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GESCHICHTE/245: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 84 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 27 / 6. Juli 2010
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1971/IV: Appell des DSB: Sportverkehr mit dem DTSB intensivieren
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 84)

Eine Serie von Friedrich Mevert


Über einen Appell des Deutschen Sportbundes, den innerdeutschen Sportverkehr mit den Sportgemeinschaften und Verbänden des DTSB der DDR zu intensivieren, berichtete das LSB-Organ "Sport in Niedersachsen" in seiner Mai-Ausgabe 1971 auf der ersten Seite:

"Als sich nach einem vorangegangenen Gespräch in Halle Ende November 1970 die Verhand-lungsdelegationen des Deutschen Sportbundes (DSB) und des Deutschen Turn- und Sport-bundes der DDR (DTSB) in München getrennt hatten, wurde das Ergebnis dieses ausführlichen Dialogs nicht übereinstimmend kommentiert; hier und da gab es höchst unterschiedliche Interpretationen über die Auswirkungen dieser Besprechungen auf den sportlichen Alltag. Unbestritten bleibt das wichtigste Resultat: Beide Seiten versprachen einander, den Sportverkehr auf allen Ebenen zu fördern. Diese Tatsache ist jetzt entschlossen auszubauen; ihr gilt der Appell des DSB, die Kontakte mit den Gemeinschaften des DTSB zu intensivieren.

Es blieb Ende 1970 zwar unausgesprochen, doch war es jedem mit der Terminplanung der Vereine und Verbände vertrauten Beobachter klar, dass eine Belebung des Sportverkehrs nicht von heute auf morgen möglich sein würde, zumal gerade die Mannschaftssportarten, die in der Vergangenheit den größten Anteil am Sportverkehr zwischen hüben und drüben hatten, unmittelbar vor der Winterpause standen.

So konnte es nicht verwundern, dass der Deutsche Sportbund für das Jahr 1970 über den Sportverkehr zwischen den beiden deutschen Sportorganisationen eine mehr als traurige Bilanz vorlegen musste, aus der hervorging, dass die Zahl der sportlichen Begegnungen einen neuen Tiefpunkt erreicht hatte.

Diese betrübliche Feststellung darf jetzt allerdings nicht davon abhalten, alle Mittel und Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Kontakt nach drüben zu verstärken.

Wie sich der innerdeutsche Dialog zwischen DSB und DTSB auswirkt, kann sich erst in diesem Jahr entscheiden. Der von beiden Seiten bekundete Wunsch nach Ausweitung des Sportver-kehrs wird sich aber nur dann realisieren lassen, wenn rechtzeitig Absprachen zwischen den Vereinen und Verbänden getroffen werden.

In diesem Sinne ruft der DSB alle Turn- und Sportvereine auf, die alten Kontakte mit den Gemeinschaften des DTSB neu zu knüpfen, um rechtzeitig zu verbindlichen Absprachen zu gelangen. Dabei sollten sich die Vereine durch Absagen oder andere Schwierigkeiten, die es in der Vergangenheit einmal gegeben hat, nicht entmutigen lassen; sie dürfen vielmehr davon ausgehen, dass die politischen Störungsfaktoren weitgehend abgebaut sind."


Kirche und Sport stellen Partnerschaftsprogramm auf

Über die angestrebte konkrete Zusammenarbeit zwischen Kirche und Sport informierte 1971 der Pressedienst des DSB folgendermaßen:

"Die Partnerschaft von Kirche und Sport hat nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Gründung des Deutschen Sportbundes im Jahre 1950 begonnen, als einzelne Geistliche beider großen Kirchen ehrenamtlich im DSB tätig wurden. Die Kontakte auf Bundesebene weiteten sich im Laufe der Jahre immer weiter aus (Sporttagungen des DSB mit den Kirchen 1965 und 1967), und sie gewannen durch die Briefwechsel zwischen Willi Daume und dem Ratsvorsitzenden der EKD (1965) bzw. dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (1967) offiziellen Charakter. Zum Zwecke einer regelmäßigen Kooperation mit dem Sport richteten die EKD und die Katholische Kirche Deutschlands Bundesarbeitskreise 'Kirche und Sport' ein.

Seitdem der DSB und seine Mitgliedsverbände 1966 in der "Charta des deutschen Sports" zur Verwirklichung der dort aufgeführten Ziele noch einmal nachdrücklich auf die Notwendigkeit einer Partnerschaft mit der Kirche hingewiesen hatten, nahm die Zusammenarbeit im Laufe der letzten Zeit immer konkretere und praktischere Formen an; sie beginnen sich von der Bundes- über die Landesebene bis hin zur Orts- und Gemeindeebene zu erstrecken:

1. Die EKD hat in ihrem Bereich einen Pfarrer eigens für Sportfragen eingesetzt.

2. Alljährlich, jetzt schon zum vierten Male, veranstaltet der DSB gemeinsam mit den beiden Kirchen eine Werkwoche für die Mitarbeiter kirchlicher Akademien und Bildungswerke, um jeweils eine aktuelle Aufgabe des Sports (z. B. Alterssport, Resozialisierung) zu erörtern und Möglichkeiten ihrer Verwirklichung zu erproben.

3. Auch auf der Ebene der Länder haben sich Arbeitskreise "Kirche und Sport" der beiden Kirchen gebildet, die zum Teil (so in Bayern und Hessen) gemeinsam tagen. In einzelnen Gebieten (z. B. in Kurhessen-Waldeck und Baden-Württemberg) gibt es regelmäßige Zusammenkünfte (u. a. auch Werkwochen) ganzer "Teams" von sportinteressierten Gemeindepfarrern.

4. Fast alle kirchlichen Akademien haben in den vergangenen Jahren, meistens sogar in Form besonderer Sporttagungen, den Sport als Thema in ihre Kurse einbezogen.

5. Auch die Sportpraxis gewinnt in den Akademien und in den Gemeinden durch die Einrichtung von Sportstätten (Sporträumen, Freianlagen, Schwimmbädern etc.) und durch auf den "Sport für alle" ausgerichtete Übungsangebote immer mehr an Boden.

6. Die Voraussetzungen für solche Angebote versprechen besser zu werden, da sich die ersten kirchlichen Mitarbeiter zu Übungsleitern ausbilden lassen, um die Sportpraxis selbst durchführen zu können. Gerade haben 17 Pfarrer aus Hessen an der Sportschule des Landessportbundes ihre Prüfungen mit hervorragendem Erfolg abgelegt.

Eine gemischte Kommission aus Vertretern der beiden Kirchen und des DSB bereitet zur Zeit ein Partnerschaftsprogramm Kirche - Sport vor, das dazu beitragen soll, die bestehenden Modelle der Zusammenarbeit bis auf die örtliche Ebene (Gemeinde - Verein) zu übertragen. Dieses Programm wird voraussichtlich in Kürze in Anwesenheit von Landesbischof Dietzfelbinger, Kardinal Döpfner und DSB-Präsident Dr. Wilhelm Kregel der Öffentlichkeit übergeben werden."


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 27 / 6. Juli 2010, S. 26
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juli 2010