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GESCHICHTE/117: 1949 war auch im Sport ein Jahr des Aufbruchs zu neuen Ufern (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 7 / 10. Februar 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Deutsche Sportpolitik vor 60 Jahren
1949 war auch im Sport ein Jahr des Aufbruchs zu neuen Ufern

Von Friedrich Mevert


Das Jahr 1949 war das Jahr des Aufbruchs im Nachkriegsdeutschland, und zwar nicht nur im politischen Bereich durch die Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland aus den drei westlichen und kurze Zeit darauf der Deutschen Demokratischen Republik aus der sowjetischen Besatzungszone. Es war auch das Jahr des Aufbruchs zu neuen Strukturen im Sport in beiden deutschen Staaten. Im Bereich der Bundesrepublik wurden 1949 allein 19 Bundesfachverbände wiedergegründet, deren Gründung in dieser länderübergreifenden Form bis dahin durch die alliierten Besatzungsmächte nicht zugelassen worden war.

Parallel zur Staatsgründung liefen die letzten Vorgespräche zur dann am 24. September in Bonn erfolgten Konstituierung des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland (NOK), während Streitigkeiten personeller Art und über die Organisationsform innerhalb der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Sport (ADS) die Gründung des Deutschen Sportbundes immer wieder verzögerten, so dass diese erst am 10. Dezember 1950 in Hannover möglich wurde.

Die Gründungsserie der bundesdeutschen Spitzenverbände aber begann bereits am 5./6. Februar in Assmannshausen mit dem Deutschen Tennis-Bund. Zum Gründungspräsidenten (GP) wurde der Hannoveraner Richard Stephanus gewählt. Es folgten am 12. März in Wiesbaden der Deutsche Golf-Verband (GP Freiherr von Bissing), am 19. März in Kassel der Deutsche Kanu-Verband (GP Otto Vorberg), am 10. Juli in Stuttgart-Bad Canstatt der Deutsche Fußball-Bund (GP Dr. Peco Bauwens) und in Peine der Deutsche Schwimm-Verband (GP Bernhard Baier).

Am 17. Juli wurde der Deutsche Tischtennis-Bund in Witzenhausen aus der Taufe gehoben (GP Karl-Heinz Eckardt), am 3. September der Deutsche Rollsport-Bund in Nürnberg (GP Georg Homann), am 18. September der Deutsche Eissport-Verband in Mannheim (GP Herbert Kunze), am 1. Oktober der Deutsche Basketball-Bund in Dusseldorf (GP Dr. Siegfried Reiner) und der Deutsche Handball-Bund in Mülheim (GP Willi Daume).

Am 10. Oktober folgte der Deutsche Ski-Verband in Garmisch-Partenkirchen (GP Guy Schmidt), am 22. Oktober der Deutsche Athleten-Bund in Ludwigshafen-Friesenheim (GP Josef Hergl), am 29. Oktober der Deutsche Bob- und Schlittensportverband in Frankfurt/Main (GP Otto Griebel), am 12. November der Deutsche Leichtathletik-Verband in München (GP Dr. Max Danz) und am 26. November der Deutsche Segler-Verband in Flensburg (GP Carl Georg Gewers). Einen Tag später am 27. November - trotz des noch bestehenden Verbots des Fechtsports durch die britische Militärregierung - der Deutsche Fechter-Bund in Bonn (GP Erwin Casmir) und am 10. Dezember schließlich gleich drei Verbände: der Deutsche Ruderverband in Wetzlar (GP Dr. Walter Wülfing), der Deutsche Amateur-Boxverband in Essen (GP Georg Dietrich) und der Deutsche Hockey-Bund in Köln (GP Paul Reinberg).

Von den insgesamt 23 Gründungsmitgliedern des DSB aus dem Bereich der Fachverbände war der Bund Deutscher Radfahrer bereits 1948 ins Leben gerufen worden und wurden der Deutsche Kegler-Bund, der Deutsche Rugby-Verband und der Deutsche Turner-Bund erst 1950 gegründet.

