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GESCHICHTE/113: 1809 - Leibesübungen wird Hauptbestandteil des Jugendunterrichtes (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 1-3 / 13. Januar 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Im Januar vor 200 Jahren:
Wilhelm von Humboldt ordnete in Preussen "Gymnastische Übungen" als "Hauptbestandteil des Jugendunterrichtes" an

Von Friedrich Mevert


"Übrigens gebe ich hiermit bekannt, daß auch die Erziehungsbehörde das Bedürfnis nach allgemeinen gymnastischen Übungen lebhaft fühlt und solche zu einem Hauptbestandteil des Jugendunterrichts zu machen ernstlich bedacht ist." Dieser Satz steht in einem Schreiben des preussischen Innenministeriums vom 22. Januar 1809. Verfasser des Schreibens war kein Geringerer als Wilhelm von Humboldt, damals Leiter der Kulturabteilung des Ministeriums, der Anfang des 19. Jahrhunderts das Bildungs- und das Schulwesen in Preussen reformierte, und Unterzeichner war Freiherr vom Stein, der wichtigste Reformer in Preussen überhaupt. Dreiunddreißig Jahre später, am 6. Juni 1842, erschien eine Kabinettsorder des preussischen Königs Friedrich Wilhelm IV., in der es u. a. hieß: "So genehmige ich denn Ihren Vorschlag, dass die Leibesübungen als ein notwendiger und unentbehrlicher Bestandteil der Erziehung förmlich anerkannt und in den Kreis der Volkserziehungsmittel aufgenommen werden." Und weitere 85 Jahre später, in der Weimarer Republik, legte im Januar 1927 Reichstagspräsident Paul Löbe dem Deutschen Reichstag einen Bericht des "Ausschusses zur Förderung der Leibesübungen" vor, in dem es auch um die tägliche Turnstunde in den Schulen ging. Bereits 1926 hatte das Parlament beschlossen, "den Ländern die Einführung von sechs Wochenstunden für Körperliche Übungen zu empfehlen".

Wenn man die nationalsozialistische Zeit des "Dritten Reiches" und die unmittelbaren Nachkriegsjahre außer Betracht läßt, so haben sich in den nunmehr fast sechs Jahrzehnten seit seiner Gründung im Dezember 1950 der DSB und seit 2006 der DOSB immer zusätzlich zu ihren eigentlichen Aufgaben auch als hartnäckige Anwälte des Schulsports in der Bundesrepublik verstanden. Das macht eine Dokumentation dieser Bemühungen deutlich, die bereits in der ersten Sitzung des neugewählten DSB-Präsidiums im Januar 1951 ansetzten, als der gerade konstituierte Deutsche Sportbeirat aus Wissenschaftlern, Pädagogen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens damit beauftragt wurde, "in der Öffentlichkeit die tägliche Turn- und Sportstunde zu fordern und eine entsprechende Denkschrift vorzubereiten".

Bei der Verabschiedung der daraufhin vom Sportbeirat erarbeiteten "Leitsätze für die Leibeserziehung an den Schulen" am 25./26. April 1953 kritisierte der DSB, dass in der Schule die Körpererziehung gegenüber der geistigen Erziehung unterbewertet werde, und zwar "in einem Maß, das für die deutsche Jugend von einem verhängnisvollen Nachteil ist". Gefordert wurde eine Erneuerung des Erziehungswesens, bei der die Leibeserziehung in ihrer vollen Bedeutung für die Gesamterziehung junger Menschen erkannt und berücksichtigt werden müsse, so wie es bereits Wilhelm von Humboldt 1809 gefordert und König Friedrich Wilhelm IV. 1842 angeordnet hatte.


