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GESCHICHTE/311: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 133) (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 35 / 30. August 2011
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1981/III: Der XI. Olympische Kongress in Baden-Baden
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 133)

Eine Serie von Friedrich Mevert


Zum zweiten Mal nach Berlin 1930 war das NOK für Deutschland 1981 Gastgeber eines Olympischen Kongresses, des elften in der Geschichte des IOC. Bei der IOC-Session 1976 in Montreal war die Ausrichtung dieser olympischen Großveranstaltung an das bundesdeutsche NOK vergeben worden. Der Kongress fand vom 23. bis 28. September 1981 in Baden-Baden statt und war mit einer Beteiligung von nahezu 1.500 akkreditierten Teilnehmern aus fast 150 Ländern der bis dato bedeutendste sportpolitische Kongress auf internationaler Ebene.

Der Kongress verabschiedete unter dem Vorsitz von IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch Beratungsergebnisse zu den Themen "Die Zukunft der Olympischen Spiele" und "Internationale Zusammenarbeit". Diese Schlussfolgerungen erhielten zahlreiche konkrete Absichtserklärungen und wurden in einer "Abschlusserklärung" zusammengefasst. Im Anschluss an den Kongress trat das Internationale Olympische Komitee in Baden-Baden zu seiner 84. Session zusammen, um über die Empfehlungen des Kongresses zur Lösung der im internationalen Sport bestehenden Probleme zu entscheiden.


Das Schlussdokument des XI. Olympischen Kongresses 1981

"Präambel

Der XI. Olympische Kongress, der vom 23. bis 28. September 1981 in Baden-Baden stattfand, setzte sich zusammen aus:

- 82 Mitgliedern des IOC,
- Vertretern von 26 internationalen olympischen Föderationen,
- 9 internationalen Föderationen, die vom IOC anerkannt sind, aber nicht im olympischen Programm stehen,
- 11 internationalen Föderationen, die vom IOC nicht anerkannt sind und nicht im olympischen Programm stehen,
- 149 NOK
- 34 Olympiasportlern und -sportlerinnen,
- 10 Trainern,
- Vertretern anderer staatlicher und nicht-staatlicher Weltorganisationen,
- 500 Vertretern von Massenmedien der Welt, die für den Kongress akkreditiert wurden.

Die Devise des Kongresses lautete: 'Vereint durch und für den Sport'. Alle Teilnehmer haben zugestimmt, dass die Struktur des Kongresses, dessen Teilnehmer in der Mehrheit von Millionen von Menschen gewählt wurden, die mit dem olympischen Sport in der ganzen Welt verbunden sind, erfolgreich war und beibehalten werden sollte.

Erstmals haben aktive Olympiakämpfer und ihre Trainer auf dem Kongress gesprochen. Es wurde allgemein anerkannt, dass dies eine positive Neuerung war und zukünftig fortgeführt werden sollte.

Die Arbeitsmethode des Kongresses, die jeder beteiligten Gruppe das gleiche Recht zugestand, sich in der Diskussion zu beteiligen und zur Abschlusserklärung beizutragen, war ein Erfolg und sollte beibehalten werden.


Abschlusserklärung

Der XI. Olympische Kongress, dessen Vorsitz der Präsident des IOC, Herr Juan Antonio Samaranch hatte, kam zu folgenden Schlussfolgerungen:

Thema 1: Die Zukunft der Olympischen Spiele

- Die Programme zukünftiger Olympischer Spiele müssen präziser die modernen Tendenzen im Sport widerspiegeln.

- Profi- oder 'offene' Wettkämpfe haben keinen Platz bei den Olympischen Spielen. Die Prinzipien der Regel 26 müssen beibehalten und die Durchführungsbestimmungen an jede olympische Sportart angepasst werden, aber die Einhaltung dieser Regel sollte keine Ungleichheiten unter den Wettkämpfern verursachen.

- Das Zeremoniell der Olympischen Spiele sollte so beibehalten werden wie es in der Olympischen Charta festgehalten ist.

- Die Olympischen Spiele sollten weiterhin überall in der Welt durchgeführt werden können.

