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BUCHTIP/156: "Trautmann. Die Biografie" von Alan Rowlands (DOSB)


DOSB Presse - Der Artikel- und Informationsdienst
des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Die (fast) vergessene deutsche Torwartlegende im Nachkriegsengland

Biografie von Bernd Trautmann jetzt auch in deutscher Sprache


Bernd Trautmann - mit diesem Namen können diejenigen etwas anfangen, die sich schon in den 1950er Jahren für Fußball interessiert haben. Allen anderen sei verraten: Bernd Trautmann (geb. 1923) wuchs in Bremen auf, kam als Kriegsgefangener nach England und wurde dort 1956 als erster Torhüter und Ausländer zum Fußballer des Jahres gewählt. Seine große Popularität verdankt er einem unglaublichen Spiel: Im englischen Pokalfinale 1956 rettete er Manchester City den Sieg, obwohl er in der 72. Spielminute einen Genickbruch erlitt. Aber nicht einzig und allein wegen dieses schönen und zugleich schlimmen Ereignisses ist die Biografie äußerst lesenswert, die Alan Rowlands, ein freier Autor für englische Fußballmagazine verfasst hat und die jetzt auch als deutsche Übersetzung vorliegt.

Das Buch ist die Geschichte eines Mannes, der beim Fußball seinen Mann zwischen den Pfosten steht, dessen Leben sich aber unaufhörlich zwischen Triumph und Tragödie bewegt. Das Buch ist zugleich ein Referenzstück für deutsch-englische Nachkriegsgeschichte mit den Mitteln und Möglichkeiten des Sports, respektive des Fußballspiels: Bernd Trautmann landet als Kriegsgefangener irgendwo zwischen Liverpool und Manchester. Im eintönigen Lagerleben sorgen Fußballspiele für eine willkommene Abwechselung. Als der etatmäßige Torwart wegen Verletzung ausfällt, fällt die Wahl auf Bernd, der bisher als Feldspieler erfolgreich dabei war. Sein Können sollte sich auch außerhalb des Lagers schnell herumsprechen. Aus dem Deutschen Bernd wurde der Engländer "Bert" ... bald war er ein "local hero" ... bald eine nationale Größe im Tor von Manchester City. War er gar der beste Torwart der Welt seiner Zeit? Vorzugsweise bei (älteren) Engländern gilt Bert heute noch als bester deutscher Fußballer aller Zeiten.

Dabei hat Bernd Trautmann nie für die deutsche Nationalmannschaft gespielt, und selbst die Stunden seines größten Erfolges, dem 3:1-Sieg im englischen Pokalfinale 1956, waren Stunden der nicht nachlassenden Schmerzen, zumal die zwei gebrochenen Halswirbel erst am Tag danach (!) von einem konsultierten Arzt festgestellt und behandelt wurden. Als nach dem Pokalsieg in der Umkleidekabine die erste Flasche Champagner die Runde machte, saß Bernd "wie gelähmt da in seiner Ecke und betete dafür, dass die Schmerzen aufhörten", heißt es auf Seite 193 des Buches. Es war die schlimmste Feier seines Lebens, lesen wir wenige Zeilen weiter ... ganz zu schweigen von seinen dramatischen Höhen und Tiefen im Privatleben.

Bernd Trautmann hat seine deutsche Heimat nie aus den Augen verloren, sei es bei Familienbesuchen und bei den Spielen seiner Mannschaft in der Bundesrepublik wie 1954 gegen Bayern München oder die Stuttgarter Kickers und gegen eine Ruhrauswahl in Wuppertal im gleichen Jahr, ganz zu schweigen von den Kontakten zu Wilfried Gerhardt im DFB. Bei der WM 1966 in England war Trautmann offizieller Attaché der DFB-Auswahl. Ein Jahr später gab er ein kurzes Gastspiel als Trainer des Regionalligisten Preußen Münster. Es folgten weitere Trainerstationen u. a. in Tansania, im Jemen und auf Malta. Heute lebt Bernd Trautmann in Spanien. Doch sein Heimatverein bleibt Tura Bremen, wo seine Karriere einst als Jugendlicher in der Leichtathletik und beim (Feld-) Handball begann.

Dr. Detlef Kuhlmann

Alan Rowlands:
Trautmann. Die Biografie
(München 2006: bombus-Verlag; 272 S.; 19,90 Euro.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 21 vom 22. Mai 2007, BÜCHER, Seite 49
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juni 2007