Öffentlichkeit und damit in das Bewusstsein von Millionen von Menschen zu bringen. Eigentlich hatte sich schon früher die Überzeugung bei den damals Verantwortlichen des deutschen Sports mit Willi Daume an der Spitze durchgesetzt, "Sport zwar nicht ausschließlich, aber doch auch als eine vergnügliche Beschäftigung zu interpretieren". So hatte es der Tübinger Kulturwissenschaftler Prof. Hermann Bausinger einmal formuliert.

Schon 1956 hatte die Deutsche Sportjugend mit ihren "Kaiserauer Beschlüssen" eine Reform des Sports gefordert. 1959 wurde bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung des DSB in Duisburg-Wedau der "Zweite Weg des deutschen Sports" proklamiert. Willi Daume verkündete beim DSB-Bundestag 1962 in Berlin das Ziel "Eine Million Aktive mehr!". 1966 wurde mit der "Charta des deutschen Sports" ein umfassendes Partnerschaftsprogramm in die Wege geleitet. Und immer wieder riefen Memoranden und Programme des DSB zur Verbesserung des Schulsports in der Bundesrepublik auf.

Der große Durchbrach aber kam 1970 mit dem Start der Trimm-Aktion. "Der Deutsche Sportbund präsentiert den hochgereckten Daumen allen Müden, Unentschlossenen, Gehemmten, allen Theoretikern, Nichtsportlern und schließlich all denen, die es sonst noch versäumt haben, Herz und Kreislauf in richtiger Weise anzuregen", schrieb Harald Pieper damals in der Zeitschrift "Olympische Jugend". Er folgerte: "Am Daumen der Nation soll nämlich nicht gelutscht werden. Er wird, so glauben nicht nur die Optimisten, bald das Symbol sportlicher Aktivität größten Ausmaßes sein!"

Im Frankfurter Domizil des DSB, anfangs noch in einer alten Villa in der Arndtstraße im Frankfurter Westend, beriet indes mindestens einmal pro Woche die kreative "Trimm-Runde" unter der Leitung des seinerzeit kaum über dreißigjährigen Diplom-Sportlehrers Jürgen Palm über immer wieder neue Pläne. Ideenreich schuf sie neue Aktivitäten für die Vereine und Verbände für ein attraktives und ansprechendes Angebot des Breiten- und Freizeitsports für alle Bevölkerungsschichten. Zugleich entwarf das Team - mit Unterstützung der Heusenstammer Agentur Werbeting - zugkräftige und populäre Werbesprüche wie "Sport ist nicht nur Männersache!", "Trimm-Trab - das neue Laufen ohne zu Schnaufen", "Ein Schlauer trimmt die Ausdauer", "Spiel und Sport am Feierabend" oder "Trimm Dich auf Reisen" und viele andere mehr.

Von 1973 an entwickelte der DSB den "Trimm-Park" mit einer Trimmbahn zum Dauerlauf, einem Trimmplatz mit Übungsgeräten sowie einem Trimmspielplatz. Auf großes Interesse bei der Bevölkerung stießen zuvor schon ab 1971 die "Trimm-Spiele", Volkswettbewerbe in zahlreichen Sportarten mit Teilnahmemöglichkeiten für jedermann bei geringeren Leistungsanforderungen. Zwischen 1971 und 1983 fanden bereits über 50.000 derartige Veranstaltungen mit über 17 Millionen Teilnehmern statt.

1983 wurde unter der Bezeichnung "Trimming 130" eine neue Aktion für alle Bevölkerungsschichten gestartet, bei der es darauf ankam, durch Sportübungen Herz und Kreislauf so zu beanspruchen, dass ein Richtwert von Puls 130/Min erreicht, aber nicht überschritten wurde. Großen Anklang fanden auch die gemeinsam mit dem Deutschen Leichtathletik-Verband eingeführten "Lauftreffs", die einmal wöchentlich stattfinden und auch für vereinslose Interessenten offen sind.

Großer Wert wurde bei der Trimm-Aktion von Anfang an auf eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit und begleitende werbliche Maßnahmen gelegt. Zahlreiche Broschüren wurden auch für besondere Zielgruppen, in Kooperation z. B. mit Bankengruppen, Verlagshäusern, der Bundesärztekammer und den Krankenkassen in die Öffentlichkeit gebracht. Besondere Publikationen waren - jeweils vom DSB herausgegeben - 1973 das "Große Trimm-Buch" und 1979 das große Spiele-Buch "Spiel mit" von Frank Elstner.

Wurde im November 1962 beim DSB-Bundestag noch das Ziel "Eine Million mehr!" von 5 auf 6 Millionen Mitglieder verkündet, so überschritt - vor allem in der Folge der Trimm-Aktion und der folgenden "Sport für alle"-Bewegung - die Zahl der Mitgliedschaften im DSB im Olympiajahr 1972 die 10 Millionen-Grenze und dann 1988 sogar die 20 Millionen-Marke.

Der "Zweite Weg" und die in seinem Rahmen ab 1970 folgenden "Trimm Dich durch Sporf"-Initiativen und "Sport für alle"Aktionen des DSB waren unvergleichbar erfolgreich und strahlten über Europa hinaus in die ganze Welt aus. Sie bewirkten, dass der Deutsche Sportbund bereits in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zur bei weitem größten freiwilligen Bürgerbewegung in der Bundesrepublik Deutschland heranwuchs und dass die - maßgeblich von Prof. Dr. Jürgen Palm 1991 initiierte - Internationale Trimm- and Fitness Sports Association (TAFISA) eine hervorragende Plattform für die globale "Sport for All"-Bewegung wurde. Mit der Stiftung des "Jürgen Palm Award" durch die TAFISA wurden die Verdienste des 2006 im Alter von 71 Jahren in den USA verstorbenen früheren DSB-Geschäftsführers gewürdigt.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 10 / 9. März 2010, S. 24
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. März 2010