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GESCHICHTE/138: Die Geschichte des Nationalen Olympischen Komitees - Teil 1 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 25 / 16. Juni 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Vor 60 Jahren am 18. Juni 1949 im Hause Willi Daumes in Dortmund
Die Geschichte des NOK (Teil 1)

Aufgeschrieben von Friedrich Mevert


Vor 60 Jahren - am 24. September 1949 in Bonn - wurde das Nationale Olympische Komitee - damals noch ohne den Zusatz "für Deutschland" - gegründet. Weichen dafür sind auch am 18. Juni 1949 im Hause Willi Daumes in Dortmund gestellt worden. Die DOSB PRESSE beschäftigt sich in zwei Teilen mit der Geschichte des NOK.

Der Mai und der Juni vor 60 Jahren waren nicht nur bedeutsame Monate im politischen Bereich durch den Aufbau der Strukturen des neuen demokratischen Staates Bundesrepublik Deutschland. Auch im olympischen Sport Deutschlands stand im Mai und Juni 1949 ein organisatorischer Neubeginn unmittelbar bevor, nachdem in der Folge der bedingungslosen Kapitulation des nationalsozialistischen Deutschen Reiches vom 8./9. Mai 1945 am 10. Oktober des gleichen Jahres auf der Grundlage des Alliierten Kontrollratsgesetzes Nr. 2 der Deutsche Olympische Ausschuss (DOA) aufgelöst und dann zwei Monate später mit der Direktive 23 des Alliierten Kontrollrats sogar die Auflösung aller Sportorganisationen im Nachkriegsdeutschland verfügt worden war. Doch von der lokalen über die regionale bis zur Ebene der z. T. neugebildeten Länder wurde im Rahmen der beschränkten Möglichkeiten intensiv am Wiederaufbau sportlicher Strukturen auf demokratischer Basis gearbeitet.

Bereits Ende November 1946 fand die erste Interzonale Sportkonferenz in Frankfurt/Main statt und stellte im ersten von sechs verabschiedeten Leitsätzen die Gründung eines Olympischen Ausschusses als Zielsetzung vor. Ein halbes Jahr später wurde am 7./8. Juni 1947 bei der zweiten Frankfurter Sportkonferenz schon ein "Vorläufiger" Deutscher Olympischer Ausschuss gegründet. Doch die Versuche, dadurch eine deutsche Teilnahme an den Olympischen Spielen 1948 im schweizerischen St. Moritz und in London zu erreichen, wurden zwei Wochen später bei der 40. IOC-Session vom 19. bis 21. Juni 1947 in Stockholm ebenso abgelehnt wie auch die Anerkennung dieses Vorläufigen Ausschusses.


Arbeitsgemeinschaft Deutscher Sport (APS) in Bad Homburg gegründet

Zwischenzeitlich erfolgten weitere Beratungen im Rahmen der Ausschüsse der Landessportbünde und der Fachverbände und bei der gemeinsamen Sportkonferenz dieser beiden Gremien am 28. August 1948 in Schönberg/Taunus. Dort wurden "Grundsätze für eine deutsche Sportorganisation" verabschiedet, die auch die Funktion eines Olympischen Komitees für diese neue Organisation vorsahen. Auf der Grundlage der "Schönberger Grundsätze" wurde zwei Monate später am 23. Oktober 1948 in Bad Homburg die "Arbeitsgemeinschaft Deutscher Sport" (ADS) ins Leben gerufen und als Vorsitzender dieser vorläufigen Dachorganisation für den (west-)deutschen Sport trotz eines Stimmenverhältnisses von 23:16 zugunsten der Fachverbände mit 20:19 Stimmen mit Heinz Lindner (Hessen) überraschend ein Vertreter der Landessportbünde gewählt. Willi Daume (Handball) als Sprecher der Fachverbände und Robert Henle (Ski) wurden zu Stellvertretern von Lindner ernannt.

