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GESCHICHTE/333: Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte Teil 152 (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 6 / 7. Februar 2012
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

1984/IV: 4. Europäische Sportministerkonferenz auf Malta
Sportpolitische Dokumente aus sieben Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte (Teil 152)

Eine Serie von Friedrich Mevert


Die 4. Europäische Sportministerkonferenz des Europarates fand vom 14. bis 16. Mai 1984 auf Malta statt und fasste während insgesamt elf Entschließungen sowie eine Erklärung über den "Sport als Mittel des Friedens". Die Entschließungen betrafen die Themen Doping, Förderprogramme Sport für alle, Olympische Spiele, wirtschaftlicher Wandel und Sport, Beschäftigung im Sport, Gewalttätigkeit von Zuschauern im Sport, Sport für Behinderte, Sport für gesellschaftliche Randgruppen, Maßnahmen gegen Diskriminierung im Sport, europäische Zusammenarbeit im Sport sowie die Arbeit des CDDS (Sportausschuss des Europarats).

Die Entschließungen Nr. 1 und 10 werden nachfolgend - auszugsweise - wiedergegeben:

Entschließung Nr. 1 zur Europäischen Charta gegen Doping im Sport

"Die europäischen Sportminister, (...)

- eingedenk der Entschließung über Doping und Gesundheit, die sie auf ihrer 2. Konferenz in London im April 1978 angenommen haben;

- unter Betonung, dass die Verwendung von Doping-Mitteln gesundheitsschädlich ist und den ethischen Werten des Sports widerspricht und so die Hauptzwecke untergräbt, wegen denen der Sport von den staatlichen Stellen finanziell unterstützt wird;

- in der Besorgnis, dass die Verwendung von Doping-Mitteln immer gebräuchlicher wird, sich auf immer mehr Formen des Sports ausdehnt und dass immer jüngere Sportler und Sportlerinnen sie verwenden; (...)

- unterstützen voll die Europäische Charta gegen Doping im Sport und sind einverstanden, sich von ihren Prinzipien leiten zu lassen, wenn sie Schritte auf den Gebieten erwägen oder einleiten, die von dieser Charta abgedeckt werden und für die sie zuständig sind;

- fordern die internationalen und nationalen Sportorganisationen dringend auf, die darin enthaltenen Bestimmungen in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereichen anzuwenden;

- beschließen, die Auswirkungen dieser Charta auf ihren nächsten Konferenzen zu prüfen und insbesondere mögliche Verbesserungen, die sich als notwendig erwiesen haben, abzuwägen;

- fordern den Ministerausschuss des Europarats auf, diese Charta in der Form einer Empfehlung an die Regierungen der Mitgliedsstaaten anzunehmen, die u. a. für die weite Verbreitung dieser Charta bei den betreffenden Organen und Beteiligten Sorge tragen werden.


Europäische Charta gegen Doping im Sport

Teil A: Die Regierungen der Mitgliedsstaaten sollten:

1. alle geeigneten Schritte unternehmen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, um Doping im Sport auszumerzen, und insbesondere:

1.1 sicherstellen, dass wirksame Regelungen gegen das Doping durchgeführt werden, beispielsweise durch die Anwendung der Bestimmungen geeigneter Gesetze in den Mitgliedstaaten, wo solche existieren, oder durch die Verpflichtung der Sportorganisationen, wirksame Anti-Doping-Regelungen anzunehmen und anzuwenden, sofern dies noch nicht geschehen ist, z.B. indem man solche Regelungen zur Bedingung für die Zuteilung öffentlicher Zuschüsse macht;

1.2 auf internationaler Ebene zusammenzuarbeiten;

a) in bezug auf Maßnahmen zur Einschränkung der Verfügbarkeit von Doping-Mitteln;

b) durch Vereinfachung der Durchführung von offiziellen Doping-Kontrollen, die von den internationalen Sportorganisationen beschlossen werden;

2. entweder einzeln oder gemeinsam Doping-Kontrolllabors von hohem technischen Standard einrichten und betreiben. Die Schaffung und Betreibung von leistungsfähigen Kontrolllabors sollte die Bereitstellung von Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten für qualifiziertes Personal und von angemessenen Forschungsprogrammen umfassen.

Diese Labors sollten einen solchen Standard haben, dass sie von den zuständigen internationalen Sportorganisationen anerkannt, akkreditiert und bestätigt werden können, insbesondere, damit solche Labors für Doping-Kontrollen bei internationalen Sportveranstaltungen, die im Hoheitsgebiet des jeweiligen Mitgliedstaates abgehalten werden, eingesetzt werden können.

3. Die Forschung in Doping-Kontrolllabors im Bereich der analytischen Chemie und Biochemie fördern und in der Folge bei der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse behilflich sein, um dieses Wissen weiter zu verbreiten; sie sollten ferner geeignete Vorkehrungen für die Einführung von Techniken, Normen und Maßnahmen treffen, die sich durch die Forschung als notwendig erweisen.

4. Erziehungsprogramme und -kampagnen vom Schulalter ab konzipieren und durchführen, die die Aufmerksamkeit auf die Gefahren und die Unfairness des Dopings lenken und die echten ethischen und physischen Werte des Sports fördern, die Gestaltung ausgesogener physiologischer und psychologischer Trainingsprogramme unterstützen, die die ständige Suche nach verbesserten Leistungen ohne den Einsatz künstlicher Hilfen oder Schäden für den Organismus des Sportlers fördern.

5. Bei der Finanzierung der Doping-Kontrollen helfen. Teil B: Die Regierungen der Mitgliedstaaten sollten den Sportorganisationen ihre Mitarbeit anbieten, so dass letztere alle Maßnahmen in ihrem Zuständigkeitsbereich treffen können, um das Doping-Problem zu beseitigen

6. Die Sportorganisationen sollten ermutigt werden,

6.1 ihre Anti-Doping-Bestimmungen und -Verfahren auf der Basis der Vorschriften des IOC oder des IAAF zu harmonisieren und sicherzustellen, dass diese Regelungen einen angemessenen Schutz der Rechte der teilnehmenden Sportler garantieren, die eines Verstoßes gegen die Anti-Doping-Bestimmungen beschuldigt werden, einschließlich des Rechts auf eine faire in dem Verfahren, das zur Verhängung von Strafen führen;

6.2 ihre Listen verbotener Substanzen auf der Basis der IOC-Listen zu vereinheitlichen sowie Regelungen für spezifische Anti-Doping-Bestimmungen für jede Sportart vorzusehen;

6.3 die für Doping-Kontrollen zur Verfügung stehenden Einrichtungen voll und wirksam zu nutzen;

6.4 in ihre Regeln eine Klausel aufzunehmen, durch die die Sportler die bei den offiziellen Wettkämpfen des betreffenden Sportverbandes teilnahmeberechtigt sein wollen, ihre Zustimmung geben, sich jederzeit einer Doping-Kontrolle zu unterziehen, die von einem von dem betreffenden Verband hierzu ordnungsgemäß befugten Vertreter angeordnet wird;

6.5 sich auf ähnliche und erhebliche Strafen für Sportler und Sportlerinnen zu einigen, denen der Gebrauch von Doping-Substanzen nachgewiesen wird, und für alle anderen Personen, die Doping-Substanzen liefern, verabreichen oder deren Einnahme erleichtern;

6.6 anzuerkennen, dass überhöhte Leistungsniveaus in manchen Fällen zum Doping verleiten können. (...)"


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 6 / 7. Februar 2012, S. 26
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Februar 2012