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GESCHICHTE/325: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 147 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 49 / 6. Dezember 2011
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1983/V: Sport für alle - eine europäische Verpflichtung
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 147)

Eine Serie von Friedrich Mevert


Die in der jugoslawischen Hauptstadt Belgrad vom 5. bis 8. Oktober 1983 unter dem Generalthema "Europa und die Welt" durchgeführte VI. Europäische Sportkonferenz (ESK) stand aus politischen Gründen zunächst nicht unter einem guten Vorzeichen. Erst eine schließlich gefundene Friedensformel ermöglichte eine praktische Kooperation vor allem im Breiten- und Freizeitsport. Zu den in Belgrad neu gegründeten ESK-Arbeitsgruppen gehörte "Sport für die Welt", in der DSB und DTSB der DDR zusammen mit Finnland, Jugoslawien, Niederlande, Schweiz und UdSSR unter der Leitung von Norwegen Vorschläge vor allem auch für die sportliche Entwicklungshilfe erarbeiten sollten. Einer der Hauptredner der Konferenz war DSB-Präsident Willi Weyer zum Thema "Zusammenarbeit in der Entwicklungshilfe innerhalb der ESK".


Die Abschlusserklärung der VI. ESK hat folgenden Wortlaut (Auszug):

"Vertreter der nationalen Sportorganisationen und staatlichen Institutionen aus 27 Ländern nahmen an der VI. Europäischen Sportkonferenz, vom 5. bis 7.10.1983 in Belgrad teil. Ehrengäste waren Juan Antonio Samaranch, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Thomas Keller, Präsident der Vereinigung der Internationalen Föderationen, und Prof. Dr. August Kirsch, Präsident des Weltrates für Sportwissenschaft und Leibeserziehung; weitere Gäste, Beobachter und die Presse traten hinzu. Die Konferenz stand unter dem Generalthema 'Europa und die Welt' und diente dem Meinungsaustausch über Möglichkeiten der Zusammenarbeit des europäischen Sports mit anderen Kontinenten.

Sport kann nur in Frieden gedeihen. Fairer Wettkampf ist das oberste Prinzip seiner Regeln und die Grundlage für Begegnung und Verständigung zwischen Menschen unterschiedlicher Rassen, Religionen und politischer Systeme im Sport. Aus diesem Grunde teilt die ESK die Besorgnis um die Erhaltung des Friedens. Die Teilnehmer der ESK drängen deshalb auf die Bereitschaft der politisch Verantwortlichen in allen Ländern, zu einer Verständigung untereinander zu kommen, damit der Sport weiterhin einer friedlicheren und besseren Welt dienen kann.

Hauptreferate wurden von Branko Ekert (Jugoslawien), Cadfan Davies (Großbritannien) und Willi Weyer (Deutscher Sportbund) gehalten. Die existierenden internationalen Strukturen genügen nicht für die weitere Entwicklung des modernen Sports. Das Spektrum des Sports wird immer breiter; es ist einerseits von den wachsenden Anforderungen des Leistungssports gekennzeichnet und andererseits durch die schnelle Entwicklung des Freizeit- und Erholungssports. Die Ausgestaltung des 'Sports für alle' verlangt höchste Priorität. Wenn die ESK ihre Verantwortung auf diesem Gebiet wahrnehmen will, wird sie dem einzelnen Menschen, den nationalen Gesellschaften und der Weltgemeinschaft jetzt und in Zukunft dienen.

Das IOC und die Internationalen Föderationen sind nicht für die Entwicklung des 'Sports für alle' eingerichtet. Es sind dies vor allem die nationalen Sportorganisationen, die in der ESK zusammenarbeiten, und nach Meinung Willi Weyers auch die neueingerichtete Weltorganisation IANOS, die eine fortschrittliche Entwicklung des 'Sports für alle' sicherstellen kann. Es wird vorgeschlagen, eine Arbeitsgruppe 'Sport für die Welt' mit dem Zweck einzurichten, den derzeitigen Status und die Strukturen auf diesem Gebiet zu untersuchen und Vorschläge für die künftige Zusammenarbeit auszuarbeiten.

Die Teilnehmer der VI. ESK begrüßen, dass die Referate und die anschließenden Diskussionen viele Möglichkeiten! für eine Zusammenarbeit im Sport zwischen den europäischen Ländern und anderen Erdteilen sichtbar gemacht haben. In diesem Zusammenhang wird von ihnen empfohlen,

- dass die nationalen Sportorganisationen aller europäischen Länder danach streben sollten, die bestmögliche Kooperation mit Ländern aller Kontinente zu erreichen;

- dass sie sich bemühen sollten, spezifische Programme für die Kooperation im Sport auf allen Gebieten mit den Entwicklungsländern zu erstellen;

- dass internationale Wettkämpfe für alle Kontinente offen sein sollten, um auf diese Weise zur Entwicklung des Sports beizutragen und zu einem besseren Verständnis untereinander;

- dass alle Erfahrungen, Ergebnisse und Errungenschaften auf dem Gebiete des Sports und der Körperkultur allen interessierten Ländern zur Verfügung gestellt werden sollten;

- dass man nach umfassender Zusammenarbeit zwischen den Sportorganisationen und wissenschaftlichen Institutionen strebt, um die Anwendung moderner Errungenschaften für eine gleichmäßigere Entwicklung des Sports in der Welt zu fördern;

- dass der Geist von Ritterlichkeit und Fair play bei allen Wettkämpfen und anderen Sportveranstaltungen gepflegt wird;

- dass Anstrengungen unternommen werden, um Missverständnisse und Widersprüche auszuschalten, die vor allem die Zusammenarbeit im Sport behindern.

Ein Fortschritt innerhalb der erwähnten Gebiete ist unabhängig von einer noch engeren Zusammenarbeit zwischen den nationalen und internationalen Organisationen auf den Gebieten des Sports und der Sportwissenschaft und besonders mit dem IOC und den Internationalen Föderationen, deshalb ist vertrauensvolles Einvernehmen erforderlich.

Die Teilnehmer an der Konferenz bestätigen, dass die VII. ESK im Oktober 1985 in Cardiff/Wales stattfindet. Sie schlagen als Generalthema 'Jugendsport' vor, zumal die Generalversammlung der UNO 1985 zum 'Internationalen Jahr der Jugend' erklärt hat. Die Vertreter folgender Länder werden in das Internationale Koordinierungs-Komitee für die VII. ESK gewählt: Großbritannien, Bulgarien, DDR, Griechenland, Jugoslawien, Norwegen, Österreich, Portugal und Rumänien. Griechenland erklärt, die VIII. ESK 1987 in Olympia, Bulgarien die IX. ESK 1989 in Sofia ausrichten zu wollen."


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 49 / 6. Dezember 2011, S. 26
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Dezember 2011