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GESCHICHTE/301: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 125 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 24 / 14. Juni 2011
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1979/IV: 4. Europäische Sportkonferenz in Berchtesgaden
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 125)

Eine Serie von Friedrich Mevert


Als ein voller Erfolg konnte die insbesondere von DSB-Generalsekretär Karlheinz Gieseler vorbereitete und vom 9. bis 13. Oktober 1979 in Berchtesgaden durchgeführte 4. Europäische Sportkonferenz (ESK) gewertet werden, zumal es gelang, die ESK aus dem Stadium langjähriger Verfahrensdebatten heraus in die praktische Arbeit überzuführen und damit eine Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Organisationen und den staatlichen Institutionen des Sports in den europäischen Ländern zu schaffen. Unter dem Generalthema "Begegnung und Verständigung durch Kooperation" stimmten die Repräsentanten nach der Diskussion der Hauptreferate - u. a. von DSB-Präsident Willi Weyer - den vom Vorbereitungskomitee vorgelegten Grundlinien und der Verfahrensordnung für die zwischenzeitlich institutionalisierte ESK zu.

Die "Gemeinsame Erklärung" der Teilnehmer der Konferenz hatte folgenden Wortlaut:

"Die Repräsentanten nationaler Organisationen und staatlicher Institutionen des Sports aus 28 Ländern Europas sowie Vertreter internationaler und kontinentaler Organisationen sind in der Zeit vom 9. bis 13.10.1979 in Berchtesgaden zur IV. Europäischen Sportkonferenz zusammengetroffen, um die in Wien 1973 und in Dresden 1975 proklamierten Ziele zu erreichen und über die in Kopenhagen 1977 angeregte weitere Entwicklung der Europäischen Sportkonferenz zu beraten.

Unter dem Generalthema 'Begegnung und Verständigung durch Kooperation' wurden auf der Grundlage der Hauptreferate zu den Themen 'Sport als Mittel der Verständigung 'Formen der Zusammenarbeit' und 'Entwicklung sportlicher Kontakte' sowie des vom internationalen Vorbereitungs-Komitee vorgelegten Entwurfs der Grundlinien und der Verfahrensordnung der Europäischen Sportkonferenz im gegenseitigen Einverständnis Prägen und Zielsetzungen des Sports erörtert, die im Interesse aller beteiligten Organisationen und Institutionen liegen. Sie dienen damit gleichzeitig der weiteren Entwicklung des Sports für alle, der wachsenden Rolle des Sports im Verständigungsprozess zwischen den Völkern und dem gegenseitigen Vertrauen, das für die weitere Zusammenarbeit in der Europäischen Sportkonferenz unerlässlich ist.

Die Teilnehmer der Konferenz haben einvernehmlich Grundlinien und Verfahrenordnung für die Europäische Sportkonferenz angenommen. Die Europäische Sportkonferenz will danach

- der freundschaftlichen Zusammenarbeit dienen, ungeachtet unterschiedlicher politischer Auffassungen, Rassen und Religionen; engere Verbindungen zwischen den nationalen Organisationen und staatlichen Institutionen des europäischen Sports schaffen;

- die wachsende Bedeutung des Sports im gesellschaftlichen Leben zum Nutzen der beteiligten europäischen Länder darstellen;

- praktische Erfahrungen, wissenschaftliche Erkenntnisse und andere Informationen in Symposien, Seminaren etc. austauschen;

- Fragen von gemeinsamem Interesse in Konferenzen beraten und einvernehmliche Lösungen entwickeln;

- die Ergebnisse der Zusammenarbeit auch an Welt- und europäische Organisationen weiterleiten;

- einen Beitrag zur Verwirklichung der in der Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa festgelegten Prinzipien und Maßnahmen leisten;

- die Bemühungen des 100, der internationalen Sportförderationen sowie anderer internationaler und kontinentaler Sportgremien um die Entwicklung des internationalen Sports unterstützen.

Die Teilnehmer der Konferenz lassen sich bei ihrer Arbeit davon leiten, dass jede nationale Organisation oder staatliche Institution des Sports der europäischen Länder in der Europäischen Sportkonferenz gleichberechtigt teilnehmen kann. Die Organisationen und Institutionen anerkennen und achten dabei die Zuständigkeit der anderen und respektieren deren Recht, über ihre eigenen Belange selbst zu bestimmen; keine darf sich in die Angelegenheiten der anderen einmischen. Im übrigen gelten die Regeln, Bestimmungen und allgemeinen Gepflogenheiten der internationalen Föderationen für den Sportverkehr.