Das künftige Ringen um die neuen Strukturen des Sports wurde natürlich durch dieses Homburger Wahlergebnis belastet. Spannungen entstanden aber insbesondere auch dadurch, dass einerseits Persönlichkeiten Ansprüche auf eine führende Mitwirkung einforderten, die bereits vor und während des NS-Regimes im "Dritten Reich" die olympische Bewegung und die Sportorganisation in Deutschland mitgetragen hatten, denen andererseits politisch unbelastete Sportführer mit ihren Vorstellungen gegenüberstanden, die in der NS-Zeit aus ihren Ämtern verdrängt, politisch verfolgt worden oder zum Teil ins Ausland emigriert waren. Dies führte natürlich neben den unzureichenden organisatorischen Rahmenbedingungen und den unterschiedlichen Vorbehalten der alliierten Kontrolloffizieren der drei Besatzungsmächte immer wieder zu Verzögerungen.

Weitere wesentliche Stationen auf dem Weg zur späteren NOK-Gründung im Jahr 1949 waren dann die zweite ADS-Tagung am 6. März in Mülheim, bei der u. a. zwar die "Wahl des geschäftsführenden Olympischen Ausschusses" auf der Tagesordnung stand, man jedoch übereinkam, nichts in dieser Frage zu unternehmen, um die Ende April 1949 in Rom bevorstehende 40. IOC-Session nicht zu präjudizieren. Dort kamen die IOC-Mitglieder dann allerdings zu der Auffassung, dass ein deutsches NOK erst nach der - bevorstehenden Gründung eines deutschen Staates anerkannt werden könne. Unmittelbar vor der Session hatte das IOC-Exekutivkomitee am 19./20. April 1949 in Lausanne aber beschlossen, den internationalen Federationen zu empfehlen, die deutschen und japanischen Fachverbände wieder als Mitglieder aufzunehmen.


Wesentliche Entscheidungen wurden in Daumes Haus in Dortmund getroffen

Wichtig war zu dieser Zeit aber vor allem eine Sitzung am 18. Juni 1949 im Privathaus von Willi Daume in Dortmund, an der neben Vertretern der ADS und der Fachverbände auch IOC-Mitglied Herzog zu Mecklenburg sowie Dr. Peco Bauwens und Dr. Carl Diem teilnahmen. Dort wurde beschlossen, ein NOK am 21. August 1949 in Düsseldorf zu bilden und ein Ausschuss mit zu Mecklenburg (Vorsitz), Diem (Geschäftsführung), Lindner, Daume und dem niedersächsischen LSB-Vorsitzenden Hünecke beauftragt, die notwendigen Vorbereitungen zu treffen. Bei der folgenden deutsch-alliierten Sportkonferenz am 16./17. Juli in Bad Schwalbach/Taunus empfahlen dann die alliierten Sportoffiziere den deutschen Verantwortlichen jedoch, die Gründung des NOK erst nach der formellen Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland vorzunehmen.


Die NOK-Gründung am 24. September 1949 in Bonn

Die Gründung des NOK erfolgte schließlich nach mehreren weiteren Beratungen am 24. September 1949 im Festsaal des Bonner Museums König, im gleichen Gebäude, das zu diesem Zeitpunkt noch Sitz des neuen Bundeskanzleramtes war. Der Festakt war eingebettet in die gleichzeitig stattfindende "Bundesfeier der deutschen Jugend und des deutschen Sports" aus Anlass der Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland. Diese war in den Wochen zuvor mit den Wahlen zum ersten Deutschen Bundestag am 14. August, mit der feierlichen Eröffnung der beiden gesetzgebenden Organe Bundesrat und Bundestag am 7. September, mit der Wahl von Theodor Heuss zum Bundespräsidenten am 12. September und der von Konrad Adenauer zum Bundeskanzler am 15. September erfolgt.

Zum ersten Präsidenten des Nationalen Olympischen Komitees, das sich erst später den Zusatz "für Deutschland" gab, wurde der damals 76jährige Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg-Schwerin gewählt, ehemaliger Gouverneur der früheren deutschen Kolonie Togo von 1912 bis 1914, Offizier der Kavallerie und Mitglied des IOC bereits seit 1926. Zu Vizepräsidenten berufen wurden Dr. Peco Bauwens (Deutscher Fußball-Bund) und Dr. Max Danz (Deutscher Leichtathletik-Verband), zum Schriftführer Prof. Dr. Carl Diem (Sporthochschule Köln) und zum Schatzmeister Willi Daume (Deutscher Handball-Bund).

