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GESCHICHTE/252: Franz Lotz - Erinnerungen an einen Wegbereiter der deutschen Sportwissenschaft (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 35 / 31. August 2010
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Zum 100. Geburtstag von Prof. Franz Lotz
Erinnerungen an einen Wegbereiter der deutschen Sportwissenschaft

Von Friedrich Mevert


Seit der Gründung des Deutschen Sportbundes im Dezember 1950 engagierte sich der Würzburger Sportwissenschaftler Franz Lotz in der Führung des deutschen Nachkriegssports und trug ganz wesentlich zu dessen Aufbau und Entwicklung bei. Von der Konstituierung 1950 an als dessen Schriftführer und dann - in der Nachfolge von Prälat Wolker - von 1955 bis 1987 als Vorsitzender des Deutschen Sportbeirates war Franz Lotz maßgeblich an der Gestaltung wichtiger Initiativen des deutschen Sports beteiligt. Seinem Wirken ist es vor allem mit zu verdanken, dass die Bedeutung des Sports in der Öffentlichkeit in den ersten Nachkriegsjahrzehnten anwuchs und dass vom DSB mit den anderen Trägern des gesellschaftlichen Lebens wie den Kirchen und Gewerkschaften eine fruchtbare Zusammenarbeit aufgebaut wurde.

Franz Lotz wurde am 21. August 1910 in Darmstadt geboren, wo er schon als Jugendlicher dem SV Darmstadt 98 beitrat, Fußball und Handball spielte und Leichtathletik betrieb. Nach dem Abitur studierte er Philologie, Psychologie, Philosophie und Sport in Frankfurt, München und Gießen und promovierte 1936 in Gießen in Psychologie. Seine Berufslaufbahn begann Lotz auch dort als Hochschulassistent, bevor er nach weiteren Stationen an den Universitäten Berlin und Köln 1939 die Leitung des Hochschulinstituts für Leibesübungen in Loeben (Österreich) übernahm. Nach 1945 arbeitete er zunächst als Lehrer im Kollegium St. Blasien, bevor er 1949 zum Direktor des Hochschulinstituts der Universität Würzburg berufen wurde. Dort wurde er 1968 zum Professor ernannt und auf den Lehrstuhl für Theorie der Leibesübungen berufen.

Franz Lotz arbeitete außerhalb seiner Hochschullaufbahn in zahlreichen Gremien des NOK und des DSB mit, dessen Präsidium er von 1955 bis 1970 angehörte. Er war Mitglied des Zentralkomitees für die Forschung auf dem Gebiete des Sports, des Kuratoriums für die Olympische Akademie und des Organisationskomitees für die Olympischen Spiele 1972 in München. Der Würzburger gehörte von 1970 bis 1978 dem Direktorium des Bundesinstituts für Sportwissenschaft an und wirkte seit 1960 im Weltrat für Sport und Leibeserziehung mit, zeitweise in dessen Exekutivkomitee. Seine Bemühungen galten auch dem Behindertensport und der Partnerschaft des Sports mit den beiden großen Kirchen. Lotz war Mitbegründer der Zeitschrift "Sportwissenschaft" und gehörte bis 1988 dem Herausgeberkollegium an. Er war im Herausgeberkreis der Wissenschaftlichen Schriftenreihe des DSB und schuf in Würzburg ein neues Sportzentrum an der Universität.

Franz Lotz war einer der wichtigen Männer der ersten Stunde in der deutschen Sportwissenschaft der Nachkriegszeit. Viele heute noch geltende Grundsatzprogramme und Leitlinien des Sports hat er über mehr als vier Jahrzehnte: mitentwickelt und gestaltet. Als Humanist und Mensch von umfassender Bildung war er eine Persönlichkeit von großer Ausstrahlung, der sich niemand entziehen konnte. Er war ein Sportpädagoge, der bis ins hohe Alter seine ganze Kraft den erzieherischen Werten des Sports und der olympischen Idee gewidmet hat.

Für sein olympisches Lebenswerk wurde Franz Lotz vom IOC 1993 mit dem Olympischen Orden ausgezeichnet. Der Deutsche Sportbund ernannte ihn 1980 zum Ehrenmitglied und ehrte ihn 1990 mit der Verleihung der Ludwig-Wolker-Plakette. Staatlicherseits wurde sein Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz und dem Bayerischen Verdienstorden gewürdigt.

Prof. Dr. Franz Lotz starb am 27. September 1994 im Alter von 84 Jahren in Würzburg. Seine letzte Aufgabe, die er sich selbst gestellt hatte, nämlich bei der Aufarbeitung der deutschen Sportgeschichte als Zeitzeuge mitzuwirken, blieb unvollendet.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 35 / 31. August 2010, S. 29
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. September 2010