Die Teilnehmer der Konferenz sind sich einig, dass zwischen den alle zwei Jahre stattfindenden Europäischen Sportkonferenzen ein Koordinations-Komitee mit Vertretern aus neun europäischen Ländern tätig wird, das die von der Europäischen Sportkonferenz erteilten Arbeitsaufträge vollzieht und die Tätigkeit der eingesetzten Arbeitsgruppen koordiniert. Die Konferenz hat die Volksrepublik Polen (Vorsitz), Bundesrepublik Deutschland, CSSR, Großbritannien, Jugoslawien, Niederlande, Norwegen, Schweiz und UdSSR ausgewählt, die mit je einem verantwortlichen Vertreter bis zur nächsten Europäischen Sportkonferenz das Koordinations-Komitee bilden. Die Teilnehmer der Konferenz lassen sich in ihren Absichten von der Tatsache bestimmen, dass der Sport in einzigartiger Weise die Kommunikation und mehr noch die Entwicklung freundschaftlicher Verbindungen zwischen den Menschen ermöglicht, und dass er zu einem immer stärkeren Faktor der Verständigung unter den Völkern und im Kampf um den Frieden auf dieser Welt werden soll.

Die Teilnehmer der Konferenz appellieren an die Massenmedien, in ihrer Tätigkeit entsprechend der Internationalen Charta für Körpererziehung und Sport der UNESCO und der Statuten des Internationalen Sportpresse-Verbandes (AIPS) einen positiven Einfluss auf die Entwicklung von Körperkultur und Sport auszuüben sowie die Öffentlichkeit objektiv zu informieren. Die Teilnehmer der Konferenz empfehlen den internationalen Sportföderationen, sich bei der Durchführung internationaler Meisterschaften und Pokalwettbewerbe auf ein Maß zu begrenzen, das den Interessen und Möglichkeiten der nationalen Sportorganisationen und ihrer Sportler gerecht wird. Für gemeinsames Handeln in der Europäischen Sportkonferenz eignen sich nach Auffassung der Teilnehmer der Konferenz besonders

- permanenter Erfahrungsaustausch zum Sport für alle,

- Kurse, Seminare und Konferenzen über sportwissenschaftliche und organisatorische Themen,

- Forschung auf allen Gebieten des Sports, Entwicklung, Erprobung und Austausch der Ergebnisse,

- Maßnahmen zur Bekämpfung des Dopings und anderer Entartungen des Sports,

- gegenseitige Information über die sportliche Entwicklungshilfe,

- Austausch von Erfahrungen über den Bau von Sportanlagen und -geräten.

Mit diesem Ziel haben

- die österreichische Bundes-Sportorganisation (BSO) für 1980 ein Experten-Seminar für Sportstättenbau,

- der Schweizerische Landesverband für Sport für 1981 ein Experten-Seminar zum 'Sport für alle',

- der Deutsche Sportbund für das Frühjahr 1981 ein wissenschaftliche; Seminar zur Auswertung der Ergebnisse der Olympischen Spiele 1980,

- die DDR für Herbst 1981 ein Experten-Seminar zum Thema 'Funktion des Sports in der Bildung und Erziehung der jungen Generation' angeboten. Das Koordinations-Komitee wird diese Maßnahmen koordinieren. Die ESK hat dem Koordinations-Komitee außerdem den Auftrag gegeben,

- Arbeitsgruppen für spezielle Themen vorzubereiten und

- den Erfahrungsaustausch mit anderen kontinentalen Sportorganisationen zu eröffnen.

In solchen Maßnahmen sehen die Teilnehmer der Konferenz auch die zukünftigen Chancen der Europäischen Sportkonferenz, über die ausgestalteten bilateralen Beziehungen hinaus multilaterale Aktivitäten aufzubauen sowie gleichfalls weltweite Verbindungen anzuregen und Hilfen - insbesondere zugunsten der Entwicklungsländer - weiterzuentwickeln.

Alle Teilnehmer der IV. Europäischen Sportkonferenz danken dem Deutschen Sportbund für die Ausgestaltung der Konferenz. Die nächste Europäische Sportkonferenz führt das Hauptkomitee für Körperkultur und Sport der Volksrepublik Polen im Oktober 1981 in Warschau durch. Die Bereitschaft Jugoslawiens (1983) und Großbritanniens (1985), Gastgeber der nächsten Europäischen Sportkonferenzen zu sein, wird dankbar begrüßt; Griechenland ist bereit, zu jedem möglichen Zeitpunkt, die Konferenz in Athen auszurichten."


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 24 / 14. Juni 2011, S. 15
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juni 2011