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GESCHICHTE/207: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 68 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 10 / 9. März 2010
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1968/IV: Der Sport in der DDR-Verfassung und im Beschluss des Staatsrates von 1968
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 68)

Eine Serie von Friedrich Mevert


Schon seit der Konstituierung der DDR am 6. Oktober 1949 war die gesellschaftliche Stellung der DDR-Sportorganisationen - angefangen mit der Gründung des Deutschen Sportausschusses (DSA) am 1. Oktober 1948 durch die Massenorganisationen FDJ und FDGB - durch eine Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen und Beschlüssen rechtlich und politisch abgesichert worden. Bereits vier Monate nach der Gründung der DDR hieß es im "Gesetz über die Teilnahme der Jugend am Aufbau der Deutschen Demokratischen Republik..." vom 8. Februar 1950:

"Alle Organe der staatlichen Verwaltung sind verpflichtet, die weitere Entwicklung der demokratischen Sportbewegung und des Wanderns in der Deutschen Demokratischen Republik sowie die Erziehung einer körperlich und geistig gesunden jungen Generation zu fördern, ihr große Möglichkeiten zur Freude und Erholung zu geben."

Über zahlreiche weitere Stationen fand der Sport gleich an drei Stellen Eingang in der Verfassung der DDR vom 6. April 1968:

Artikel 18 (3):
"Körperkultur, Sport und Touristik als Elemente der sozialisti schen Kultur dienen der allseitigen körperlichen und geistigen Entwicklung der Bürger."

Artikel 25 (3):
"Zur vollständigen Ausprägung der sozialistischen Persönlichkeit und zur wachsenden Befriedigung der kulturellen Interessen und Bedürfnisse wird die Teilnahme der Bürger am kulturellen Leben, an der Körperkultur und am Sport durch den Staat und die Gesellschaft gefördert."

Artikel 35 (1):
"Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat das Recht auf Schutz seiner Gesundheit und Arbeitskraft. Dieses Recht wird durch die planmäßige Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen, die Pflege der Volksgesundheit, eine umfassende Sozialpolitik, die Förderung der Körperkultur, des Schul- und Volkssports und der Touristik gewährleistet."
Bei der Verfassungsänderung vom 7. Oktober 1974 wurden die den Sport betreffenden Textstellen im Wortlaut beibehalten.

Der Beschluss des Staatsrates der DDR "Die Aufgaben der Körperkultur und des Sports bei der Gestaltung des entwickelten gesellschaftlichen Systems des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik" vom 20. September 1968 unterstreicht besonders eindrucksvoll die hervorragende gesellschaftspolitische Position von Körperkultur und Sport im sozialistischen Gesamtsystem.

Der in vier Teilabschnitte untergliederte Staatsratsbeschluss formuliert als Basis für alle sportpolitischen Maßnahmen unter anderem:

"In der Deutschen Demokratischen Republik entspricht das Programm des Sozialismus den Interessen der Werktätigen und der Jugend und erfüllt ihre Wünsche, Körperkultur und Sport auf neue, sozialistische Art zur Sache des ganzen Volkes zu machen.

Liebe und Treue zur sozialistischen Heimat zeichnen die Sportlerinnen und Sportler aus, lassen sie aktiv teilhaben an der Stärkung und Festigung des ersten deutschen Staates des Sozialismus, des Friedens und der Völkerfreundschaft, getreu dem Sportprogramm der DDR "Bereit zur Arbeit und zur Verteidigung der Heimat!"

Verteidigungsbereitschaft und Wehrfähigkeit werden durch vielseitiges körperliches Training gefördert und stärken die Bürger, die sozialistische Heimat vor allen Angriffen des Imperialismus, insbesondere des westdeutschen Imperialismus, zu schützen.

Brüderlichkeit und Zusammenarbeit zur Festigung des Sozialismus kennzeichnen die Beziehungen zu den Sportorganisationen der Sowjetunion und der anderen sozialistischen Länder, verwirklichen die Sportler unserer Republik im Geiste des sozialistischen Internationalismus.

Den Nutzen haben die Kinder und Jugendlichen, indem ihr körperliches und geistiges Wachstum, ihr Leistungsstreben, ihre Charakter- und Willensbildung, ihre gesamte sozialistische Bewußtseinsbildung, gefördert werden. Den Nutzen haben die Frauen und Männer, indem ihre Gesundheit gefestigt, ihre vielseitige, erlebnisreiche und frohe Freizeitgestaltung bereichert, ihre schöpferische Lebensphase erweitert und dem frühzeitigen Altern vorgebeugt wird. Den Nutzen haben schließlich alle Bürger, indem ihre schöpferische Leistungsfähigkeit in der Schule, im Beruf und im gesellschaftlichen Leben gestärkt und ihre Disponibilität bei der Meisterung der wissenschaftlich-technischen Revolution, insbesondere ihr vielseitiges Ausdauer-, Reaktions- und Konzentrationsvermögen, erhöht werden.