Sechs Wochen nach der Gründung des NOK fand bereits am 5. November 1949 in Köln die erste Hauptversammlung statt, in der u. a. die Satzung erweitert, das Präsidium ergänzt und weitere Verbandsvertreter und Persönliche Mitglieder aufgenommen wurden. Zwei Ausschüsse für die Sommer- und die Wintersportarten zur Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 1952 sowie ein Wirtschafts- und ein Presseausschuss wurden gebildet und ein Grundsatzbeschluss gefasst, eine Deutsche Olympische Gesellschaft zu begründen. Diese Gesellschaft sollte vor allem die Aufgabe haben, für den olympischen Gedanken in der Bevölkerung zu werben und durch das Einsammeln von Spenden die olympische Arbeit und die Kosten der Entsendung der deutschen Olympiamannschaften zu finanzieren. Noch im November beantragten Herzog von Mecklenburg und Carl Diem für das NOK offiziell beim IOC die Anerkennung des neugegründeten deutschen NOK bei der folgenden 44. IOC-Session im Mai 1950 in Kopenhagen.


Das Ringen um die Anerkennung durch das IOC

In der dänischen Hauptstadt erfolgte 1950 zunächst aber nur eine "provisorische Anerkennung" des deutschen NOK, dagegen wurde das kurz zuvor gegründete NOK des damals noch autonomen Saarlandes voll anerkannt. Eine deutsche Delegation wurde zur nächsten Sitzung des IOC-Exekutivkomitees für Ende August nach Lausanne eingeladen, um über eine zukünftige Teilnahme Deutschlands an den Olympischen Spielen zu beraten. Die NOK-Delegation drückte dort mit folgender Erklärung das Bedauern des deutschen Sports über die Grausamkeiten des NS-Regimes aus: "Die deutsche Sportjugend missbilligt zutiefst die von den Verbrechern des Nazi-Regimes begangenen Grausamkeiten, die fast über die ganze Welt so viel Leid gebracht haben. Sie drückt hiermit ihr tiefes Bedauern darüber aus. Sie hofft, dass es ihr bald gestattet wird, sich mit der Sportjugend der ganzen Welt zu vereinen, um beweisen zu können, dass sie willens ist, mitzuarbeiten am Aufbau des Friedens, dem die Bemühungen des Wohltäters der Menschheit, Baron Pierre de Coubertin, vor allem galten."

Das IOC-Exekutivkomitee empfahl nach eingehender Beratung, das deutsche NOK während der nächsten IOC-Session 1951 in Wien endgültig anzuerkennen und Deutschland zwar zu den Olympischen Sommerspielen 1952 nach Helsinki, noch nicht aber zu den Winterspielen im gleichen Jahr nach Oslo einzuladen. An der NOK-Präsidialsitzung am 12. Juli 1950 in Königswinter hatte erstmals auch Dr. Karl Ritter von Halt teilgenommen, der erst Anfang des Jahres aus einem russischen Lager entlassen worden war, und schaltete sich in seiner Funktion als IOC-Mitglied nun wieder in die NOK-Arbeit ein.

Mit wichtigen Entscheidungen begann das vorolympische Jahr 1951. Am 5. Januar wurde im Frankfurter Senckenberg-Museum die Deutsche Olympische Gesellschaft (DOG) gegründet und der 39jährige Industrielle Georg von Opel, siebenfacher Deutscher Rudermeister und 2. Vorsitzender des Deutschen Ruderverbandes, zum ersten DOG-Präsidenten gewählt. Einen Tag später - am 6. Januar 1951 - gab es bei der NOK-Mitgliederversammlung - ebenfalls in Frankfurt/ Main - dann auch den erwarteten Führungswechsel. Herzog zu Mecklenburg trat zurück und wurde zum Ehrenpräsidenten ernannt; das Amt des NOK-Präsidenten übernahm der 60jährige Dr. von Halt. Im anderen Teil Deutschlands wurde am 22. April 1951 im Roten Rathaus im Ostsektor Berlins das NOK der Deutschen Demokratischen Republik gegründet und der aus Hamburg stammende ehemalige Leichtathlet Kurt Edel zum Vorsitzenden gewählt.

