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GESCHICHTE/097: 17. bis 19. Oktober 1958 - 5. Bundestag des Sportbundes (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 41 / 7. Oktober 2008
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Vom 17. bis 19. Oktober vor 50 Jahren in Hamburg
"Der Sport als Aufgabe unserer Zeit" als Thema des 5. DSB-Bundestages

Von Friedrich Mevert


Ein Festvortrag des Münchner Philosophen Prof. Dr. Philipp Lersch zum Thema "Der Sport als Aufgabe unserer Zeit" leitete den 5. Bundestag des Deutschen Sportbundes vom 17. bis 19. Oktober 1958 im Hamburger Rathaus ein. Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer, der sein Erscheinen fest zugesagt hatte, musste wegen schlechten Flugwetters kurzfristig absagen und konnte nur per Fernschreiben die weitere Unterstützung der deutschen Sportbewegung durch die Bundesregierung zusagen, um "durch diese Förderung die Gefahren der technisierten Zeit zu überstehen".

Der Sport sei in Gefahr, durch den Apparat verschlungen zu werden, durch die Überorganisierung, durch die Überspezialisierung, die Überbetonung des Rekords und die Abkehr vom Idealismus zum Kommerzialismus. Die Feststellung traf der Münchner Philosoph im Rahmen der feierlichen Eröffnung des Bundestages vor den fast vollzählig versammelten Verantwortlichen des deutschen Sports und zahlreichen Ehrengästen. Prof. Dr. Lersch umriss die Grundlagen des Sports aus biologischer und pädagogischer Sicht, betonte aber auch die große soziologische Bedeutung durch seine gemeinschaftsbildende Kraft. Im technisierten Zeitalter habe der Sport zugleich eine große medizinische Bedeutung im Kampf gegen die Zivilisationskrankheiten, die vor allem auf die Drosselung der Bewegungsmöglichkeiten zurückzuführen seien.

Soweit wäre am Sport alles gut, fuhr der Referent fort, doch dem Zug der Zeit folgend, habe sich schließlich das Geschäft dem Sport zugewandt. Immer mehr gelange er unter die Regie "selbstsüchtiger, habgieriger Arrangeure". Die Chance, Geld zu machen, locke die Geschäftstüchtigen an wie das Aas die Geier. Die Kommerzialisierung verdränge den Idealismus, und der Apparat, gegen den der Sport einst Abwehr sein sollte, sei jetzt im Begriff, ihn zu verschlingen. Besondere Bedeutung, betonte Prof. Dr. Lersch, käme schließlich der Schule zu, den Sport auf dem richtigen Wege zu halten. Hier könne noch ein guter Samen gesät werden. Voraussetzung sei allerdings, dass der Sport in den Schulen auch mit der notwendigen Regelmäßigkeit und Ernsthaftigkeit betrieben werde.

In seinem ausführlichen Rechenschaftsbericht zeichnete Präsident Willi Daume ein eindrucksvolles Bild von der Entwicklung des DSB seit seiner Gründung im Jahr 1950 und von den wahrzunehmenden Aufgabenfeldern, sprach auch die negativen Erscheinungen an, in denen sich aber "nicht das Wesen des Sports, sondern der Geist unserer Zeit" spiegele und ging in scharfer Form auch auf die großen Schwierigkeiten im gesamtdeutschen Sportverkehr ein: "Wenn den anderen Ostblockstaaten aber trotz aller Staatsraison im Sport wenigstens anständige Manieren, gute Kameradschaft und eine Atmosphäre der Menschlichkeit nicht tabu sind, dann ist es eine Schande, dass der deutsche Sport und seine Führung einzig und allein von Sportfunktionären der SBZ - also von Deutschen! - verdächtigt, verleumdet und diffamiert werden. Diese Tatsache wird einmal im Buch der deutschen Würdelosigkeiten aufgezeichnet sein."

Im parlamentarischen Teil beschloss der Bundestag auf Vorschlag von Schatzmeister Herbert Kunze einstimmig die Schaffung eines Selbsthilfefonds für einen Finanzausgleich innerhalb des deutschen Sports, der als Treuhand-Haushalt beim DSB geführt werden sollte. Der Deutsche Fußball-Bund und die Landessportbünde hatten sich zuvor bereit erklärt, je 325.000 DM in diesen Solidaritätsfonds zu Gunsten finanzschwacher Spitzenverbände einzuzahlen, der dann zwei Jahrzehnte als Gemeinschaftsleistung weiterbestand. Weitere Beschlüsse des Bundestages betrafen die Verlegung des BGB-Sitzes des DSB nach Berlin und die Verabschiedung einer zwei Wochen zuvor von der 10. Vollversammlung der Deutschen Sportjugend - ebenfalls in Hamburg - beschlossenen Empfehlung an den Bundestag, der Jugendarbeit im Sport künftig eine noch größere Bedeutung zuzumessen und eine stärkere Förderung unter Beachtung pädagogischer Grundsätze zukommen zu lassen. Einstimmig wurden Präsident Willi Daume, die Vizepräsidenten Oscar Drees, Dr. Heino Eckert und Heinz Lindner sowie Schatzmeister Herbert Kunze wiedergewählt und Dr. Wilhelm Sälter als neuer Vorsitzender der DSJ sowie Grete Nordhoff als Vorsitzende des Frauenausschusses bestätigt.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 41 / 7. Oktober 2008, S. 22
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Oktober 2008