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GESCHICHTE/166: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 52 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 42 / 13. Oktober 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1965/I: In Hannover fiel der Startschuss: der Bundesausschuss zur Förderung des Leistungssports (BAL) gegründet
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 52)

Eine Serie von Friedrich Mevert


Über die erste Sitzung des Hauptausschusses des DSB, der als neues Organ beim Wiesbadener Bundestag 1964 in die DSB-Satzung aufgenommen worden war und sich am 30. Januar 1965 konstituierte, berichtete der damalige DSB-Pressereferent Karl Bellmer im DSB-Pressedienst:

"Erinnerungen an die Gründung des Deutschen Sportbundes mehr als 14 Jahre zuvor im gleichen Gebäude wurden wach, als sich der Hauptausschuß des DSB zu seiner konstituierenden ersten Arbeitstagung im Neuen Rathaus zu Hannover traf. Aber es war nicht der Hang zu Reminiszenzen, als ein führender, allen Schlagworten abholder Mann des deutschen Sports von einer historischen Stunde für den deutschen Sport sprach, nachdem die Versammlung, einem Vorschlag ihres Präsidenten folgend, einstimmig der Gründung des Bundesausschusses zur Förderung des Leistungssports zugestimmt hatte. Ähnliche Gedanken mögen auch die anderen Delegierten bewegt haben, die dabei waren, als die Weichen für die Zukunft gestellt wurden. Ohne Einschränkungen haben sich in Hannover alle Fachverbände zu den Leitmotiven bekannt, nach denen der Leistungssport gefördert werden soll. Das ist eine solide Vertrauensgrundlage für den Ausschuß, der - nach Maßgabe des Präsidiums - nun mit Tatkraft und Phantasie eine Fülle von wissenschaftlichen, technisch-organisatorischen und personellen Problemen anpacken kann. Er ist dabei auf die Hilfe und das Vertrauen aller angewiesen, wie er umgekehrt mit Rat und Tat jedem beizustehen bereit sein wird, der sich an ihn wendet.

Die Zeichen stehen günstig: Geld ist vorhanden, um hervorragende Trainer einzustellen, um Bauten zu errichten und um eine Zahl qualifizierter Wissenschaftler zur Mitarbeit heranzuziehen, und es fehlt nicht an talentierten Sportlern, die bereit sind, die Strapazen und Entbehrungen eines harten Trainings auf sich zu nehmen. Auf dieser doppelt gesicherten Basis baut sich der deutsche Leistungssport auf. Bessere Voraussetzungen hat er nie zuvor gehabt.

'Der Bundesausschuß zur Förderung des Leistungssports kann nicht nur Feuerwehr sein.' Mit diesem Vergleich setzte DSB-Präsident Willi Daume dem Ausschuß eines seiner Ziele: Es muß auf weite Sicht gearbeitet werden. Mexiko-City und Grenoble sind nur Nahziele, wenn auch sehr wichtige. Wer glaubt, daß in Hannover eine Produktionsstätte für olympische Medaillen errichtet wurde, hat verkannt, um was es geht.

Zum ersten hat sich der Ausschuß nämlich aller Sportarten anzunehmen, also auch der nichtolympischen, und zum zweiten sind seine Aufgaben viel weitgespannter. Der Aufbau der Dokumentationszentrale beispielsweise kommt nämlich nicht nur dem Leistungssport, sondern den Leibesübungen in ihrer ganzen Vielfalt zugute.

Die deutsche Sportführung hat sich in anderen Ländern orientiert, bevor sie ihren Plan entwickelte. Modelle, die sich übernehmen ließen, wurden nicht gefunden. Deshalb mußte ein eigener Weg gegangen werden.

Das geschieht mit staatlicher Hilfe, ohne daß der Sport in unserem Land auch nur ein Quentchen seiner Freiheit preisgibt, der er seinen Ruf und seine gesellschaftliche Stellung zu einem erheblichen Teil verdankt."


Stellungnahmen der Deutschen Sportjugend zu jugendpolitischen Fragen Zu einer - vor allem in der Zusammenarbeit mit anderen Jugendverbänden - regelmäßig wiederkehrenden Diskussion, ob auch die Sportjugend trotz der satzungsgemäß gebotenen parteipolitischen Neutralität bei immer wieder vorkommenden politischen Fragen Stellung beziehen dürfe, antwortete der Vorstand der DSJ im April 1965 mit folgender Stellungnahme:

"Vertreter in den Jugendringen stehen oftmals vor der Situation, daß sie zu bestimmten Ereignissen Stellung nehmen und Resolutionen unterzeichnen sollen. Häufig ist nicht einmal eine Meinungsbildung erfolgt.

Die Deutsche Sportjugend hat jetzt für ihre Vertreter Richtlinien festgelegt, die auch für die Vertreter in Jugendringen auf unterer Ebene ein Maßstab sein sollten.

Die Deutsche Sportjugend hat einerseits entsprechend den Grundsätzen ihrer Jugendordnung in ihrer Erziehungsarbeit parteipolitische, konfessionelle und rassische Neutralität zu wahren. Andererseits ist die Anerkennung der Menschenrechte - insbesondere der Freiheit des Gewissens, der Freiheit der Person und der Freiheit der Gemeinschaft - Bestandteil der sportlichen Jugendarbeit.

Beide Grundsätze müssen für die Meinungsäußerung der Beauftragten der Sportverbände bei Abstimmungen über politische Fragen in den Gremien des Bundesjugendringes richtungsweisend sein.

Dabei ist zu unterscheiden zwischen
Stellungnahmen zu jugendpolitischen Fragen;
Stellungnahmen zu moralisch-politischen Fragen und
Stellungnahmen zu rein parteipolitischen Fragen.

Bei Stellungnahmen zu jugendpolitischen Fragen, die mit den Grundsätzen unserer Jugendordnung übereinstimmen, wird eine Meinungsäußerung bejaht (Fragen, die das Wohl der jungen Menschen betreffen, Aufnahme von Begegnungen mit der Jugend anderer Länder, Jugendgesetzgebung usw.).

Bei Stellungnahmen zu moralisch-politischen Fragen sollten die Vertreter der Sportjugend abwägend nur dann eine Meinungsäußerung abgeben, wenn sie ihre Aussage auf der Grundlage der Jugendordnung der Deutschen Sportjugend verantworten können. Dabei muss jedoch davon ausgegangen werden, dass eine positive Bejahung der Menschenrechte in der Satzung auch die Verpflichtung zu einer negativen Stellungnahme bei einer Verletzung der Menschenrechte einschließt.

Dagegen wird die Stellungnahme zu parteipolitischen Fragen grundsätzlich abgelehnt, weil sich unter den Mitgliedern der Sportverbände Anhänger aller Parteien befinden und somit eine einheitliche Meinung in solchen Fragen nicht vorausgesagt werden kann. Die Vertreter der Deutschen Sportjugend sollten aus diesem Grunde in allen Gremien dahin wirken, daß Stellungnahmen zu rein parteipolitischen Fragen grundsätzlich abgelehnt werden, da sie nicht in den Aufgabenbereich der Jugendverbände gehören."


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 42 / 13. Oktober 2009, S. 33
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Oktober 2009