Bei der 45. IOC-Session vom 7. bis 9. Mai 1951 wurde das NOK der Bundesrepublik dann endgültig anerkannt, der Antrag des NOK der DDR jedoch abgelehnt. An beide deutschen NOKs erging eine Aufforderung des IOC, über die Bildung eines gemeinsamen Komitees und die Entsendung einer gemeinsamen Mannschaft zu den Olympischen Spielen 1952 umgehend zu verhandeln. Schon zwei Wochen später wurde in Lausanne am 22. Mai 1951 eine Vereinbarung über die Teilnahme einer gemeinsamen Mannschaft und die Anerkennung nur eines Komitees für Deutschland unterzeichnet. Dieses Ergebnis wurde in der DDR scharf kritisiert und die ostdeutsche Delegation von Walter Ulbricht gerügt. Daraufhin erklärte die NOK-Mitgliederversammlung der DDR am 2. September die Lausanner Vereinbarung für nichtig und berief mit Helmut Behrendt einen neuen Generalsekretär. Dagegen stimmte in der Bundesrepublik die NOK-Mitgliederversammlung am 17. November 1951 in Kassel einer entsprechenden Entschließung ausdrücklich zu. Zwei Verhandlungen im November 1951 zwischen Vertretern beider NOKs in Kassel und Hannover blieben ohne Ergebnis. Daraufhin stellte das NOK der DDR erneut einen Antrag auf Anerkennung an das IOC.


Olympischer Neubeginn in Oslo und Helsinki

Das Olympiajahr 1952 wurde vom deutschen Sport am 2. und 3. Februar mit einer gemeinsamen Veranstaltung von DSB und NOK unter dem Titel "Olympia ruft" in der Dortmunder Westfalenhalle eröffnet. Vorangegangen waren Ausscheidungskämpfe im Rahmen der VII. Internationalen Wintersportwoche in Garmisch-Partenkirchen, an denen jedoch keine ostdeutschen Sportler teilnahmen und sich damit die Startmöglichkeit in Oslo vergaben. Die Teilnahme einer eigenen DDR-Mannschaft hatte das norwegische Organisationskomitee unter Hinweis auf das einzig anerkannte bundesdeutsche NOK abgelehnt.

53 bundesdeutsche Sportlerinnen und Sportler nahmen schließlich an den VI. Olympischen Winterspielen in der norwegischen Hauptstadt teil, wobei Ria und Paul Falk die Goldmedaille im Eiskunstlaufen bei den Paaren gewannen und die schwergewichtigen deutschen Bobs mit Anderl Ostler an der Spitze sowohl im Zweier wie im Vierer klar dominierten. Ein 205-köpfiges Team nahm vom 19. Juli bis 5. August an den XV. Sommerspielen in Helsinki teil. Die Mannschaft kehrte zwar ohne Goldmedaille, aber mit sieben Silber- und 17 Bronzemedaillen aus der finnischen Hauptstadt heim. In Helsinki startete als zweite deutsche Mannschaft erst- und einmalig eine selbständige Mannschaft des Saarlandes, die bei der Eröffnungsfeier unmittelbar neben dem deutschen Team plaziert war. Die Reintegration Deutschlands in die Olympische Bewegung war auf sportlicher wie auf sportpolitischer Ebene gelungen.

