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BERICHT/694: Kamerun - "Fußball ist eine Religion", große Hoffnungen in strukturschwachem Land (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. Juni 2014

Kamerun: 'Fußball ist eine Religion' - Große Hoffnungen in strukturschwachem Land

von Ngala Killian Chimtom


Bild: © Ngala Killian Chimtom

Kinder in einem Armenviertel der kamerunischen Hauptstadt Yaounde
Bild: © Ngala Killian Chimtom

Yaounde, 16. Juni (IPS) - Es ist 18.00 Uhr in Yaounde, und auf einer staubigen Straße der kamerunischen Hauptstadt sind mehrere Kinder in ihr Fußballspiel vertieft. Flink jagen sie dem Ball hinterher. Ein Junge ist barfuß, ein anderer steckt in ausgetragenen Schuhen und im Trikot der kamerunischen Nationalmannschaft. "Ich will spielen können wie (Lionel) Messi", meint einer der Burschen, der sich als Jack vorstellt. "Ich wie Eto'o", schallt es aus der Runde. "Ich wie Ronaldo", "wie Pepe", "wie Rooney", ergänzen die anderen.

Der Fußballstar Samuel Eto'o, der in der letzten Spielsaison beim britischen 'FC Chelsea' unter Vertrag stand, ist Mannschaftskapitän des kamerunischen Teams 'Lions Indomptables' ('Unbezwingbare Löwen') bei der WM in Brasilien. Cristiano Ronaldo, der als Stürmer für den spanischen Klub 'Real Madrid' unter Vertrag steht, tritt wie der Stürmer und Klubkamerad, 'Pepe' Képler Laveran Lima Ferreira, für Portugal an. Wayne Rooney ist ein britischer Angreifer.

Kamerun nimmt zum siebten Mal an einer Weltmeisterschaft teil. Und die Hoffnungen der Fans sind groß. Trotz der Begeisterung für den Fußball verfügt das zentralafrikanische Land gerade einmal über zwei Standard-Fußballstadien. Das eine befindet sich in Yaounde und das andere in Garoua im Norden des Landes. Dennoch geht in Kamerun, in dem 39,9 Prozent der 20 Millionen Einwohner arm sind, die Liebe für den Fußball tief. "Fußball ist hier mehr als ein Spiel, es ist eine Religion", meint der Sportjournalist Fon Echeckiye.

"Immer, wenn wir einem Gegner gegenüberstanden, ging es uns um unser Land", meint Thomas Nkono, ein ehemaliger kamerunischer Torhüter, dem seine akrobatischen Sprünge den Spitznamen 'Schwarze Spinne' eingebracht hatten. "Es war ein gutes Gefühl, zu wissen, dass Millionen Kameruner - ob arm oder reich - ihre Alltagssorgen vergaßen, um ihr Team anzufeuern. Das hat uns sehr motiviert", fügt er hinzu.


"Anblick der Menschen ist mit Geld nicht aufzuwiegen"

Die Mitglieder des derzeitigen Teams denken ähnlich. Am Rande des letzten Vorbereitungsspiels für die FIFA-WM gegen Moldawien am 7. Juni erklärte der Stürmer Achille Webo gegenüber IPS, dass "es zwar stimmt, dass einige von uns, die professionellen Fußball spielen, sehr viel Geld verdienen, doch lässt sich der Anblick dieser Menschen mit Geld nicht aufwiegen. Er ist wirklich motivierend."

Der Schlachtenbummler Ngando Picket war bisher bei jedem Spiel der 'Löwen' dabei. Mit den Jahren hat er mehr als 300 Songs komponiert, um das Team anzufeuern. "Es ist wichtig, dass unsere Jungs wissen, dass ihr Land, ihr Volk hinter ihnen steht. Mit unseren Liedern und Tänzen auf den Tribünen bringen wir sie richtig in Schwung. Das wird auch in Brasilien der Fall sein"

Bild: © Ngala Killian Chimtom/IPS

Fan der kamerunischen Nationalmannschaft 'Unbezwingbare Löwen'. Das Land konnte sich sieben Mal für die FIFA-Weltmeisterschaft qualifizieren
Bild: © Ngala Killian Chimtom/IPS

Das 2:2-Aufwärmspiel gegen Deutschland in Mönchengladbach am 1. Juni hat den Fans in Kamerun Hoffnung gemacht, dass ihre Spieler es in Brasilien weit bringen werden. "Ich fühlte mich an das Eröffnungsspiel von 1990 erinnert, als die 'Löwen' die Welt mit ihrem 1:0 gegen den damaligen WM-Titelverteidiger Argentinien überraschten", meint Benjamin Ngah, ein Taxifahrer in Yaounde. "Die Löwen haben dafür gesorgt, dass Kamerun als erstes afrikanisches Land in ein WM-Viertelfinale einziehen konnte. Ich glaube, dass wir qualifiziert genug sind, das erneut zu schaffen, wenn nicht gar noch weiter zu kommen." (Ende/IPS/kb/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/06/cameroon-where-poor-infrastructure-doesnt-dim-love-for-football/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juni 2014