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GESCHICHTE/173: Vor 40 Jahren - Politische Anerkennung für den deutschen Sport (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 44 / 27. Oktober 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Vor 40 Jahren: Politische Anerkennung für den deutschen Sport

Erstmals Sport in der Regierungserklärung von Bundeskanzler Willy Brandt


Politische Anerkennung erfuhr die deutsche Sportbewegung vor 40 Jahren im Spätherbst 1969 in der Bundeshauptstadt Bonn gleich in doppelter Hinsicht. Zum ersten Male wurde die Sportförderung durch den Bund auch in einer Regierungserklärung des Bundeskanzlers vor dem Plenum des Deutschen Bundestages angesprochen. Nach der Bundestagswahl zum 6. Bundestag am 28. September 1969 wurde die bis dahin amtierende große Koalition von CDU/CSU und SPD durch eine sozialliberale Koalition von SPD und FDP unter der Führung von Willy Brandt und Walter Scheel abgelöst. Zwar blieb die CDU/CSU auch nach den Wahlen die größte Fraktion, doch die FDP entschied sich für eine Koalition mit der SPD.

Der SPD-Vorsitzende Willy Brandt als am 21. Oktober 1969 neugewählter Bundeskanzler betonte am 28. Oktober vor dem Parlament, dass der Förderung des Sports "besondere Aufmerksamkeit" gewidmet werden solle, "ohne von dem Grundsatz abzulassen, dass der Sport von staatlicher Bevormundung freibleiben muss". Mit den 1972 in München und Kiel bevorstehenden Olympischen Spielen habe man - so der Regierungschef - die Chance, "der Weltöffentlichkeit das moderne Deutschland vorzustellen". Brandt betonte ferner, dass die Bundesregierung auch die Bildung einer Deutschen Sportkonferenz mit Vertretern des Deutschen Sportbundes, der Länder, und der Kommunen befürworte, die die Koordinierung aller Sportmaßnahmen ermöglichen werde. Knapp drei Wochen später fanden auch die Forderungen des DSB und des NOK nach einem eigenen parlamentarischen Gremium für die Belange des Sports in Bonn Gehör. Am 13. November 1969 wurde - auch im Hinblick auf die besonderen olympischen Verpflichtungen im Jahre 1972 - als Vorläufer des späteren Sportausschusses der "1. Sonderausschuss für Sport und Olympische Spiele" des Deutschen Bundestages aus der Taufe gehoben. Zum Vorsitzenden wurde der CDU-Abgeordnete Dr. Konrad Kraske, damals CDU-Bundesgeschäftsführer und ZDF-Fernsehratsmitglied, gewählt, zu seinem Stellvertreter der populäre Zehnkämpfer und Schaumburger Abgeordnete Friedel Schirmer (SPD). Je acht Volksvertreter entsandten CDU/CSU und SPD in das Gremium; den Platz der FDP nahm der Fraktionsvorsitzende und engagierte Sportfreund Wolfgang Mischnick höchstpersönlich wahr. Außer der Konstituierung des neuen Gremiums und der Wahl der beiden Vorsitzenden wurden aber in dieser laut Protokoll nur von 14.15 Uhr bis 14.30 Uhr dauernden Sitzung keine eigentlichen Sachfragen beraten.

Schon im Sommer dieses Jahres hatte noch die große Koalition die 1955 verfügte Hallstein-Doktrin des sogenannten Alleinvertretungsanspruchs der Bundesrepublik aufgelockert. Im Juli fasste die Bundesregierung den Beschluss, künftig bei Sportveranstaltungen das Abspielen der DDR-Hymne und das Hissen der DDR-Flagge nicht mehr zu behindern. Dies bedeutete zwar eine Erleichterung für den gesamtdeutschen Sportverkehr, andererseits aber auch einen politischen Erfolg für die ihre staatliche Souveränität immer wieder betonende DDR, waren doch - im Verständnis der SED-Staats- und Parteiführung der DDR - die international immer erfolgreicher werdenden ostdeutschen Sportlerinnen und Sportler auch vor allem Repräsentanten des politischen Systems.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 44 / 27. Oktober 2009, S. 27
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2009