Bundeskanzler Dr. Adenauer als Verbündeter für eine "nachhaltige Sportpflege"

Zwei Jahre später gelang es DSB-Präsident Willi Daume, Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer als Verbündeten und Förderer zu gewinnen. Am 30. März 1955 hatte der Bundeskanzler Willi Daume mit dem Präsidium des DSB zu einem ausführlichen Gespräch über die Gegenwartsprobleme und Aufgaben des deutschen Sports in Bonn empfangen. Dabei sicherte Adenauer dem DSB nicht nur mündlich seine Unterstützung zu, sondern unterstrich dies wenige Wochen später auch noch mit einem Schreiben vom 25. April 1955 an den DSB-Präsidenten, in dem es u. a. hieß: "Trotz des geschehenen Missbrauchs in der hinter uns liegenden Zeit soll die Leibeserziehung der Jugend nicht länger vernachlässigt werden. Sie muss im Interesse der heranwachsenden Generation als eine besonders kulturelle, soziale und staatsbürgerliche Aufgabe angesehen werden. Angesichts der sprunghaft steigenden Zivilisationsschäden und der körperlichen und nervlichen Verfassung unserer Jugend verdient eine ausreichende Leibeserziehung der Jugend und eine nachhaltige Sportpflege zur Erhaltung unseres Volkes die Aufmerksamkeit und Förderung aller verantwortlichen Stellen."

Dieser Kanzlerbrief erreichte den DSB gerade noch rechtzeitig zu dem ersten Treffen überhaupt mit der Kultusministerkonferenz am 29. April 1955 in Koblenz. Mit exakten Zahlen belegte der DSB die Zivilisationsschaden bei der Jugend der Kriegs- und Nachkriegsjahrgänge und erregte damit auch über die Medien großes Aufsehen. Als Ergebnis der Beratungen wurden vier paritätisch besetzte Ausschüsse in Koblenz eingesetzt, um innerhalb von Jahresfrist Empfehlungen zur Förderung der Leibeserziehung an den Schulen - wie es damals noch hieß - zu erarbeiten.


"Die Leibeserziehung gehört zur Gesamterziehung der Jugend"

Diese "Empfehlungen zur Förderung der Leibeserziehung in den Schulen" von KMK, Kommunalen Spitzenverbänden und DSB wurden am 24. September 1956 vom damaligen KMK-Präsidenten Simpfendörfer vor der Bundespressekonferenz in Bonn der Öffentlichkeit übergeben. "Die Leibeserziehung gehört zur Gesamterziehung der Jugend. Bildung und Erziehung sind insgesamt infrage gestellt, wenn sie nicht oder nur unzureichend gepflegt werden", lautete der auch in den folgenden Jahrzehnten immer wieder zitierte Kernsatz dieser Empfehlungen, den in inhaltlich gleicher Form, wenn auch in zeitgemäßer anderer Formulierung, Friedrich Wilhelm IV. als "Kabinettsorder" bereits 1842 verfügt hatte. Auf die Verwirklichung der Absichtserklärung der "Empfehlungen" an anderer Stelle, nämlich dass "in ferner Zukunft der Unterricht in den Leibesübungen - eine tägliche Turn- und Sportzeit umfassen (soll)", warten nicht nur der deutsche Sport, sondern vor allem Millionen deutscher Schülerinnen und Schüler seit 53 Jahren vergeblich...

Da sich trotz der "Empfehlungen" bis Mitte der sechziger Jahre innerhalb der KMK hinsichtlich des Sports an Schule und Hochschule wenig tat, überreichte Willi Daume im Juli 1965 in Stuttgart das "DSB-Memorandum zum Stand der schulischen Leibeserziehung", in dem aufgezeigt wurde, dass die vom DSB mit den Kultusministern ein Jahrzehnt zuvor abgestimmten Nahziele zum Schulsport bei weitem nicht erreicht worden waren. Drei Jahre später nahm - ebenfalls in Stuttgart - beim DSB-Bundestag 1968 Bundeskanzler Dr. Kurt-Georg Kiesinger in seinem Festvortrag unmißverständlich Stellung:

"Ich begrüße auf das lebhafteste die Vorschläge, die der Deutsche Sportbund in seinem Memorandum zum Stand der Leibeserziehung in den Schulen gemacht hat. Ich bin nicht für ein Sportministerium, aber ich bin für eine noch gründlichere, noch konsequentere Förderung des Sportes und der Leibeserziehung durch den Staat, durch Bund, Länder und Gemeinden, und ich bin es vor allem im Bereich der Schule. Es will einfach nicht in meinen Kopf, dass der Sport, dass die Leibeserziehung, in unserer Schule einen so geringen Platz einnehmen soll. Es wäre wirklich vonnöten, dass die Kultusministerkonferenz sich ganz ernsthaft mit diesen Problemen befasst. Ich könnte eine sehr bitter klingende Stelle aus den Feststellungen des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen zitieren, die genau auf dieselbe Notwendigkeit hinweist, aber dann resignierend feststellt, das werde bei uns ja doch nicht zu erreichen sein."

