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GESCHICHTE/156: Deutscher Basketball Bund - Ein schwieriges Kapitel der Sportgeschichte (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 37 / 8. September 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Ein schwieriges Kapitel der Sportgeschichte
Vor dem Verbandsjubiläum: Der Deutsche Basketball Bund beleuchtet die Zugehörigkeit des bis 1945 annektierten Elsass-Lothringens zum deutschen Sport

Von Hans-Dieter Krebs


Der Deutsche Basketball Bund feiert am 1. Oktober den 60. Jahrestag seiner Gründung. Im Vorfeld des Jubiläums erfolgte eine Neubeurteilung der Frühgeschichte des deutschen Basketballs, dessen Entwicklung mit dem Dritten Reich parallel verlief. Dabei wurde ein von der Sporthistorie übersehenes schwieriges Kapitel ans Licht gehoben, die Zugehörigkeit des von 1940 bis 1944/45 annektierten Elsass-Lothringens zum deutschen Sport.

Die Loyalität der Elsässer und Lothringer wurde nicht nur unter dem Zeichen deutscher Volkstums- oder Sprachpolitik mit der Zwangsgermanisierung von Vornamen oder der Einberufung in die Waffen-SS auch von Kollaborateuren strapaziert und missbraucht. Gleichermaßen war auch der Sport, obwohl für viele eine Zufluchtsnische, in die Politik eingebunden. Dieses höchst sensible Kapitel deutscher Sportgeschichte ist im Basketball aufgegriffen worden. Die Erkenntnisse werden auf einem internationalen Symposium 2010 in Paris zur Diskussion gestellt.

Im Fußball ist das Thema erst angeschnitten. Die Daten sind zwar bekannt, aber zumeist übersehen. So nahm der FC Mülhausen dreimal an der deutschen Meisterschaft teil. SS Straßburg (vorher Red Star) erreichte 1942 sogar die DM-Zwischenrunde, verlor aber im Pokal 1:15 bei 1860 München. Doch was spielte sich im Binnenleben der "germanisierten" Vereine ab? Vereine ab? Wie ging der Deutsche Fußball-Bund (DFB) mit dem sportlichen Zugewinn, mit Talenten und früheren Auswahlspielern um? Welche Konflikte entspannen sich zwischen Sympathisanten und Gegnern des NS-Regimes, wie sie der noch lebende Zeitzeuge René Heitz beschrieb?

Ähnlich bedrängende Fragen verlangen Antworten auch in anderen Sportarten - etwa im Turnen oder Handball. Wer nimmt zur Kenntnis, dass die Ringer 1944 in Mülhausen ihre Kriegsmeisterschaften austragen wollten, die aber dem fortgeschrittenen totalen Krieg zum Opfer fielen?

Im Basketball war Mülhausen mit neun Meisterschaften vor dem Krieg die französische Hochburg. Das Elsass war der einzige Gau, der bis 1944 kontinuierliche Meisterschaften durchführte. Zwei Spieler aus Mülhausen, die zuvor für Frankreich aktiv waren, vertraten 1941/42 Großdeutschland. Eugène Ronners Karriere ist einzigartig: 1937 war er als Franzose gegen Deutschland im Einsatz, 1942 trat der "Volksdeutsche" gegen Ungarn unter dem Hakenkreuz auf. Dieses schwierige Kapitel des deutschen Basketballs wird derzeit enthüllt.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 37 / 8. September 2009, S. 32
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. September 2009