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GESCHICHTE/154: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 45 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 34 / 18. August 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1962/IV: Auch der Deutsche Bundesjugendring (DBJR) begrüßte den "Zweiten Weg des deutschen Sports"
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 45)

Eine Serie von Friedrich Mevert


Hauptthema der 26. Vollversammlung des Deutschen Bundesjugendringes (DBJR) am 1. Dezember in Höchst (Odenwald) war der "Zweite Weg des deutschen Sports und seine Konsequenzen für die Arbeit der Jugendverbände". In einer Resolution begrüßten die Mitgliedsverbände des Bundesjugendringes die vom Deutschen Sportbund (DSB) ergriffene Initiative, erkannten die Leibeserziehung als einen unentbehrlichen Teil der Lebenshilfe für junge Menschen an, sicherten eine Überprüfung der bisher nicht ausreichenden sportlichen Angebote in ihren Verbänden zu und riefen ihre Mitglieder zum Erwerb des Sportabzeichens und zur Teilnahme an den Bundesjugendspielen auf. Die DSJ sagte ihrerseits Hilfe und Unterstützung zu, vor allen Dingen bei der Ausbildung von Übungsleitern.

Nach den einführenden Referaten von Prälat Willy Bokler und Jürgen Palm (DSB) heißt es im Protokoll des DBJR über die Diskussion folgendermaßen:

"Der Vorsitzende des DBJR leitete die Diskussion mit der Überlegung ein, daß man aus der Fülle der Fragen zunächst behandeln sollte, ob der Sport als integrierender Bestandteil der Jugendarbeit betrachtet würde, um dann zu diskutieren, wie die Verbände an einer Realisierung des iten Weges" mitwirken könnten."

Dr. Raabe (BDKJ) betrachtete die Aufnahme des Themas Sport im Bundesjugendring als einen "historischen Augenblick". Wenn man die Frage nach der Stellung des Sports in unserem pädagogischen System stellten und die Möglichkeiten prüfe, die Stellung des Sports zu verbessern, so gebe es zunächst einmal eine Menge hindernder Vorschriften. Es sollte unbedingt versucht werden, diese hindernden Vorschriften abzubauen. Die "Sportliche Begegnung" sollte als fester Programmpunkt der Jugendverbandsarbeit gelten.

J. Zeigert (CVJM) schlug als Beispiel zum Abbau solcher hindernden Vorschriften die Mitwirkung von Gruppen der Verbände an den Spielrunden vor oder etwa die Durchführung von Wettbewerben und gemeinschaftlichen Veranstaltungen. Zum Referat stellte er die Frage, wie man sich die Zusammenarbeit der Verbände gedacht habe. Im übrigen solle sich die Verwirklichung des "Zweiten Weges" nicht allein auf den Deutschen Sportbund beschränken, sie müsse vielmehr in Zusammenarbeit mit allen Verbänden unter Führung des Sportbundes erfolgen.

S. Kottwitz, Deutsche Jugend des Ostens (DJO), teilte mit, daß der Sport schon lange ein schwerpunktmäßiger Bestandteil der Arbeit seines Verbandes sei, und dass darüber hinaus Bemühungen zur Breitenarbeit liefen. Er wies dabei auf die Bundesspiele der DJO hin. Die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Sportbund lasse nichts zu wünschen übrig.


Die Vollversammlung verabschiedete abschließend folgende Erklärung:

"Der Deutsche Bundesjugendring hat sich in seiner 26. Vollversammlung am 30. November und 1. Dezember 1962 mit dem Thema "Der Zweite Weg des deutschen Sports und seine Konsequenzen für die Arbeit der Jugendverbände" beschäftigt. Der Zweite Weg des deutschen Sports wird für alle altersentsprechende und neigungsgemäße Formen der Leibesübungen ermöglichen. Er tritt damit neben die herkömmlichen Arten des Wettkampf- und Leistungssports.

