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GESCHICHTE/324: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 146 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 48 / 29. November 2011
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1983/IV: Gesprächen mit FDP und SPD: Soziale Aufgaben im Mittelpunkt
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 146)

Eine Serie von Friedrich Mevert


Die Gespräche des DSB-Präsidiums mit den Führungsgremien der Parteien und der im Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen wurden auch im vorolympischen Jahr fortgesetzt. Dabei standen neben aktuellen sportpolitischen Fragen in den Gesprächen mit der FDP (31. August 1983) und der SPD (8. September 1983) die Ausweitung und Stärkung der sozialen Aufgaben des Sports im Mittelpunkt.

Die gemeinsamen Pressekommuniqués über die Gespräche lauteten:

"Bundessportbeirat FDP: Sozialen Akzent des Sports stärken!

Vertreter des Bundessportbeirates der Freien Demokratischen Partei mit dem Vorsitzenden der Fraktion der FDP im Deutschen Bundestag, Wolfgang Mischnick, Prof. Dr. Berno Wischmann und Dr. Thomas Bach, an der Spitze des Präsidiums des Deutschen Sportbundes mit Willi Weyer, Heinz Fallak, Hans-Helmut Kämmerer und Karlheinz Gieseler besprachen am Mittwoch aktuelle Fragen der internationalen Sportpolitik, der Steuerpolitik, des Freizeit- und Spitzensports, um Leitlinien und Förderungsmöglichkeiten abzustimmen. Ziel ist es, den sozialen Akzent des Sports weiter zu stärken.

Die steuerpolitischen Vorstellungen des Deutschen Sportbundes laufen vor allem auf eine Entlastung und Verwaltungsvereinfachung für die Turn- und Sportvereine hinaus sowie auf die steuerliche Klarstellung bei kostenloser Ausrüstung von Sportverbänden. Die FDP wird mithelfen, die Vereine von unnötigen Auflagen zu entlasten, steuerneutrale Lösungen für Ausrüsterverträge der Verbände und Vereine zu suchen und die Rechtsunsicherheit hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Zuwendungen von Sponsoren zu beseitigen.

Das Konzept der neuen Trimm-Aktion 'Trimming 130 - Bewegung ist die beste Medizin' für den Freizeitsport wird begrüßt und seitens der FDP jetzt gemeinsam mit dem DSB überlegt, wie Pilotprojekte des DSB für solche Aktionen langfristig wirkungsvoll durch die öffentliche Hand und hier besonders durch den Bund gefördert werden können. Beiderseits wurde unterstrichen, dass in diese sportlichen Angebote auch behinderte, minderbegünstigte und ausländische Mitbürger, Frauen und Männer gleichermaßen eingeschlossen sind.

Die FDP will alles in ihren Kräften Stehende tun, um mit dem Ziel eines humanen Spitzensports die besten Voraussetzungen in der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 1984 zu schaffen. Die leistungssportliche Entwicklung sieht nach den Ergebnissen zurückliegender Welt- und Europameisterschaften günstig aus und beweist, dass die in der Grundsatzerklärung des DSB für den Spitzensport festgelegten Maßnahmen gegriffen haben.

Dies geht nicht zuletzt auch auf die Hilfen im sozialen Bereich des Athleten zurück, der für die Zukunft u. a. durch die Sportbriefmarke mit Zuschlagerlös zugunsten der Stiftung DSH gesichert sein muss."


"SPD-Bundestagsfraktion: Soziale Offensive hat Vorrang!

Im Mittelpunkt eines Spitzengesprächs zwischen Vertretern der Fraktion der SPD des Deutschen Bundestages mit Dr. Hans-Jochen Vogel, Annemarie Renger und Dr. Jürgen Schmude an der Spitze und des Präsidiums des Deutschen Sportbundes unter Führung von Dr. Willi Weyer standen Fragen der Förderung eines humanen Spitzensports auf der Grundlage der Prinzipien der Grundsatzerklärung des DSB von 1977, der Doping-Bestimmungen und der Orientierung für Kinder im Leistungssport, die Ausweitung der sozialen Aufgabe des Freizeit- und Erholungssports mit den neuen Trimm-Angeboten der Vereine, der Sport in der Steuergesetzgebung und in der Bildungspolitik sowie der Austausch mit den osteuropäischen Sportorganisationen und dem DTSB der DDR.

Beide Seiten stellten heraus, dass auch die frühere Arbeitersportbewegung der nach dem Kriege im Deutschen Sportbund gefundenen Einheit des Sports kräftige Impulse gegeben hat, was sich in der 1980 geschaffenen Fritz-Wildung-Plakette des DSB darstellen soll, die für besondere soziale und gemeinschaftliche Leistungen von Vereinen und Gruppen vergeben wird. Diese Anstöße gelten vor allem der Öffnung des Sports für alle Menschen und wirken sich besonders auf den Sport für behinderte, minderbegünstigte und ausländische Mitbürger aus. Selbst die Trimm-Aktionen im Bereich des Freizeit- und Erholungssports haben ihre Wurzeln in den Ideen der alten Arbeitersportbewegung, wenn sie sich heute auch in neuen Formen darstellen. Deshalb steht die SPD diesen Initiativen des DSB aufgeschlossen gegenüber.

Hit kritischer Aufmerksamkeit verfolgt die SPD dagegen gewisse Tendenzen im Spitzensport, die mit der Vermarktung des Athleten und der Kommerzialisierung des Sports zusammenhängen und damit gleichzeitig Steuerprobleme schaffen, die z. B. in der Frage der Erstattung von Ausbildungskosten beim Vereinswechsel unterschiedliche Standpunkte ergeben haben, die weitere Gespräche zur Annäherung der Auffassungen erforderlich machen. Beide Seiten unterstreichen, dass sie einen humanen Spitzensport fördern wollen, der sich in Prinzipien und Praxis an der Wurde des Menschen orientiert und im Jugendalter eine besondere Verantwortung der Sportorganisationen u. a. mit ihren Betreuern, Trainern und Wissenschaftlern verlangt.

DSB und SPD wünschen nicht nur das Aktionsprogramm für den Schulsport - ausgedehnt auf die berufsbildenden Schulen - in einer Vereinbarung zwischen DSB und KMK fortzuführen, sondern stimmen auch in der weiteren Entwicklung des Sports an den Hochschulen überein. Das Drängen auf Aufnahme des Sports in den - inzwischen zu den Akten gelegten - Bildungsgesamtplan war deshalb nur die logische Folge der bildungspolitischen Vorstellungen des DSB. Was die Einbeziehung arbeitsloser Lehrkräfte in den Sportbetrieb der Vereine und Verbände angeht, so wird der DSB dies weiter nachdrücklich fördern, ohne allerdings das Prinzip der ehrenamtlichen Führung und Mitarbeit in den Sportorganisationen aufzugeben, worin auch ein sozialer Dienst für unser freiheitlich-demokratisches Gemeinwesen liegt.

Dem internationalen und dem innerdeutschen Sportverkehr wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt, weil hier ein weltweites Beispiel für Begegnung und Verständigung, Zusammenarbeit und friedlicher Konfliktlösung unabhängig von unterschiedlichen Rassen, Religionen oder Weltanschauungen gegeben und die menschliche Annäherung ermöglicht wird. (...)"


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 48 / 29. November 2011, S. 34
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Dezember 2011