Wesentliche Daten aus den folgenden 50er-Jahren sind dann der 26. Februar 1955, an dem der 42jährige Leipziger Verleger Heinz Schöbel zum neuen NOK-Präsidenten der DDR gewählt wurde und der Juni des gleichen Jahres, in dem bei der 50. IOC-Session in Paris das NOK der DDR vorläufig unter der Bedingung anerkannt wurde, dass bei den Olympischen Spielen des Jahres 1956 gesamtdeutsche Mannschaften an den Start gehen. Über deren Bildung begannen am 27./28. August 1955 die im Ergebnis erfolgreichen Gespräche zwischen den beiden NOKs. Vom 26. Januar bis 5. Februar 1956 in Cortina d'Ampezzo und vom 22. November bis zum 8. Dezember 1956 im australischen Melbourne starteten dann sowohl bei den Winter- wie den Sommerspielen gemeinsame Mannschaften aus beiden deutschen Staaten. Entscheidend für die Nominierung war das Leistungsprinzip. Die gesonderten Olympischen Reiterspiele 1956 in Stockholm - mit den großartigen Erfolgen von Hans Günter Winkler auf Halla und Fritz Thiedemann auf Meteor - wurden nur von bundesdeutschen Sportlern bestritten.


Willi Daume wurde 1956 in Melbourne Mitglied des IOC

Bei der 53. IOC-Session im November 1956 in Melbourne wurde Willi Daume (in Abwesenheit) zum Mitglied des IOC gewählt und der Herzog zu Mecklenburg zum Ehrenmitglied ernannt. Mit der Auflösung des Saarländischen NOK am 20. September 1956 und der Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik am 1. Januar 1957 übernahm das NOK für Deutschland nun auch die Zuständigkeit für dieses neue Bundesland.

Vom 25. bis 28. Mai 1959 war Deutschland mit der 56. IOC-Session in München dann erstmalig nach dem 2. Weltkrieg Gastgeber für die "olympische Familie". Es gab zur Freude von Ritter von Halt einen Teilnahmerekord: 53 von 60 IOC-Mitgliedern waren in der bayerischen Landeshauptstadt erschienen, und auch die Weltfachverbände waren fast vollständig vertreten. Innsbruck für die Winterspiele und Tokio für die Sommerspiele 1964 gewannen gleich im ersten Durchgang vor ihren Konkurrenten. Mit der Münchner Konferenz aber begann Willi Daumes Aufstieg auf dem olympischen Parkett.

Zahlreiche Ost-West-Verhandlungen im Jahr 1959 sowohl in der Bundesrepublik wie in der DDR galten der Aufstellung und Entsendung der gesamtdeutschen Mannschaft zu den Olympischen Spielen 1960 in Squaw Valley und Rom. Dabei zeigte sich IOC-Präsident Avery Brundage als ein hartnäckiger Verfechter deutscher Gemeinsamkeiten und widersetzte sich energisch dem DDR-Wunsch nach einer eigenen Mannschaft. Die Beethoven-Hymne ("Freude schöner Götterfunken") für Siegerehrungen und die Schwarz-rot-goldene Flagge mit den weißen olympischen Ringen in der Mitte stellten die Kompromisslösungen für die gemeinsamen Teams dar, - die übrigens bei Bundeskanzler Dr. Adenauer und der Bundesregierung auf heftige Kritik und Ablehnung stießen.


Großartige Erfolge in Squaw Valley und Rom 1960

Bei den VII. Olympischen Winterspielen vom 18. bis 28. Februar 1960 in Squaw Valley in der kalifornischen Sierra Nevada gab es großartige Erfolge für die gesamtdeutsche Mannschaft. Insgesamt vier deutsche Goldmedaillen teilten die Bundesdeutschen (Heidi Biebl und Jörg Thoma) und die Ostdeutschen (Helga Haase und Helmut Recknagel) paritätisch untereinander auf und lagen - nach der UdSSR - in der Medaillenwertung auf dem zweiten Platz noch vor der gastgebenden USA und den skandinavischen Wintersportnationen.

Für die Olympischen Sommerspiele vom 25. August bis 11. September 1960 in Rom, die die Italiener meisterlich als moderne Spiele im antiken Rahmen ausrichteten, war die gesamtdeutsche Mannschaft in kräftezehrenden Ost-West-Ausscheidungen ermittelt worden. Die deutschen Erfolge wurden überstrahlt vom 100 m-Sieg von Armin Hary und der Goldmedaille der 4 x 100 m-Staffel. Am 4. Februar 1961 wurde Willi Daume - seit Dezember 1950 bereits DSB-Präsident - auch zum NOK-Präsidenten gewählt und Ritter von Halt zum Ehrenpräsidenten ernannt.


