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GESCHICHTE/144: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 40 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 28 / 7. Juli 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1961/II: Vorschläge des DSB zu den "Empfehlungen zur Förderung der Leibeserziehung in den Schulen"
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 40)

Eine Serie von Friedrich Mevert


Am 29. April 1955 fand in Koblenz die erste Konferenz zur Förderung des Schulsports mit den Kultusministern der Länder, den kommunalen - Spitzenverbänden und dem DSB statt, bei der vier Arbeitskreise berufen wurden, die Vorschläge zur Förderung der Leibeserziehung in den Schulen ausarbeiten sollten. Diese Vorschläge wurden als gemeinsame "Empfehlungen zur Förderung der Leibeserziehung in den Schulen" am 24. September 1956 vom Präsidenten der Kultusministerkonferenz, Minister Simpfendörfer, vor der Bundespressekonferenz in Bonn der Öffentlichkeit übergeben.

Am 15. Juni 1961 - also knapp fünf Jahre später - fand dann in Bad Dürkheim die nächste gemeinsame Tagung statt, weil alle Seiten den Eindruck hatten, dass die bisher erzielten Fortschritte nur unbefriedigend waren: Nachdem Willi Daume dort in einem Grundsatzreferat die Probleme des Schulsports klar angesprochen und die Vorstellungen des DSB dazu vorgetragen hatte, erklärte sich die KMK bereit, einen paritätisch besetzten Ausschuss zu bilden, der baldmöglichst praxisnahe und realisierbare Vorschläge zur Verbesserung der Situation ausarbeiten sollte.

Dr. Franz Lotz, der Vorsitzende des Deutschen Sportbeirats des DSB, informierte in den DSB-Mitteilungen über die in Bad Dürkheim von den DSB-Vertretern Willi Daume, Prof. Dr. L. Mester und Prof. Dr. H. E. Bock vorgetragenen Argumente, um auch der Öffentlichkeit über den damaligen Stand und die laufenden Bemühungen des DSB Kenntnis zu geben:

"In seinen Bemühungen um die Förderung der Leibesübungen im deutschen Volke hat der Deutsche Sportbund als Sprecher der gesamten Turn- und Sportbewegung immer wieder den angemessenen Einbau der Leibeserziehung in den Rahmen der Schule mit als sein wichtigstes Anliegen herausgestellt und in diesem Sinne den zuständigen Organen der Staats- und Kommunalverwaltung seine Mithilfe angeboten. Nach dem große Unruhe erweckenden Bericht über den Stand der schulischen Leibeserziehung in Deutschland durch G. von Mengden in Wuppertal 1953 richtete der Präsident des Deutschen Sportbundes in Berlin 1954 einen Appell an die Kultusminister der Länder, gemeinsam nach Wegen zu suchen, wie den offensichtlichen Mängeln der schulischen Leibeserziehung abgeholfen werden könnte.

In Übereinkunft zwischen der Ständigen Konferenz der Kultusminister, den kommunalen Spitzenverbänden und dem Deutschen Sportbund wurden 1955 Arbeitskreise mit dem Auftrag berufen, Vorschläge für die Förderung der Leibeserziehung in den Schulen auszuarbeiten. Das Ergebnis dieser Beratungen waren die am 24. September 1956 bekanntgegebenen "Empfehlungen zur Förderung der Leibeserziehung in den Schulen". Von diesen durch alle Kultusminister bejahten Richtlinien sind im Laufe der Jahre nachhaltige Impulse zur vermehrten Errichtung von Übungsstätten und für einen verstärkten Zugang zum Studium der Leibeserziehung ausgegangen.

Eine vom Arbeitskreis III des Deutschen Sportbeirats drei Jahre später im gesamten Bundesgebiet durchgeführte Erhebung ergab eindeutig, daß die gemeinsamen Bemühungen der Kultusminister und des Deutschen Sportbundes nicht vergeblich gewesen waren, sondern durchweg zu einer Intensivierung der Anstrengungen geführt hatten. Das Ergebnis dieser Untersuchungen wurde in dem Berichtsheft "Die Auswirkungen der fehlungen zur Förderung der Leibeserziehung in den Schulen" den Staats- und Gemeindebehörden wie der Öffentlichkeit mitgeteilt.

Die Erhebung von 1959, die sich mit der zahlenmäßigen Berücksichtigung der Leibeserziehung in den Stundenplänen der verschiedenen Schulgattungen, mit dem Übungsstättenbau, mit der Ausbildung der Lehrkräfte für Volks- und Höhere Schulen und mit der Stellung des Faches Leibeserziehung an den Universitäten befaßt, hatte aber auch ergeben, daß in einzelnen Bereichen des Bildungswesens für die Sache der Leibeserziehung nur sehr wenig oder gar nichts geschehen war. Diese Feststellung war für den Präsidenten des Deutschen Sportbundes der Anlaß, beim Bundestag in Düsseldorf 1960 die Bitte an die Kultusministerkonferenz zu richten, im Interesse der heranwachsenden Jugend das Gespräch über die schulische Leibeserziehung fortzusetzen.