Die Gründung des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland (NOK) erfolgte am 24. September in Bonn und war langfristig in zahlreichen Konferenzen vorbereitet worden. Nachdem die Vorgängerorganisation, der 1925 innerhalb des Deutschen Reichsausschusses für Leibesübungen (URL) berufene Deutsche Olympische Ausschuss (DAT), am 10. Oktober 1945 auf der Grundlage des Alliierten Kontrollratsgesetzes Nr. 2 aufgelöst worden war und die Direktive Nr. 23 des Kontrollrates vom 17. Dezember 1945 nur Sportorganisationen lokalen Charakters zuließ, musste ein Neuaufbau erfolgen. Bereits Ende November 1946 stellte die erste Interzonale Sportkonferenz in Frankfurt/Main im ersten von sechs verabschiedeten Leitsätzen die Gründung eines Olympischen Ausschusses als Zielsetzung vor, und schon im Juni 1947 wurde während der zweiten Frankfurter Sportkonferenz ein "Vorläufiger" Deutscher Olympischer Ausschuss gebildet. Weitere Beratungen erfolgten im Rahmen der sog. Münchner und Kölner Arbeitsausschüsse, bei der Verabschiedung der "Grundsätze für eine deutsche Sportorganisation" anlässlich der Schönberger Konferenz im August 1948 und bei der Gründung der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Sport (ADS) am 23. Oktober 1948 in Bad Homburg.

Im Ringen um die neuen Strukturen des Sports entstanden Spannungen auch insbesondere dadurch, dass einerseits Persönlichkeiten Ansprüche auf eine führende Mitwirkung einforderten, die bereits während des NS-Regimes im "Dritten Reich" die olympische Bewegung und die Sportorganisation getragen hatten, denen andererseits politisch unbelastete Sportführer mit ihren Vorstellungen gegenüberstanden, die in der NS-Zeit aus ihren Ämtern verdrängt, politisch verfolgt worden oder zum Teil ins Ausland emigriert waren. Dies führte natürlich neben den unzureichenden organisatorischen Rahmenbedingungen und den unterschiedlichen Vorbehalten der alliierten Kontrolloffiziere zu erheblichen Verzögerungen.

Weitere wesentliche Stationen im Jahr 1949 waren dann die ADS-Plenumstagung am 6. März in Mülheim, die IOC-Exekutiv-Komiteesitzung am 19./20. April in Lausanne, die Einsetzung eines "Fünfer-Ausschusses" am 18. Juni zur Vorbereitung der NOK-Gründung sowie die Deutsch-Alliierte Sportkonferenz am 16./17. Juli in Bad Schwalbach/Taunus, bei der die Vertreter der Besatzungsmächte empfahlen, die geplante Gründung des NOK erst nach der Konstituierung der Bundesrepublik vorzunehmen. Die Gründung erfolgte dann schließlich am 24. September im Festsaal des Bonner Museums König, im gleichen Gebäude, das zu diesem Zeitpunkt noch Sitz des Bundeskanzleramtes war. Der Festakt war eingebettet in die gleichzeitig stattfindende Bundesfeier der deutschen Jugend und des deutschen Sports aus Anlass der Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland.

Am 5. November 1949 fand in Köln die 1. Hauptversammlung des NOK statt, in der u. a. die Satzung erweitert, das Präsidium ergänzt und weitere Verbandsvertreter und persönliche Mitglieder aufgenommen wurden. Zwei Ausschüsse zur Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 1952 sowie ein Wirtschafts- und ein Pressegremium wurden gebildet und auf Antrag von Carl Diem ein Grundsatzbeschluss gefasst, eine Deutsche Olympische Gesellschaft zu begründen. Diese Gesellschaft sollte vor allem die Aufgabe haben, durch das Einsammeln von Spenden die olympische Arbeit zu finanzieren.

Das Jahr 1949 diente den Repräsentanten der Landessportbünde und Spitzenverbände aber auch dazu, aus der 1948 gebildeten provisorischen Dachorganisation Arbeitsgemeinschaft Deutscher Sport (ADS) nun einen umfassenden Dachverband auf demokratischer und föderalistischer Grundlage aufzubauen. Doch war dies noch ein weiter und schwieriger Weg mit zahlreichen Konferenzen, informellen Besprechungen, persönlichen Streitereien und Kontroversen, Schlichtungsbemühungen und - auch weiterhin - hemmenden Auflagen der Besatzungsbehörden. Nachdem schließlich auch die Landessportbünde der französischen Zone zu den ADS-Mitgliedern zählten, lud die ADS mit Schreiben vom 29. Dezember 1949 zur Auflösung der ADS und Gründung einer bundesdeutschen Spitzenorganisation für den 18/19. März 1950 nach Hannover ein, doch auch dieser Termin musste wiederum verschoben werden.

Bis zur endgültigen Gründung des Deutschen Sportbundes als der "Einheit in der Vielfalt" am 10. Dezember 1950 war noch ein ganzes Jahr anstrengender Bemühungen notwendig.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 7 / 10. Februar 2009, S. 34
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Februar 2009