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FRAGEN/013: Zum "Symposium Schwimmen" der DLRG (DOSB)


DOSB Presse - Der Artikel- und Informationsdienst
des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Stichwort: Symposium Schwimmen der DLRG
Sieben Fragen an Helmut Stöhr, Leiter Ausbildung im Präsidium der Deutschen Lebens Rettungsgesellschaft (DLRG)

"Mangelnde Schwimmfähigkeit, Bewegungsarmut und Übergewicht sind tickende Zeitbomben!"


DOSB PRESSE: Zum 2. Symposium Schwimmen erwartet die DLRG vom 15. - 17.11.2007 in Bad Nenndorf mehr als 25 namhaften Referentinnen und Referenten aus Wissenschaft, Politik und Verbänden sowie 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Schirmherrin des Symposiums ist die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ursula von der Leyen. Warum findet gerade jetzt dieses 2. Symposium Schwimmen der DLRG statt?

STÖHR: Wir hatten mit unserem 1. Symposium Schwimmen im Jahr 2001 einen großen Erfolg. An diesen wollen wir anknüpfen. Bereits Ende der 90er Jahre war es die strategische Zielrichtung des Präsidiums der DLRG, das Thema "Schwimmen" nachhaltig zu analysieren und voran zu bringen. Gerade die letzten beiden Jahre haben mit verschiedenen Untersuchungen aufgezeigt, dass man ohne Übertreibung die Situation als "dramatisch" bezeichnen muss angesichts der vielen Menschen, die nicht schwimmen können! Die Zeit ist reif, nach Lösungen zu suchen! Das können wir nicht alleine. Deshalb wollen wir jetzt mit interessierten Partnern Lösungsmöglichkeiten erarbeiten.

DOSB PRESSE: Welche Erwartung haben Sie an die Veranstaltung?

STÖHR: Ich erwarte vor allem Impulse für Lösungen. Die Rahmenbedingungen für das Schwimmen müssen verbessert werden. Mangelnde Schwimmfähigkeit, Bewegungsarmut und Übergewicht von Kindern (Adipositas) sind tickende Zeitbomben, die umso teurer werden, je länger wir sie ignorieren. Bädererhalt, Lehrplankorrekturen, Qualifikation der Ausbilder und Lehrer, Erlasslagen zur Präventions- und Rettungsfähigkeit müssen im föderalistischen Rahmen diskutiert und harmonisiert werden. Bürgerschaftliches Engagement kann hier viel bewegen, wie einige gute Beispiele beweisen.

DOSB PRESSE: Prof. Dr. Kurz hat im Oktober 2006 eine Untersuchung über die Schwimmfähigkeit von Fünftklässlern in Nordrhein-Westfalen vorgestellt. Wie sehen Sie die Untersuchungsergebnisse?

STÖHR: Sie sind äußerst wertvoll! Ich denke, sie haben Bedeutung für das gesamte Bundesgebiet. Ich halte die Untersuchungsbasis für unangreifbar, und es wird sicher spannend sein, beim Symposium zu erleben, wie die Diskussion zu einzelnen Ergebnisschwerpunkten geführt wird. Da gibt es Diskussionsstoff in Hülle und Fülle, um die sich verschlechternde Schwimmfähigkeit zu analysieren.

DOSB PRESSE: Auch die DLRG hat kein gutes statistisches Ergebnis bei den Schwimmabzeichenabnahmen erzielen können!

STÖHR: Stimmt! Leider sind die knapp 48.000 Jugendschwimmabzeichen in Bronze 2006 ein weiterer Rückgang (zum Vergleich: 2004 waren es 50.000; Anm. der Red.), und über die Ursachen denken wir intensiv nach. Es allein auf die Geburtenrückgänge zu schieben, wäre zu einfach. Hier müssen wir genau in unseren Gremien analysieren, ob wir auch in der Qualität unserer Ausbildung nachsteuern müssen. Doch genau dazu wollen wir uns auch mit unseren Ausbildern im Rahmen des Symposiums austauschen.

DOSB PRESSE: Nur etwa 17 % der Kinder eines Jahrganges erlernen das Schwimmen in der Schule!

STÖHR: Diese Zahl kann zweierlei aussagen: einmal, dass die Eltern aktiv werden und schon vor dem Schulschwimmen dafür sorgen, dass ihre Sprösslinge Schwimmen lernen, oder zum anderen, dass der Lernort Schule dafür nicht mehr leistungsfähig genug ist! Auch darüber werden wir ins Gespräch kommen müssen. Sicher ist klar, dass das staatliche Schulsystem bei gestiegenen Anforderungen nicht alle Elternwünsche erfüllen kann. Die Unterstützung der Eltern für ihre Kinder ist durch nichts zu ersetzen. Bezogen auf das Schwimmen erwarten wir von Eltern, dass sie für entsprechende Freizeitaktivitäten, Angebote oder Rahmenbedingungen sorgen, damit ihre Kinder sich langfristig den Lebensraum Wasser erschließen können und sich sicher darin bewegen. Das heißt aber nicht, dass sich die Schule aus der Schwimmausbildung zurückziehen darf. Eltern und Schule haben eine gemeinsame Verantwortung. Etwas anderes ist mit uns auch nicht zu machen.

DOSB PRESSE: Was können Eltern konkret tun?

STÖHR: Sich ihrer Vorbildrolle bewusst werden. Sie können im Sommer am Wochenende gemeinsam mit ihren Kindern Schwimmen oder Baden gehen. Der Spaß an der Bewegung im Wasser kommt dann oft von ganz allein, wenn man am See oder im Freibad ist. Nicht jedes Kind soll oder kann ein Spitzenschwimmer sein oder werden. Doch wenn Eltern bei der Planung des nächsten Sommerurlaubs an der Ostsee oder dem Mittelmeer daran denken, ihr Kind zu einem Schwimmkurs anzumelden, ist sicher schon viel gewonnen. Zu wissen, mein Kind kann Schwimmen und ist sicher im Wasser, wenn der Urlaub beginnt, das ist ein gutes Gefühl.

DOSB PRESSE: Was kann die DLRG tun?

STÖHR: Sehr viel! Gegenwärtig gibt es eine ganze Reihe von Projekten und Maßnahmen in der DLRG, um das Schwimmen lernen zu unterstützen. Wir hoffen, vor allem unser Ausbildungspotenzial stärker zu entwickeln. Darauf ausgerichtet ist beispielsweise unsere Ausbildungsoffensive, unser Sportassistent Schwimmen und die Entwicklung eines "Lehrscheins Schwimmen". Dafür wollen wir uns vorrangig an zwei Zielgruppen wenden: die Zielgruppe 50+ und junge Eltern, die selbst einmal bei der DLRG das Schwimmen gelernt haben. Deren Erfahrungen wollen wir nutzen.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 45, 6. November 2007, S. 4-5
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. November 2007