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FRAGEN/011: Dr. Dr. Winfried Banzer zum Stichwort Prävention (DOSB)


DOSB Presse - Der Artikel- und Informationsdienst
des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Stichwort: Prävention

Vier Fragen an Prof. Dr. Dr. Winfried Banzer, Mitglied des Beirates Sportentwicklung des Deutschen Olympischen Sportbundes


"Vorzeichen für ein Präventionsgesetz günstiger als 2005"

DOSB PRESSE: Das Bundesministerium für Gesundheit macht zum zweiten Mal mit einem Präventionsgesetz Ernst und steht kurz vor der Eröffnung des Gesetzgebungsverfahrens. Wie beurteilen Sie diesen Schritt?

BANZER: Wie schon vor zwei Jahren ist ein solches Gesetz grundsätzlich in aller Form zu begrüßen. Der Deutsche Olympische Sportbund ist schon immer dafür eingetreten, die gesundheitliche Prävention durch mehr sportliche Bewegung zu fördern. Derzeit hat sich das Umfeld für die gesundheitliche Prävention erheblich verbessert: Es gibt bereits eine Bewegungskampagne des Gesundheitsministeriums. Zudem hat die Bundesregierung die Zeichen der Zeit ebenfalls erkannt und will mit einem Nationalen Aktionsplan gegen Übergewicht und Bewegungsmangel vorgehen. Durch diesen Schritt werden endlich die Aktivitäten der verschiedenen Ministerien unter einem Dach vereint. Nun steht das Präventionsgesetz an, womit der eingeschlagene Weg konsequent weiter beschritten wird. Entscheidend werden jetzt die beim ersten Mal nicht immer glückliche Umsetzung und die Inhalte sein.

DOSB PRESSE: Bisher sind allerdings erst die Eckpunkte bekannt geworden. Wie beurteilen Sie das vorliegende Papier?

BANZER: Zwei Dinge sind sehr wichtig. Das für die Prävention vorgesehene Finanzvolumen fällt mit 350 Millionen Euro um rund ein Drittel höher aus als beim ersten Anlauf. Damit können sicherlich nicht alle notwendigen Wünsche erfüllt werden. Aber jeder Cent mehr hilft. Und dann wird der Ansatz des Settings - also das Handeln innerhalb einer Lebenswelt - in den Eckpunkten beschrieben, ein Ansatz, den wir ebenfalls vertreten. Er wird beispielsweise in NRW vorbildlich in Modellprojekten von Sportvereinen beschritten. Deshalb darf auf keinen Fall darauf verzichtet werden, den Sportverein als mögliches Setting zu nennen. Der Sport darf hier nicht zum Verlierer werden, nur weil es einen internen Richtungsstreit in der Politik gibt.

DOSB PRESSE: Das sind die positiven Seiten des angedachten Gesetzes. Gibt es auch Dinge, vor denen Sie warnen?

BANZER: Aus meiner Sicht haben die Verantwortlichen leider aus den Fehlern nicht gelernt, die im ersten Anlauf gemacht worden sind. Der Staat will sich aus der finanziellen Verantwortung komplett zurückziehen und die Lasten nur auf den Schultern der sozialen Versicherungsträger abladen. Mit solch einem Vorgehen kann der Bund die anderen kaum hinter sich vereinen. Dann will das Ministerium wiederum eine nationale Stiftung als großen Mittelpunkt der Prävention einrichten. Hiervor haben wir schon beim letzten Mal gewarnt, und das tun wir jetzt wieder. Man sollte doch lieber die bestehenden Dinge nutzen, bei Bedarf anpassen und nicht schon wieder das Rad neu erfinden und zudem viel hemmende Bürokratie aufbauen.

Dann wird die Kompetenz nicht in Richtung Kommunen verlagert, wo die Prävention an der Basis stattfinden muss, sondern soll zur Stiftung.

DOSB PRESSE: Was befürchten Sie durch den sich abzeichnenden Weg?

BANZER: Aus meiner Sicht sind die Vorzeichen für ein Präventionsgesetz eigentlich noch günstiger als 2005, denn die Idee hat sich in den Köpfen der Menschen festgesetzt. Diese Entwicklung wird durch den Beschluss der Konferenz der Gesundheitsministern aus den Bundesländern in Richtung Bundesgesundheitsministerin dokumentiert, doch endlich mit dem Gesetz voran zugehen. Aber die alten Gräben zwischen Bund und Ländern, die das vorige Gesetz zu Fall gebracht hatten, sind schon wieder aufgebrochen, weil das Ministerium sich nicht bewegt hat, sondern nur die alte Vorlage wieder hat aufleben lassen. Die Kritik aus den Bundesländern und auch von den Versicherungen ist in aller Härte wieder entflammt. Um diese Gräben zu überwinden, bedarf es großer Anstrengungen. Bleibt die Frage, ob die Kraft dafür vorhanden ist. Beim letzten Mal fehlte sie. Wenn sich das Ministerium etwas mehr bewegt hätte, wäre nicht so viel Energie notwendig und damit mehr Optimismus angebracht.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 40, 1. Oktober 2007, S. 8-9
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2007