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BUCHTIP/254: War der Sport in der DDR (k)ein Vergnügen? (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 30 / 21. Juli 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

War der Sport in der DDR (k)ein Vergnügen?

Spurensuche in einem neuen Sammelband


War der Sport in der DDR (k)ein Vergnügen? Zugegeben - die Frage ist riskant und zweischneidig gestellt. Eine verlässliche, weil authentische und zudem biografisch besetzte Antwort können im Grunde nur diejenigen geben, die zu Zeiten der DDR den Sport als Vergnügen erlebt bzw. betrachtet haben er eben nicht. Wenn nun heute rund 20 Jahre nach dem Ende der DDR bei uns ein dickes Buch mit dem Titel "Vergnügen in der DDR" erscheint, dann muss es gleichsam erlaubt sein, den Band auf genau diese Frage zu inspizieren. Um welche "Vergnügen in der DDR" mag es denn wohl dabei gehen? Und: Ist denn vielleicht etwa vom Sport auch in den über zwei Dutzend Beiträgen irgendwo die Rede? Die Antwort fällt nüchtern aus: Wer hier ausdifferenzierte Einblicke in das Sportsystem der DDR als ein (beliebtes?) "Vergnügungssystem der Körperkultur" erwartet, der wird womöglich arg enttäuscht. Der Wert des Bandes erschließt sich erst bei genauerem Studium des Inhaltsverzeichnisses und der eingehenden Lektüre sämtlicher Beiträge. Sodann kann die Spurensuche zu Bezügen des Sports als ein "Vergnügen in der DDR" beginnen ür manche mag das Ergebnis der Suche durchaus überraschend ausfallen. Doch erstmal kurz der Reihe nach:

Dieser geschichtswissenschaftliche Sammelband behandelt offenbar ein bisher vergessenes Thema und eröffnet damit eine neue Sicht auf Facetten des DDR-Alltags. Das Buch ist überschaubar gegliedert in vier (hüben wie drüben?!) verbreitete vergnügliche Handlungsformen - nämlich: feiern, amüsieren, unterhalten und entspannen. Hat das alles was mit Sport zu tun? Auf den ersten Blick geht es in den Aufsätzen um Karnevalsklubs, um Glücksspiele, um Kabaretts und um Camping in der DDR, obwohl sich die geläufige Semantik der vier hier behandelten "Vergnügensgattungen" sehr wohl mit Sport in Verbindung bringen ließe. Tatsächlich gibt es dann doch unter "amüsieren" (wenigstens) einen Beitrag mit dem Titel: "Spiele der Gewalt. BFC-Hooligans auf Krawall gebürstet" und in der Rubrik "entspannen" (wer hätte das gedacht?) einen weiteren zur "DDR-Freikörperkultur in den Jahren 1949-1956". Immerhin ist im Kapitel "unterhalten" beiläufig von Betriebsfesten und Sportfesten die Rede, und immerhin fällt auch bei "unterhalten" der Name Heinz Florian Oertel als die (Sport-)Reporterstimme der DDR. Ein Fazit: Ob nun der Sport in der DDR ein Vergnügen war oder nicht, darüber könnte es ruhig mal ein Extra-Buch geben - oder gibt es das etwa schon?

Ulrike Häußer & Marcus Merkel (Hg.):
Vergnügen in der DDR.
Berlin: Panama Verlag 2009. 464 S.; 24,80 Euro.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 30 / 21. Juli 2009, BÜCHER II
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
Herausgeber: Deutscher Olympischer Sportbund
Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt/M.
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Internet: www.dosb.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. August 2009