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FÖRDERUNG/089: Kritik an der Sportförderung des Bundes (DOSB)


DOSB Presse - Der Artikel- und Informationsdienst
des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Vesper: Gutachten weltfremd - Erneut Sport ins Grundgesetz gefordert
Bundesrechnungshof-Präsident rügt die Sportförderung des Bundes

Von Holger Schück


(DOSB PRESSE) DOSB-Generaldirektor Dr. Michael Vesper hat sich vehement gegen die Eingrenzung der Sportförderung des Bundes ausgesprochen, die der Präsident des Bundesrechnungshofes, Prof. Dieter Engels, in einem Gutachten für die bevorstehende sogenannte Föderalismus-II-Reform mit der geplanten Neuregelung der Bund/Länder-Beziehungen gefordert hatte. "Die Schlussforderungen des Bundesrechnungshof-Präsidenten sind weltfremd, denn eine Konzentration der Spitzensportförderung auf wenige Top-Athleten ist erstens gar nicht machbar und widerspräche zweitens dem notwendigen Langfrist-Denken bei der Förderung", erklärte er. "Wer den Spitzensport effizient fördern will, muss selbstredend auch den Nachwuchsleistungssport im Blick haben." Das wissenschaftliche Empfehlungspaket zeige allerdings auch "mit aller Schärfe": Die Aufnahme des Sports als Staatsziel ins Grundgesetz sei "wichtig und dringlich": "Wir appellieren an Bundestag und Bundesrat, dies jetzt endlich umzusetzen", betonte Dr. Vesper.

Prof. Engels hatte in seiner Funktion als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung in einem jetzt veröffentlichen Gutachten unter dem Titel "Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern" auch zur Sportförderung Stellung genommen: "Der Bundesbeauftragte hält es für geboten, dass sich der Bund in diesem Zusammenhang auf die Spitzensportförderung beschränkt. Dies sollte im Grundgesetz, in einem Ausführungsgesetz oder in einer Vereinbarung im Rahmen der Föderalismuskommission II klargestellt werden." Die Expertise wurde von den Vorsitzenden der Kommission, Dr. Peter Struck (SPD-Fraktionsvorsitzender) und Günther Oettinger (CDU/ Ministerpräsident von Baden-Württemberg), in Auftrag gegeben.

Der Vorsitzende des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, Dr. Peter Danckert, kritisierte ebenfalls das Papier: "Es ist höchste Alarmstufe: Wenn die Feststellungen des Gutachtens Allgemeingut werden sollten, dann ist die Förderung des Hochleistungssports mit einem jährlichen Volumen von 200 Millionen Euro Bundesmitteln in Gefahr. Dann wären vom Bund nur noch eine Handvoll Top-Athleten zu fördern, B- oder C-Kader und Nachwuchsathleten flögen heraus. Und auch für den Breitensport könnten wir keinen Bundes-Fokus mehr vorschalten." Sportpolitiker aller Fraktionen und der organisierte Sport sollten alles tun, diesen "unsinnigen, weltfremden kameralistischen Ansatz" zu verhindern, sagte der SPD-Parlamentarier. Danckert erneuerte in diesem Zusammenhang seine Forderung, den Sport als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern: "Dann würden wir solchen abstrusen Empfehlungen einen Riegel vorschieben."

In dem Gutachten heißt es weiter, der Bund fördere den Sport "trotz unklarer und fehlender Ausgaben- und Finanzierungszuständigkeit seit Jahrzehnten". "Obwohl die Bundesregierung ihre Förderzuständigkeit nur als Ausnahme betrachtet und unter dem Gesichtspunkt der nationalen Repräsentation im Wesentlichen auf den Spitzensport bezieht, fördert sie auch den Leistungssport und Breitensport." Der Bundesrechnungshof habe bereits 2005 im Rahmen eines Anhörungsverfahrens das "Engagement" des Bundes "über den Spitzensport hinaus problematisiert".