Dem kulturell-erzieherischen Leben in den Gemeinschaften des Deutschen Turn- und Sportbundes und der kulturellen Selbstbetätigung der Sporttreibenden ist bedeutend mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Die Aussprache über Grundfragen des Kampfes um Frieden, Sozialismus und Völkerfreundschaft und die Pflege der traditionellen Kampftage der Arbeiterklasse der DDR und ihrer Sportbewegung sind Bestandteile einer kontinuierlichen und interessanten Erziehungs- und Bildungsarbeit.

Sportliche Höchstleistungen sind ein Ausdruck der Leistungsfähigkeit der gesamten sozialistischen Gesellschaft, der schöpferischen Tätigkeit der Sportler, Trainer, Sportwissenschaftler und Sportärzte. Die Leistungen der Meister des Sports erhöhen das Ansehen der DDR und sind das erstrebenswerte Vorbild der jungen Generation.

Von der Zielstellung der Körperkultur in unserer Menschengemeinschaft geleitet, von der Prognose der Wissenschaft und Technik und ihrer Rolle im Sozialismus ausgehend, ergeben sich für die Entwicklung der Sportwissenschaften höhere Anforderungen.

Die ideologisch-politischen, sozialen, moralischen, ästhetischen, gesundheits- und leistungsfördernden Werte der sozialistischen Körperkultur und des Sports sowie die Gesetzmäßigkeiten der sportlichen Vervollkommnung des Menschen auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus für die Praxis zu erforschen, sind Grundanliegen der Sportwissenschaft und der Sportmedizin.

Sie zu erfüllen heißt, Parteilichkeit und Schöpfertum bestimmen das Schaffen der Sportwissenschaftler, das Streben nach neuen, vorwärtsweisenden Erkenntnissen, den kämpferischen Elan bei ihrer Anwendung und die Auseinandersetzungen mit reaktionären Anschauungen der imperialistischen Sportideologie.

Erzieher und Lehrer der Sportler, Organisatoren des Sports zu sein bedeutet, die von Staat und Gesellschaft hochgeschätzten Aufgaben zur körperlichen und sportlichen Vervollkommnung der Bürger erfüllen; die Gemeinschaft der Sporttreibenden von der Jugend bis ins hohe Alter in Liebe und Treue zu unserem Staat erziehen, den Geist sportlicher Aufrichtigkeit und Kameradschaft, des Leistungsstrebens in Sport und Beruf fördern und sozialistischen Gemeinschaftssinn wecken; in der Dynamik sportlicher Vorwärtsentwicklung, in der das Bessere der Gegner des Guten ist, neue Kenntnisse und Lebenserfahrung gewinnen, sich ständig weiterbilden, die Kraft der Gemeinschaft vergrößern und der Höherentwicklung unserer Gesellschaft mitwirken."


Der damalige DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht erklärte in seiner Rede u. a.:

"Körperkultur und Sport sind feste Bestandteile der sozialistischen Nationalkultur, des BildungsSystems und der Arbeits- und Lebensbedingungen der Werktätigen.

Die Meisterung der wissenschaftlich-technischen Revolution erfordert eine gesunde Lebensweise und die aktive Erholung. Der FDGB, die FDJ, die GST und der DTSB sind aufgerufen, die Jugend noch stärker als bisher für den Sport zu gewinnen.

Die Mindestforderung der Zukunft sind vier Stunden Übung, Training und Wettkampf in der Woche für jeden Jugendlichen. Die zielstrebige Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendsports und der Spartakiadebewegung als fester Bestandteil der sozialistischen Bildung und Erziehung unserer jungen Generation soll besondsrs gefördert werden.

DTSB, FDJ und FDGB müßten eng zusammenwirken und die aktive Erholung durch Körperkultur, Sport und Touristik gemeinsam mit der Bevölkerung gestalten."


Zum Schluss heißt es in dem Staatsratsbeschluss:

"Das stärkt und festigt unsere DDR, den ersten sozialistischen Staat deutscher Nation!"


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 10 / 9. März 2010, S. 27
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. März 2010