Die Kultusminister der Länder nahmen diese Anregung auf und luden die Delegation des Deutschen Sportbundes zu einer Besprechung im Rahmen ihrer 83. Tagung am 15. Juni 1961 in Bad Dürkheim ein. Bei dieser Gelegenheit sollten all die Probleme erörtert werden, die 1956 bei der Ausarbeitung der "Empfehlungen" noch nicht bzw. unzureichend geklärt worden waren und, wie die Erfahrungen in der Zwischenzeit gezeigt hatten, einer weiteren Behandlung bedürfen. Die Auffassungen und Vorschläge des Deutschen Sportbundes wurden in Bad Dürkheim von W. Daume, Prof. Dr. L. Mester und Prof. Dr. H. E. Bock vorgetragen. Die an diese Darlegungen anschließende Aussprache, die auf beiden Seiten freimütig und offen geführt wurde, brachte erneut die gemeinsame Überzeugung zum Ausdruck, daß die Leibeserziehung unabdingbarer Wesensbestandteil der Gesamterziehung ist.

Die bei der Tagung der Kultusminister eingeleitete Erörterung der drängenden Probleme der schulischen Leibeserziehung wird unter Hinzuziehung von Vertretern des Deutschen Sportbundes von einer Arbeitsgruppe des Schulausschusses der Ständigen Konferenz der Kultusminister fortgesetzt werden. Ihre Aufgabe wird es sein, Lösungen für die noch bestehenden Schwierigkeiten vorzuschlagen. Der gute Geist und das gegenseitige Verständnis, die der Besprechung in Bad Dürkheim das Gepräge gegeben haben, lassen berechtigt einen erfolgreichen Verlauf dieser Beratungen erwarten. Die Veröffentlichung der Referate dient dem Zweck, alle zuständigen und interessierten Kreise über den augenblicklichen Stand der Bemühungen um die Förderung der schulischen Leibeserziehung zu unterrichten."


Erste NOK-Sitzung unter Willi Daumes Leitung

Die Festlegung des in Squaw Valley und Rom gewonnenen Ansehens des deutschen Sports in der Welt, die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 1964, sowie der Problemkreis der menschlichen Betreuung der Athleten und des Amateurstatuts werden die Schwerpunkte der Arbeit des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland in der nächsten Zeit bilden. Diese in der Wiesbadener Vollversammlung bereits aufgeworfenen Fragen standen auch im Mittelpunkt der ersten Präsidialsitzung unter Leitung von Willi Daume, der am 4. Februar als Nachfolger von Ritter von Halt zum NOK-Präsidenten gewählt worden war.

Die Arbeitsweise des NOK wird intensiviert. Um eine verbesserte Leistungsförderung zu erreichen, wurde ein Technischer Ausschuß gebildet, für den Prof. Dr. Carl Diem (Vorsitzender), Gerhard Stock (Stellvertreter), Karl Adam, Dettmar Cramer, Waldemar Gerschier, Josef Hergl, Toni Nett, Prof. Dr. Josef Nöcker, Dr. Fred Stober und Dr. Berno Wischmann um ihre Mitarbeit gebeten worden sind. Es ist daran gedacht, die Arbeit zur Leistungsverbesserung überfachlich zusammenzufassen und die Verbindung mit den wichtigsten ausländischen Sportzentren zum Austausch von Erfahrungen zu verstärken.


Nur Aktive mit Willenskraft und Charakter

Das NOK bereitet die Einrichtung einer Stiftung vor, in der namhafte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, der Kultur, der Wirtschaft und der deutschen Turn- und Sportbewegung zusammen arbeiten sollen. Die Stiftung hat die Aufgabe, unseren Spitzensportlern menschliche Hilfe und Betreuung zu geben, vorausgesetzt, daß der Aktive durch den Einsatz der eigenen Willenskraft und durch seinen Charakter bewiesen hat, daß er einer entsprechenden Förderung würdig ist. Durch diese Stiftung glaubt das NOK, nicht nur den Sport von manchen Belastungen moralischer Art befreien, sondern auch der Lösung der Amateurfrage ein Stück näherkommen zu können.

Im Hinblick auf die Absicht des IOC, das olympische Amateurstatut zu ändern, wird im Bereich unseres NOK eine Amateurkommission gebildet, für die Dr. Ritter von Halt (München) als Vorsitzender, Dr. Peco Bauwens (Köln), Bundespräses Msgr. Willy Bokler (Düsseldorf), Dr. Max Danz (Kassel), Guido von Mengden (Frankfurt), Amtsgerichtsdirektor Dr. Schmitz (Köln), Dr. Fred Stober (Freiburg), Dr. Fritz Walter (Stuttgart) und Wolfgang Wünsche (Köln) in Aussicht genommen worden sind.


Vorbereitungen für Olympia laufen

"Die inzwischen angelaufenen Vorbereitungen für die Übergabefeier des freigelegten antiken Stadions von Olympia am 22./23. Juni wurden gutgeheißen - auch die für die Olympische Akademie, zu der bereits alle Nationalen Olympischen Komitees der Welt um die Entsendung eines Studenten gebeten und zehn weltbekannte Sportpädagogen eingeladen worden sind.

Das Präsidium beschloß eine Reihe von organisatorischen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Verlegung der Geschäftsstelle von München nach Frankfurt, der Öffentlichkeitsarbeit, der Förderung der schönen Künste, der Mittelbeschaffung und der zukünftigen Arbeitsweise des NOK. Auf Grund des in Wiesbaden geäußerten allgemeinen Wunsches entschied sich das Präsidium weiterhin, die Arbeit auf eine breitere Basis zu stellen und die olympischen Fachverbände schon am 3. Juni nach Garmisch-Partenkirchen zu einer Arbeitstagung einzuberufen, bei der die olympische Leistungsförderung im Mittelpunkt stehen soll."

(Kommunique des NOK-Präsidialsitzung vom 4. März 1961 in Dortmund)


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 28 / 7. Juli 2009, S. 29-31
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juli 2009