Engels beanstandet im Einzelnen - in einer Anlage zu seinem Gutachten vermerkt - die Förderung der beiden Kölner Sportakademien. So würden in der Trainerakademie "nur zehn Prozent der teilweise aus Bundesmitteln geförderten Trainer" ausgebildet. Zudem habe es dort "über Jahre" "erhebliche Mängel in der Haushalts- und Wirtschaftsführung" gegeben. Und: Finanzbehörden besteuerten ausländische Starter bei Sportveranstaltungen im Lande "nicht sachgerecht", heißt es weiter: "Sie unterwerfen einen zu geringen Teil der Einkünfte der Besteuerung. Das verursacht Steuerausfälle von bis zu sieben Millionen Euro im Jahr."

Das Gutachten wurde auch auf der letzten Sportausschuss-Sitzung im Deutschen Bundestag thematisiert. Bereits am 20. März 2006 hatte der Wissenschaftliche Dienst des Parlaments in einem Expose darauf hingewiesen, für die breitgefächerte Spitzensportförderung gebe es zwar in der Verfassung keine direkt zugewiesene sachliche Zuständigkeit; allerdings: Die allseitig parlamentarisch unterstrichene Gemeinnützigkeitsanerkennung des Sports und die staatlichen Mittelzuweisungen durch den Bundesgesetzgeber zeigten ein klares Bedingungsgefüge: Parlament und Regierung begriffen die Sportförderung als staatliche Aufgabe, heißt es. Sie sei dennoch eine freiwillige Aufgabe und gehörte in keinen Pflichtenkatalog, kommentierte ein Verwaltungsexperte seinerzeit im "Olympischen Feuer". Es gebe eine Kompetenz kraft "Natur der Sache". Das bedeutet: Bestimmte Aufgaben wie diese können "begriffsnotwendig" nur vom Bund erfüllt werden können - und dazu gehöre nun einmal die Förderung der sportlichen Beziehungen, erst recht "die Außenvertretung Deutschlands bei internationalen Sportereignissen zum Zwecke der gesamtstaatlichen Repräsentation" und "die Förderung von bedeutenden Beziehungen des deutschen Sports zu auswärtigen Staaten und nichtstaatlichen Organisationen", schreibt der Wissenschaftliche Dienst.

Die Diskussion über die Aufnahme des Sports als Staatszielbestimmung in das Grundgesetz bekommt unterdessen weiter Fahrt. Die FDP-Bundestagsfraktion will nach Angaben ihres Sportsprechers Detlef Parr am 22. Januar das Einbringen eines Gesetzentwurfs beschließen, der einen Art. 20 b mit einer Schutz- und Förderungsklausel für den organisierten Sport vorsehen soll. FDP-Fraktionsvorsitzender Dr. Guido Westerwelle unterstützt Parrs Initiative, nachdem zuvor Rechtspolitiker Bedenken angemeldet hatten. Diese sollen, wie es aus der Fraktion heißt, inzwischen aufgearbeitet worden sein. Die Liberalen wollen lediglich einen Sport-Antrag beschließen, andere Fraktionen fordern ein Junktim mit der Kultur. Zumal der Sport bereits im April 2006 eine Aktionspartnerschaft mit dem Deutschen Kulturrat gegründet hat, die Ende 2006 vom DOSB erneuert und vertieft wurde.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat bereits im Spätherbst letzten Jahres einen Beschluss gefasst, eine Verfassungsergänzung für Sport und Kultur durchzusetzen. Die Union mit ihrem Vorsitzenden Volker Kauder lehnt allerdings die Staatszielbestimmung ab; Sportpolitiker der größten Fraktion unterstützen wiederum die DOSB-Forderungen hierzu. Dr. Danckert hält es für möglich, dass es wegen der FDP-Initiative zu einem Gruppenantrag kommen könnte.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 2, 22. Januar 2008, Seite 6-8
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Januar 2008