- Eine engere Zusammenarbeit sollte zwischen den Organisationskomitees Olympischer Spiele, den IF und NOK aufrechterhalten werden.



Thema 2: Internationale Zusammenarbeit

- Die Olympischen Spiele, die wichtigste Manifestation der internationalen Zusammenarbeit, müssen von jedem unterstützt werden.

- Nachdem sich die Beziehungen innerhalb der olympischen Familie sowie zwischen ihr und den verschiedenen staatlichen Behörden seit dem X. Olympischen Kongress in Varna stark verbessert haben, sollte der XII. Kongress 1990 stattfinden.

Die folgenden Vorschläge, die von den Sportlern unterbreitet wurden, fanden allgemeine Zustimmung:

- Die gegenwärtigen Strafen für den Drogenmissbrauch sollten für alle am Missbrauch Beteiligten verschärft und auch finanzielle Strafen angewandt werden.

- Die Dopingkontrolle sollte sich nicht auf Olympische Spiele und Weltmeisterschaften beschränken, sondern durch Zusammenarbeit mit den internationalen Föderationen und den Nationalen Olympischen Komitees weltweit das ganze Jahr über durchgeführt werden.

- Unterstützung sollte gewährt werden für die Schaffung zuverlässiger und neutraler Labors in der ganzen Welt.

Alle Kongressteilnehmer sollten ihre Organisationen überzeugen, Entwicklungsländern zu helfen, ihre sportlichen Leistungen zu verbessern und die allgemeine sportliche Betätigung zu erhöhen. Dabei sollte die Olympische Solidarität die motivierende Kraft sein. Alle Teilnehmer am Kongress sollten ihre Bestrebungen zur Ausschaltung der Diskriminierung im Sport fortsetzen.


Thema 3: Die Zukunft der Olympischen Bewegung

In enger Zusammenarbeit mit den IF, den NOK und allen unterstützenden Organisationen muss das IOC der Führer des Weltsports sein, der die Prinzipien der Olympischen Charta akzeptiert. Die Drei-Parteien-Kommission sollte erweitert werden und mehr Vertreter der drei Parteien sowie, wo es für notwendig erachtet wird, Vertreter anderer Organisationen aufnehmen. Größere Möglichkeiten sollten den Frauen in der Sportadministration durch die betreffenden Organisationen zur Verfügung gestellt werden.

Die wichtige Rolle, die Fernsehen und Informationsmedien spielen, wurde einmütig gewürdigt. Ihre Kampagnen zugunsten des Sports sollten weiterhin die positiven Aspekte des Sports hervorheben. Mit allen Regierungen, vielleicht durch die UNESCO, sollte eine weltweite erzieherische Kampagne bezüglich der nützlichen Aspekte des Sporttreibens gestartet werden. Finanzielle Unterstützung von kommerziellen Quellen ist willkommen unter der Voraussetzung, dass die Wettkämpfer nicht ausgenutzt werden. Es sollten alle Anstrengungen unternommen werden, um Fairplay und Sportlichkeit wiederherzustellen. (...)"


Die Gesamtkosten des Kongresses betrugen rund 9,5 Mio DM und wurden vom Bund (2,6 Mio), dem Land Baden-Württemberg, der Stadt Baden-Baden und - mit erheblichen Eigenleistungen - vom NOK für Deutschland aufgebracht.

Die 84. Session des IOC schloss sich an den Kongress an. Dabei wurden die Vorschläge des Kongresses aufgegriffen und folgende wesentlichen Beschlüsse gefasst:

- Änderung der sogenannten Amateurregel (Bylaws zu Regel 26),
- Erweiterung des Olympischen Programms (Tennis und Tischtennis),
- Erstmals Wahl von Frauen ins IOC (Pirjo Haegmann, Finnland, Flor Isava Fonseca - Venezuela),
- Wahl Seouls und Calgarys als Olympiastädte 1988,
- Institutionalisierung der Mitwirkung der Sportler und Trainer (Aktivenbeirat beim IOC).


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 35 / 30. August 2011, S. 23
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. September 2011