Der Deutsche Bundesjugendring begrüßt diese Initiative des deutschen Sports und stellt folgendes fest:

In der modernen Gesellschaft besteht die Gefahr, daß der Mensch und insbesondere der Jugendliche nur in Teilfunktionen eingespannt wird und sich nicht in allen Lebensbereichen entfalten kann. In dieser Situation liegt eine ernste Gefährdung auch der leiblichen Existenz des Menschen. Daher ist Leibeserziehung einer der unentbehrlichen Teile der Lebenshilfe für junge Menschen unserer Zeit. Neben den Schulen und den Sportorganisationen haben die Jugendverbände in vielfältiger Weise Spiel und Sport in ihre Arbeit einbezogen. Es gilt aber zu prüfen, ob die bisherigen Formen und das Ausmaß der bei ihnen betriebenen Leibesübungen ausreichen, der aufgetretenen Gefährdung wirksam zu begegnen. Die Vollversammlung beauftragt den Geschäftsführenden Ausschuß, die in der Debatte zusammengetragenen Vorschläge zu konkreten Empfehlungen für die Verbesserung der praktischen Arbeit der Jugendverbände auszuarbeiten.

Schon heute rufen die Verbände des Deutschen Bundesjugendringes ihre Mitglieder auf, das Deutsche Sportabzeichen zu erwerben und an den alljährlichen Bundesjugendspielen teilzunehmen. Die Deutsche Sportjugend wird mit den anderen Jugendverbänden zusammenarbeiten und alle ihr mögliche Hilfe und Unterstützung leisten. Das gilt insbesondere für die Ausbildung von Übungsleitern. Der Deutsche Bundesjugendring hält es für unerläßlich, daß die erforderlichen Einrichtungen und Geräte den Gruppen seiner Mitgliedsverbände zur Verfügung gestellt werden und daß die Vereine der deutschen Turn- und Sportbewegung die Bestrebungen der Jugendverbände im Sinne des Zweiten Weges nach Kräften unterstützen.

Damit jedoch Leibesübungen und Leibeserziehung ihre besonderen Aufgaben in unserer Zeit erfüllen können, fordert der Deutsche Bundesjugendring darüber hinaus,

daß die "Gemeinsame Empfehlung der Kultusminister zur Intensivierung der Leibeserziehung in den Schulen, insbesondere in den Berufsschulen", mit allem Nachdruck in die Tat umgesetzt wird,
daß Bund, Länder und Gemeinden nicht nachlassen in der Erfüllung des "Goldenen Planes",
daß in Zukunft alle Freizeitstätten für die Jugend mit den erforderlichen Einrichtungen für Turnen, Spiel und Sport ausgestattet werden.

Höchst, den 1. Dezember 1962"


Wie ernst diese einstimmig beschlossene Resolution dann in der Praxis von den anderen Jugendverbänden des DBJR wirklich genommen wurde, zeigt die folgende Mitteilung aus der Oktober-Ausgabe 1963 der "Olympischen Jugend" über die Absage eines langfristig terminlich abgestimmten Modell-Lehrganges:

"Wegen Mangel an Beteiligung mußte leider der Modell-Lehrgang, den die Deutsche Sportjugend für die anderen Mitgliedsverbände des Bundesjugendringes vom 23. - 28. September in der Jugend- und Sportleiterschule Ruit durchführen wollte, ausfallen. Lediglich zwei Verbände hatten bis zum Meldeschluß ihre Teilnahme zugesagt. Sinn des Lehrgangs sollte sein, den Vertretern der anderen Jugendorganisationen Wege aufzuzeigen, wie auch sie den "Zweiten Weg" des deutschen Sports in ihre Jugendarbeit aufnehmen können. Gemeinsam mit dem DSB-Referat "Zweiter Weg" sollen nun persönliche Kontakte mit den anderen Jugendverbänden aufgenommen werden, um aus der Höchster Entschließung der 28. Vollversammlung des Bundesjugendringes doch noch einige Auswirkungen zu ermöglichen."


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 34 / 18. August 2009, S. 30-31
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. September 2009