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FRAGEN/029: Dr. Winfried Banzer zum Stichwort Prävention (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 25 / 17. Juni 2008
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Stichwort: Prävention

Vier Fragen an Prof. Dr. Dr. Winfried Banzer
(Sportmediziner Universität Frankfurt und DOSB-Gesundheitsexperte)


DOSB PRESSE: Das Präventionsgesetz droht wieder zu scheitern. Wie bewerten Sie die Entwicklung aus der Sicht des DOSB?

BANZER: Wir bedauern diese Entwicklung sehr. Zum zweiten Mal nach 2005 sieht es so aus, als ob die Prävention zum Spielball der Interessen wird. Dabei hatten wir uns auf Grund der stabilen Mehrheitsverhältnisse so viel in diese Richtung ausgerechnet. Überraschend gibt es aber noch ein wenig Licht am Ende des Tunnels, denn am 23. Juni kommt es im Bundestag noch zu einer öffentlichen Anhörung zum Thema "Prävention", wenn sie auch durch die Opposition maßgeblich initiiert wurde. Sie ist ein deutliches Zeichen, dass noch nicht alle politischen Beteiligten ihre Tätigkeiten für die Prävention eingestellt haben. Eins muss man ganz klar selbstkritisch sagen: Es ist uns immer noch nicht gelungen, die Bedeutung der Prävention für das Gesundheitswesen deutlich zu machen, denn ansonsten würde kein Weg daran vorbei führen.

DOSB PRESSE: Viele Verbände haben Kritik an dem Ende des Gesetzgebungsverfahrens geäußert. Was bleibt jetzt noch zu tun?

BANZER: Die Schwierigkeit ist, dass die Prävention keine schnellen Erfolge verspricht, in der Politik ein ganz wichtiger Gradmesser. Prävention muss flächendeckend betrieben werden, und vor allem muss sie nachhaltig sein. Für Prävention muss man Geduld besitzen. Schade ist auch, dass die Lobby in der Gesundheitspolitik für die Prävention noch nicht groß genug scheint. Auf dem Wege dahin ist die neue Bundesvereinigung für Prävention und Gesundheitsförderung (BVPG) als vereinigter Zusammenschluss aller wichtigen Organisationen im Gesundheitswesen; ein ganz großer Schritt, um mit einer Stimme sprechen zu können. In dieser Bundesvereinigung hat der DOSB eine maßgebliche Rolle übernommen. Es wird wichtig sein, dass die BVGP diese Debatte unabhängig von Legislaturperioden ständig am Laufen hält, um entsprechenden Druck auszuüben. Aber wir dürfen auch für dieses Jahr die Hoffnung nicht aufgeben, dass wir die Handelnden in der großen Koalition noch von der Notwendigkeit des Gesetzes überzeugen können, denn je schneller, umso besser.

DOSB PRESSE: Wird denn die Prävention ohne Gesetz an Bedeutung verlieren oder wo liegt der Gewinn durch ein Präventionsgesetz?

BANZER: An Bedeutung wird die Prävention ohne Gesetz zwar nicht verlieren, aber genau das Gegenteil - ein Mehr an Aktivitäten - wollen wir erreichen. Ein vernünftig angelegtes Gesetz schafft sicherlich verbesserte Strukturen, einen größeren finanziellen Spielraum, und es kann die jetzigen Maßnahmen bündeln. Als wichtigstes aus meiner Sicht: Ein Gesetz kann wie eine Initialzündung wirken und die Prävention in den Köpfen der Menschen verankern.

DOSB PRESSE: Welche Probleme sehen Sie denn bei der vorliegenden Fassung des Präventionsgesetzes und sehen Sie eine Kompromiss-Linie?

BANZER: Vordringlich müssten die Befürchtungen für ein neu geschaffenes Verwaltungsmonster zerstreut und beseitigt werden. Dazu sollte in jedem Fall auf bereits bestehende und gut funktionierende Strukturen zurückgegriffen werden. Wir begrüßen daher natürlich den angedachten Sitz des Deutschen Olympischen Sportbundes im Beirat des Nationalen Präventionsrates. Der organisierte Sport kann hier auf ein weit verzweigtes Netz an Sportvereinen und -verbänden zurück greifen. Aber als allererstes müsste die öffentliche Hand mit dem Bund an der Spitze ihre finanzielle Zurückhaltung aufgeben und Geld für die Prävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe bereitstellen. Wer kein Geld gibt, kann nur schwerlich die Musik bestimmen.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 25 / 17. Juni 2008, S. 10
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
Herausgeber: Deutscher Olympischer Sportbund
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2008