Die 60. IOC-Session 1965 in Baden-Baden

Einen der Höhepunkte der deutschen Sportgeschichte bildete die 60. IOC-Session, die das NOK für Deutschland unter Daumes Führung vom 14. bis 20. Oktober 1965 in Baden-Baden ausrichtete. Zu den wichtigsten Ergebnissen des inhaltlich wie organisatorisch glänzend vorbereiteten Kongresses zählten u. a. die Wahl von Mexico-City als Austragungsort der Olympischen Sommerspiele 1968, die Bestätigung der gesamtdeutschen Mannschaften für Innsbruck und Tokio 1964, die Aufnahme neuer IOC-Mitglieder und die Anerkennung weiterer NOKs, die Beibehaltung der Nationalhymnen bei Olympischen Siegerehrungen, die Zulassung Nordkoreas zu den Olympischen Spielen und die Verleihung von Olympischen Diplomen, darunter auch an den deutschen Schriftsteller Rudolf Hagelstange. Abgelehnt wurde in Baden-Baden der sowjetische Antrag auf offizielle Anerkennung des NOK der DDR ebenso wie die Bildung einer eigenen DDR-Mannschaft für die kommenden Olympischen Spiele und der Antrag, dem Atomstop-Abkommen beizutreten.

Sowohl bei den IX. Olympischen Winterspielen vom 29. Januar bis 9. Februar 1964 in Innsbruck wie auch bei den XVIII. Olympischen Sommerspielen vom 10. bis 24. Oktober 1964 in Tokio gingen noch gesamtdeutsche Mannschaften an den Start, in der japanischen Hauptstadt dann aber letztmalig für die nächsten 28 Jahre. Ein Jahr später erkannte die 64. IOC-Session im Oktober 1965 in Madrid das NOK der DDR nämlich unter der Bedingung an, dass bei den folgenden Winter- und Sommerspielen 1968 in Grenoble bzw. Mexico-City beide deutschen Mannschaften mit gemeinsamer Flagge, gemeinsamer Hymne und gemeinsamen Emblem starten sollten.


München erhält die Olympischen Spiele 1972

Ende Oktober 1965 unterbreitete Willi Daume - etwas überraschend - dem damaligen Münchner Oberbürgermeister Dr. Hans-Jochen Vogel seine Idee, dass sich München um die Olympischen Spiele 1972 bewerben solle. Dann ging alles sehr schnell: Am 30. Dezember 1965 reichte die Stadt München ihre Bewerbungsunterlagen beim IOC ein, und bei der 64. IOC-Session vom 25. bis 28. April 1966 in Rom wurde die bayerische Landeshauptstadt auch zum Austragungsort für die Sommerspiele 1972 ausgewählt. Gleichzeitig wurden mit Dr. Georg von Opel und Dr. Heinz Schöbel (DDR) zwei neue deutsche Mitglieder in das IOC aufgenommen.

Bereits am 3. Juli 1966 wurde das Organisationskomitee für die Münchner Spiele gegründet und Willi Daume zum Präsidenten gewählt. Zum OK-Generalsekretär wurde Rechtsanwalt Herbert Kunze, damals Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Banken in Köln und ehrenamtlich Präsident des Deutschen Eissport-Verbandes und Schatzmeister des Deutschen Sportbundes, berufen. Nicht zuletzt auch zur langfristigen Vorbereitung auf diese Spiele im eigenen Land wurde am 26. Mai 1967 von DSB und DOG die Stiftung Deutsche Sporthilfe (DSH) begründet und Josef Neckermann zum Vorsitzenden gewonnen.