Auch Bundeskanzler Helmut Schmidt sprach in seinem Festvortrag aus Anlass des 25-Jährigen Bestehens des DSB in der Frankfurter Paulskirche am 6. Dezember 1975 die "Tatsachen im Schulsport" an und nannte sie "schlechthin unerträglich". Schmidt erinnerte an seine eigenen persönlichen Erfahrungen im Schulsport und seine "innere Dankbarkeit" gegenüber seinem damaligen Sportlehrer. "Von ihm ist der stärkste pädagogische Einfluss ausgegangen auf uns junge Menschen. Es gibt viele, denen es ebenso gegangen ist." Nicht zuletzt deswegen gäbe es so viele Jungen und Mädchen in den Sportvereinen, so Schmidt, "weil sie in der Schule sportlich im Stich gelassen werden".

Der DSB setzte unterdessen seine Bemühungen um eine Verbesserung des Schulsports fort; ergänzend entwickelte die Deutsche Sportjugend erste Konzeptionen für eine Sporterziehung auch im Elementarbereich. Im Olympiajahr 1972 wurde am 7. Juli vor der Bundespresse-Konferenz in Bonn das "Aktionsprogramm für den Sport an Schule und Hochschule" der Öffentlichkeit übergeben, das auf der Grundlage übereinstimmender Beschlüsse der KMK, des DSB, der Kommunalen Spitzenverbände und des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft als Ergebnis vierjähriger gemeinsamer Bemühungen erarbeitet worden war - dessen konkrete Verwirklichung später aber noch oft eingefordert werden musste.


Das "Zweite Aktionsprogramm" für den Schulsport

Ein "Zweites Aktionsprogramm für den Schulsport", das einen Rahmen bis zum Jahr 2000 setzen sollte, wurde von DSB, KMK und Kommunalen Spitzenverbänden dann am 17. April 1985 in Bonn der Öffentlichkeit übergeben. Bereits in der Präambel dieses "Zweiten Aktionsprogramms" räumten die Partner ein, dass nicht alle Forderungen der "Empfehlungen" von 1956 und des "Aktionsprogramms" von 1972 bisher verwirklicht werden konnten. Aber "die gemeinsame Verantwortung für die sportliche Erziehung und Bildung der Kinder und Jugendlichen" veranlassten die Bundesländer, den DSB und die Kommunalen Spitzenverbände dazu, auch dieses Programm in partnerschaftlicher Trägerschaft zu vereinbaren.

Anfang 1989, also vier Jahre später, hatte der DSB allerdings Grund dazu, eine detaillierte Anfrage an die KMK zum Stand der Verwirklichung dieses Programms zu richten, und beim DSB-Bundestag 1992 in Berlin forderten die Delegierten die verantwortlichen Politiker unter Hinweis auf die vorangegangenen Zusagen in einer detaillierten Erklärung auf, die Situation des Schulsports in Deutschland nicht weiter zu verschlechtern. Vertieft wurde diese Kritik beim DSB-Hauptausschuss im Mai 1993 in Frankfurt/Main. Negative Entwicklungen im Berufsschulsport und sogar Schulsportreduzierungen in einigen Bundesländern veranlassten das DSB-Präsidium im Februar 1997, die Kultusminister der Länder in einer Erklärung erneut aufzufordern, ihren Pflichten nachzukommen ("Der Staat hat die Pflicht, Bildung und Erziehung zu garantieren. Wichtiger Bestandteil eines umfassenden Bildungsangebots ist der Schulsport.") und festzustellen, dass der Sportverein keine Ersatzschule sei. Vorangegangen war im gleichen Monat eine vom DSB mit dem Bundeselternrat und dem Deutschen Sportlehrerverband formulierte "Stuttgarter Erklärung zum Schulsport" mit konkreten Forderungen zur Verbesserung der Schulsportsituation.

