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FRAGEN/030: Karl Windmüller zum Stichwort Nichtschwimmer (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 26 / 24. Juni 2008
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Stichwort: Nichtschwimmer
Fünf Fragen an Karl Windmüller, Referent des Deutschen Schwimm-Verbandes


DOSB PRESSE: Bei der Ausbildung von Kindern und Jugendlichen zu fähigen Schwimmern hat der deutsche Sport enormen Nachholbedarf. Was leistet der Deutsche Schwimm-Verband auf diesem Feld? WINDMÜLLER: Das ist natürlich zuallererst das Aufgabengebiet für unsere insgesamt etwa 2.350 Vereine, die den engen Kontakt zu den Kindergärten, zu den Schulen und zur Basis vor Ort pflegen und dort präsent sind. Derzeit werden von etwa der Hälfte sämtlicher Vereine des DSV Schwimmausbildungen angeboten. Es gibt schon Vereine, die sich ausschließlich auf diese Angebote konzentrieren. Insgesamt ist die Situation verbesserungsfähig.

DOSB PRESSE: Welche Gründe sprechen gegen eine bessere Quote?

WINDMÜLLER: Eines der Probleme ist die sinkende Zahl an ehrenamtlichen Mitarbeitern in den Vereinen. Die Leute haben nicht mehr so viel Zeit, auch nicht für die spezifischen Ausbildungsgänge. Grundsätzlich liegen die Ursachen tiefer. In den Vereinen fehlt teilweise das Problembewusstsein. Mitunter ist man sich in den Vereinen gar nicht im Klaren, über welch großes Potential sie verfügen, um die Zahl der Nichtschwimmer zu reduzieren. In den Vereinen wird manchmal zu sehr auf den Leistungsgedanken abgehoben, und darüber werden dann andere Aspekte vernachlässigt. Das führt zu einem Missverhältnis zwischen leistungssportlichen Ambitionen und den Möglichkeiten, die Schwimmvereine darüber hinaus haben. Schwimmkurse anzubieten, eröffnet beispielsweise auch die Möglichkeit, neue Mitglieder zu gewinnen. Mit den Möglichkeiten der Bezirksebene lassen sich nun mal keine Weltmeister hervorbringen, diese Binsenweisheit müsste noch stärker um sich greifen. Indem der Leistungssportgedanke den Vorrang hat, führt dies im Alltag natürlich zu entsprechenden Konsequenzen. Werden Hallen- und Trainingszeiten knapp, geht das sofort zu Lasten anderer Angebote.

DOSB PRESSE: Als Königsweg zur Vermeidung weiterer Bäderschließungen wird immer wieder ins Feld geführt, dass Vereine den Betrieb in eigener Regie übernehmen. Welcher Voraussetzungen bedarf es dafür?

WINDMÜLLER: Die Bäder sind das A und O. Ohne Bäder geht gar nichts, und das ist meines Erachtens die brisanteste Frage. Derzeit gibt es im DSV schätzungsweise 50 Vereine, die ein Hallen- oder Freibad in der unterschiedlichsten Form selbst betreiben. Es ist äußerst schwierig, dafür Grundregeln aufzustellen, weil die Bedingungen und Voraussetzungen sehr unterschiedlich sind. Einer der entscheidenden Punkte ist zum Beispiel der Wille der Kommunen, Bäder an Vereine zu übertragen. Dieser Wille ist nicht immer sehr ausgeprägt. Als Betreiber kommen nur Vereine in Frage, die über ein breites Angebotsspektrum und eine ausreichend hohe Anzahl aktiver und engagierter Mitglieder verfügen. Ein rein leistungsorientierter Einsparten-Verein wäre mit so einer Aufgabe bestimmt überfordert.

DOSB PRESSE: Was können die Landesverbände leisten, um aus mehr jungen Menschen versierte Schwimmer zu machen?

WINDMÜLLER: Die Landesverbände sind vor allem gefragt, um qualifiziertes Personal für die Schwimmausbildung bereitzustellen. Sie bieten zwar auch selbst Schwimmkurse an wie auch die Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft oder die Schwimmmeister in den Bädern, aber auf diesem Gebiet sind die Vereine naturgemäß viel stärker als die Landesverbände oder der Spitzenverband. Deren Stärke ist die Qualifikation. Seit etwa fünf Jahren bildet der DSV zum Beispiel spezielle Übungsleiter für Säuglingsschwimmen aus. Pro Jahr werden auf diese Weise zwischen 40 und 60 Leute geschult, die dann wiederum selbst als Ausbilder in Frage kommen und als Multiplikatoren wirken, so dass sich eine Art Schneeballsystem entwickelt. Das jedenfalls ist der Gedanke dabei.

DOSB PRESSE: Ab dem kommenden Jahr will der DSV seine Schwerpunkte neu definieren. Was ist darunter zu verstehen?

WINDMÜLLER: Zur Zeit werden wir von der breiten Öffentlichkeit vor allem als Leistungssport-Verband wahrgenommen. Mit der Reform sollen sich die Schwerpunkte etwas verändern. Der DSV beabsichtigt, bei seiner grundsätzlichen Ausrichtung die Proportionen zu verschieben und künftig auch den Breiten-, Kinder und Jugendsport stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Damit einhergehen wird ebenfalls ein neues Finanzierungsmodell.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 26 / 24. Juni 2008, S. 9
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juli 2008