Am 6. Februar 1968 trat bei den X. Olympischen Winterspielen im französischen Grenoble erstmals eine selbständige Olympiamannschaft der DDR an, verursachte aber bei den Rodelwettbewerben gleich erhebliche Missklänge, da die erfolgreichen DDR-Rodlerinnen disqualifiziert werden mussten, weil sie - verbotenerweise - mit erhitzten Kufen gefahren waren. Vom 12. bis 27. Oktober 1968 durfte in Mexico-City eine selbständige DDR-Mannschaft dann erstmalig auch bei Olympischen Sommerspielen an den Start gehen. Bei der vorangegangenen

68. IOC-Session war zuvor beschlossen worden, das NOK der DDR nunmehr als selbständiges Mitglied im IOC zu führen. In der Bundesrepublik stand die Arbeit des NOK sowie des Organisationskomitees mit dem Vorstand und seinen beratenden Ausschüssen ganz unter dem Zeichen der Vorbereitung der Münchner Spiele. Mit Wirkung vom 1. Januar 1970 wurde Walther Tröger zum hauptamtlichen Generalsekretär des NOK für Deutschland berufen, die Zeitschrift "Olympisches Feuer" der DOG wurde nun auch offizielles Organ des NOK, und in München wurde als Gesellschaft zum Unterhalt und Betrieb der Olympiaanlagen die spätere Olympiapark GmbH gegründet.

Bei den XI. Olympischen Winterspielen im japanischen Sapporo traten nun zwei deutsche Mannschaften aus der Bundesrepublik und der DDR mit jeweils eigenen Fahnen, Emblemen und Hymnen an, die mit vier (Ost) bzw. drei (West) Goldmedaillen zu den erfolgreichsten Teams dieser Spiele zählten. Im Rahmen der 72. IOC-Session in Sapporo wurde mit Berthold Beitz ein weiterer Deutscher in das IOC gewählt.


Heitere Spiele 1972 - vom Terroranschlag überschattet

Es sollten heitere Spiele werden, Spiele in einer großartig gestalteten olympischen Landschaft der kurzen Wege auf dem Münchner Oberwiesenfeld; Spiele, die mit einer fröhlich-beschwingten Eröffnungsfeier und einem farbenprächtigen Einmarsch zu Volksweisen aus den teilnehmenden Ländern begannen - und doch wurden es auch Spiele unter einem bedrückenden politischen Einfluss. Nach einer Boykottdrohung der schwarzafrikanischen Staaten beschloss das IOC nur vier Tage vor Beginn der Spiele, die Mannschaft Rhodesiens von der Teilnahme auszuschließen. Den schwärzesten Tag in der olympischen Geschichte erlebte München am 5. September, als palästinensische Freischärler das Quartier der israelischen Mannschaft im Olympischen Dorf überfielen, um die Freilassung arabischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen zu erpressen. Bei dem gescheiterten Befreiungsversuch auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck starben fünf Terroristen, ein Polizist und alle neun Geiseln.

Die XX. Olympischen Sommerspiele vom 26. August bis 11. September 1972 setzten viele neue Akzente. Mehr als 10.000 Teilnehmer - davon 7.147 aktive Sportlerinnen und Sportler - aus 122 Ländern brachten einen bis dahin nie erreichten Beteiligungsrekord. Die hervorragenden Anlagen, das gute Wetter und viele andere Faktoren ermöglichten eine Leistungsexplosion, die es bisher noch nicht gegeben hatte. Ein Kunstprogramm "Olympischer Sommer" umrahmte die sportlichen Spiele mit kulturellen Veranstaltungen von großartiger Vielfalt.

Die ergreifende Schlussfeier am 11. September brachte auch den Abschied von einem Mann, einem Sportführer, dem die olympische Bewegung über Jahrzehnte viel zu danken hatte. "Thank you, Avery Brundage" leuchtete es in der Dunkelheit auf der Anzeigentafel, nachdem das Olympische Feuer erloschen und die Olympische Flagge aus dem Olympiastadion herausgetragen worden war. Dank für das bis dahin schönste Olympiafest aller Zeit galt aber auch Willi Daume, der als geistiger Vater und Organisator die Spiele von München geprägt hatte. Willi Daume war bereits in der 73. IOC-Session vor Beginn der Münchner Spiele in Anerkennung seiner Leistungen zum Vizepräsidenten des IOC gewählt worden.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 25 / 16. Juni 2009 , S. 31-39
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juli 2009