Die Bedeutung des Schulsports für lebenslanges Sporttreiben wurde drei Jahre später schließlich in einer "Gemeinsamen Erklärung" betont, die Senator Willi Lemke als Präsident der Kultusministerkonferenz, Minister Steffen Reiche als Vorsitzender der Sportministerkonferenz und Präsident Manfred von Richthofen für den Deutschen Sportbund anlässlich der 50-jährigen DSB-Jubiläumsfeier im Dezember 2000 in Hannover unterzeichneten. Die Erklärung beginnt mit der Feststellung "Der Schulsport ist ein unaustauschbarer Bestandteil umfassender Bildung und Erziehung" und macht dies auch in den folgenden sieben Kapiteln überzeugend deutlich. Bundespräsident Johannes Rau hatte in seiner Festansprache zuvor betont, dass der Sportunterricht zur ganzheitlichen Bildung gehöre. "Er gehört aber auch zur Gesundheitsförderung und Prävention. Der Schulsport darf an unseren Schulen schon deshalb nicht fehlen!"

Als im Juli 2005 der Endbericht der vom DSB in Auftrag gegebenen sog. Sprint-Studie zur aktuellen Situation des Schulsports vom federführenden Paderborner Sportwissenschaftler Prof. Dr. Wolf-Dietrich Brettschneider an den Präsidenten des Deutschen Sportbundes, Manfred von Richthofen, und die Präsidentin der Kultusministerkonferenz der Länder, Prof. Dr. Johanna Wanka, übergeben wurde, wurden damit auch auf umfassende Weise die beklagenswerten Zustände wissenschaftlich dokumentiert, die den Schulsport in Deutschland nun schon seit Jahren und Jahrzehnten kennzeichnen. "Wann endlich gibt es den Rück im Schulsport?" fragte der DSB-Präsident bei der Übergabe der Untersuchungsergebnisse, den Ruck in der Kultur- und Schulpolitik der Länder, der in Memoranden, Vereinbarungen und Ankündigungen seitens der Politik und Kultusbürokratie immer wieder zugesagt, aber letztendlich nur völlig unzureichend in die Praxis umgesetzt wurde.

Am 20. November 2007 stellten Staatssekretär Jungkamp für die Kultusministerkonferenz und Vizepräsidentin Prof. Dr. Doll-Tepper für den im Mai 2006 aus DSB und NOK begründeten Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) in einer Pressekonferenz in Berlin als "gemeinsames Anliegen" "Gemeinsame Handlungsempfehlungen der Kultusministerkonferenz und des Deutschen Olympischen Sportbundes zur Weiterentwicklung des Schulsports" vor. Darin werden als "vorrangige Handlungsfelder" folgende vier Themenbereiche genannt: Schule als Bewegungs-, Spiel- und Sportwelt - Sportunterricht - Außerunterrichtlicher Schulsport - Qualifizierung von Lehrkräften und weiteren im Schulsport eingesetzte Personen.

Weiter heißt es in dem Beschluss der KMK vom 20.9.2007 und dem des DOSB vom 22.10.2007:

"Mit dieser Erklärung soll die Arbeit auf diesen Handlungsfeldern intensiviert werden. Damit zugleich wird der Wille zur Fortsetzung der partnerschaftlichen Zusammenarbeit der hier repräsentierten Institutionen bekräftigt. Gemeinsames Ziel ist, die Qualität des Schulsports nachhaltig und systematisch weiterzuentwickeln. Die Handlungsempfehlungen richten sich an alle gesellschaftlich relevanten Gruppen, die dazu beitragen. Dies sind die Schulleitungen, Eltern und Erziehungsberechtigten, die Lehrerinnen und Lehrer, die Schülerinnen und Schüler, der organisierte Sport, die freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe und die Wissenschaft. Die Handlungsempfehlungen richten sich ebenso an die Schulträger, die für die räumlichen Bedingungen für den Schulsport vor Ort zuständig sind, wie an die Kultusbehörden der Länder, die für die inhaltlichen, personellen und finanziellen Rahmenbedingungen einschließlich der Bereitstellung qualitativer Informations- und Beratungsstrukturen Verantwortung tragen. Nur gemeinsam kann es gelingen, die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, um für alle Kinder und Jugendlichen den Schulsport nachhaltig zu sichern und weiterzuentwickeln."

