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BUCHTIP/136: Brockhaus Sport zwischen Anspruch und Wirklichkeit (DOSB)


DOSB Presse - Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Brockhaus Sport zwischen Anspruch und Wirklichkeit


Ungewöhnlich ist sie schon, die Trikolore im Regal: 2 Bände blau, 3 Bände weiß und seit kurzem ein Band mit rotem Cover. Sport Brockhaus, jetzt Brockhaus Sport in Blau-weiß-rot ist für den Verfasser mitgestaltete Buchgeschichte seit 1970, als in wenigen Monaten der erste Sport Brockhaus aus dem Boden gestampft wurde. Danach hat er federführend die weiteren Auflagen bis zur Ergänzung durch gelbe Seiten nach den Olympischen Spielen 1988 begleitet. So verbinden sich bei der Durchsicht des wiederbelebten Brockhaus Sport eigene Erfahrungen und Emotionen. Die Rückkehr des Sporttitels aus dem Haus F. A. Brockhaus nach anderthalb Jahrzehnten verdeutlicht nicht nur die Notwendigkeit eines gedruckten Sportlexikons, sondern auch den Wandel lexikalischer Konzeptionen, obwohl die Grundtendenz des "alten" Sport Brockhaus fortgeführt wurden: Aktuelle und instruktive Informationen über Sportarten, Regeln, das wissenschaftliche und soziale Umfeld und Persönlichkeiten. Beim Vorgänger gehörten Artikel "Sport" und "Leibesübungen" zu den umfangreichsten der 13.500 Beiträge. Die neue 6. Auflage ist auf 3.500 Stichwörter und Biographien verschlankt. Auffallende Neuerungen sind zehn enzyklopädisch aufbereitete Schlüsselbegriffe von Breitensport über Doping, Fan, Gesundheitssport bis Training und sozusagen als Lesestoff 140 sogenannte Infokästen, die bedeutsam Ereignisse der Sportgeschichte erzählen und Hintergrundwissen, aber auch Kurioses aufblättern. Die nüchterne Beschreibung von Sportarten und der teils modischen Trends im Fitness- und Weilnessbereich, bei den Outdoor- und Risiko-Sportarten wird ebenso wie manche Kurzbiografien durch Wertungen ergänzt, worauf die Vorgänger möglichst verzichtet haben. Neu sind Lesetipps und das Angebot, zu aktualisierten Internetlinks zu gelangen.

Soweit so gut. Doch auch die Lexikon-Equipe anno 2006 muss die Erfahrung machen, dass die Experten sich rasch zu Wort melden und gnadenlos Unrichtigkeiten und Fehler aufspießen. Die Verfasser benötigen schon ein dickes Fell, um diese fraglos für die Exaktheit des Werkes kritische Phase gelassen und konziliant zu bestehen, wenn erste Kritiker von "Liederlichkeit" sprechen und falsche Details monieren. Eine unbestreitbare Klippe ist die Auswahl der Porträts wie derzeit bei der Umfrage über eine Art Sportler-Pantheon - ein unendlicher Streit. Warum ist die Fechterin Cornelia Hanisch aufgenommen, aber nicht Helene Mayer (ebenfalls 3 WM-Titel und im Zusammenhang mit Berlin 1936 aber politisch besonders relevant)? Und diese Fragen werden sich je nach Zuneigung zu einer Sportart häufen. Warum fehlen Willi Weyer und Manfred Ewald? Die kleinen, aber ärgerlichen Ungenauigkeiten in Details bleiben ein ständiger Begleiter. So sind die Verfasser nicht auf dem Laufenden, wenn sie die antiken Olympischen Spiele mit dem kaum befolgten Verbot aus dem Jahre 393 auslaufen lassen; seit Jahren wissen wir, dass sie ins 5. Jahrhundert hineinwirkten. Oder: Nicht der DTSB der DDR ist 1990 dem DSB beigetreten, sondern die fünf neuen Landessportbünde; der DTSB hatte sich kurz zuvor aufgelöst. Jede Auswahl oder jeder Schwerpunkt kann Widersprüche auslösen. Die Erfahrung der ersten Sport Brockhaus Auflagen bleiben auch der neuen Ausgabe nicht erspart. Dennoch - es ist sinnvoll, wenn das Werk bei allen Einschränkungen, die für nahezu alle Lexika gelten, wieder auf dem Markt ist und sich wie der Sport in seiner ganzen Vielschichtigkeit dem Wandel und dem beständigen Streben nach Optimierung unterwirft. "Und zur Optimierung gehört, sich von der Neusprach-Marotte "moderner Fünfkampf" zu trennen und korrekt Moderner Fünfkampf zu schreiben.

F.A. Brockhaus, Mannheim, 544 Seiten,
34,95 Euro.

Dr. Hans-Dieter Krebs


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 51 vom 19. Dezember 2006, BÜCHER, Seite 49
Der Artikel- und Informationsdienst des
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den 18. Januar 2007