Wie leider nicht anders zu erwarten war, wurde zum wiederholten Male auch bei der Übergabe des 2. Deutschen Kinder- und Jugendsportberichtes durch die Krupp-Stiftung am 11. November 2008 in Essen an Bundesminister Dr. Schäuble und DOSB-Generaldirektor Dr. Vesper aus den Untersuchungen Wissenschaftler deutlich, dass das Sportangebot in Deutschland insbesondere in Kindergärten und Grundschulen arg zu wünschen übrig lässt und im europäischen Gesamtvergleich schlecht wegkommt.

In einem Beitrag für das Jahrbuch des Sports 2005/2006 hatte die CDU-Bundesvorsitzende Dr. Angela Merkel noch vor ihrer Wahl zur Bundeskanzlerin unter Hinweis auf die Ergebnisse der Sprint-Studie des Deutschen Sportbundes u. a. auf die "in erschreckendem Maße" abnehmende körperliche Leistungsfähigkeit der Kinder aufmerksam gemacht und betont: ... "Bei der Lösung dieses gesellschaftlichen Problems muss die Schule ihren Beitrag leisten. Der Schulsport ist deshalb mit einem Mindestmaß an Wochenstunden in allen Schulstufen festzulegen und als gleichwertiges Unterrichts- und Ausbildungsfach in der schulischen Ausbildung anzuerkennen..." Die gleichen Forderungen waren bereits in den "Empfehlungen zur Förderung der Leibeserziehung in den Schulen" aus dem Jahr 1956 enthalten. Das ist nun mehr als ein halbes Jahrhundert her. Wie viele Jahre müssen sie eigentlich von führenden Politikern noch wiederholt werden, bevor sie auch in der schulischen Praxis umgesetzt worden sind?

Stattdessen wird im Herbst 2008 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung der Nationale Bildungsbericht 2008 vorgelegt, der "von einer unabhängigen wissenschaftlichen Autorengruppe erstellt und durch einen wissenschaftlichen Beirat begleitet" wurde. "Der Schulsport findet" - so der DOSB-Pressedienst vom 11.11.2008 - "auf 214 Textseiten dieses Berichtes keine Erwähnung. Auch in der Stellungnahme der Bundesregierung hierzu wird nicht auf den Faktor Bewegung und Sport eingegangen".

Der sportpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Detlef Parr, kritisierte in einer Presseerklärung zu Recht: "Der Sport ist offensichtlich für Ministerin Dr. Anette Schavan kein Bildungsthema. Im Sportausschuss sollten alle Fraktionen die Bundesregierung nachdrücklich auffordern, zukünftig den Sport in den Nationalen Bildungsberichten angemessen in seiner Wechselwirkung in den Lernwelten zu den geistigen Fächern zu berücksichtigen."

Im Dezember letzten Jahres musste DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach sich in einem Schreiben an die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, die saarländische Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer - vor wenigen Jahren noch Vorsitzende der Sportministerkonferenz - wenden und die KMK um die Rücknahme ihrer letzten Beschlüsse auffordern. Diese würden de facto zur Aufgabe des eigenständigen Sportunterrichts in der Grundschule führen. Die DOSB Presse berichtete darüber in ihrer Ausgabe vom 16.12.2008.

Wie viele Eltern wissen, ist leider auch kein Einzelfall, was der 13-jährige Oberschüler Thilo L. aus der achten Klasse des Johannes-Kepler-Gymnasiums Garbsen (bei Hannover) in einem Brief im November letzten Jahres an die Hannoversche Allgemeine Zeitung schrieb: "Am meisten freue ich mich aber auf die Pausen. Dann stürmen meine Freunde und ich auf den Schulhof - wer zuerst da ist, darf drauflosbolzen. Weil wir in diesem Jahr wegen Lehrermangels noch keinen Sportunterricht hatten, finde ich es wichtig, mich wenigstens in den Pausen zu verausgaben. Nach der Schule spiele ich so oft wie möglich Golf im Verein; ich mag die Ruhe und das strategische Denken..."

Und die nicht in den Vereinen sporttreibende Schuljugend, die den Schulsport eigentlich am nötigsten hätte, hat wieder einmal das Nachsehen....


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 1-3 / 13. Januar 2009, S. 38
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Januar 2009