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POLITIK/243: Überprüfung der Rechercheergebnisse des "Spiegels" (DOSB)


DOSB Presse - Der Artikel- und Informationsdienst
des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

BMI kündigt Überprüfung der Rechercheergebnisse des "Spiegels" an
Dr. Bergner: "DDR-Doping darf in keiner Weise bagatellisiert werden"

Von Holger Schück


Das Bundesinnenministerium hat eine Prüfung der Rechercheergebnisse des Hamburger Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" angekündigt, nach denen immer noch doping-belastete Trainer und Ärzte mit einer DDR-Biographie aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Christoph Bergner erklärte, diese Vorgänge müssten "auch im Einzelnen" überprüft werden. "Gerade dort, wo auch der Tatbestand der Körperverletzung erfüllt ist, sollten wir das, was geschehen ist, in keiner Weise bagatellisieren", sagte der CDU-Politiker.

"Der Spiegel" berichtet in seiner Ausgabe vom 22. Oktober, dass mindestens 14 ostdeutsche Trainer und Ärzte trotz Feststellungen der Berliner Kripoeinheit ZERV in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre auch weiterhin Personalstellen im deutschen Sport hätten und mittelbar aus öffentlichen Mitteln von Bund und Ländern finanziert würden. Gegen diese Personen sei nach der Wende wegen "Verdacht auf Körperverletzung durch Doping" nach den Bestimmungen des ehemaligen DDR-Strafrechts ermittelt worden. Wie das Magazin meldet, soll der Deutsche Leichtathletik-Verband mindestens sechs Bundestrainer beschäftigen, die von der ZERV wegen Verdachts auf Körperverletzung nach dem Strafgesetzbuch der DDR einvernommen worden seien. Darunter sollen der Siebenkampf-Trainer Klaus Baarck, Werner Goldmann (Diskus) und Maria Ritschel (Speerwurf) sein.

Dr. Bergner wies darauf hin, die Politik müsste sich "grundsätzlich verständigen, wieweit eine auch geahndete Verfehlung in der Vergangenheit jemanden für nachfolgendes Handeln unfähig und ungeeignet macht". Dies treffe aktuell gesehen "auch für dopende Sportler gewissermaßen" zu. Das Ministerium sollte darüber hinaus im Falle von Dopingärzten aus der DDR Kontakt zur Sportmedizin oder zu den Standesvertretungen; es müsste geklärt werden, "wie in Approbationsordnungen und auch berufsrechtlich" zu reagieren sei.

Dr. Bergner erklärte weiter, er sei allerdings bei einem "Ost/West-Vergleich" in einem einzigen Punkt "auf Ausgewogenheit in der Darstellung bedacht": "Die Dopingmachenschaften des DDR-Staatssports wurden durch die Erfassungssysteme, gerade auch der Staatssicherheit, festgehalten. Das hat möglicherweise im kleineren Rahmen im Westen eine Entsprechung, die bloß nicht in entsprechender Weise dokumentiert wurde."

Der Vorsitzende des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, Dr. Peter Danckert, stellte fest: "Wir haben eine strafrechtliche Aufarbeitung erlebt, die nicht immer perfekt gelingen konnte. Aber wir haben eine sportpolitische Aufarbeitung bisher nicht geschafft." Der SPD-Politiker unterstrich, er sehe "kein unmittelbares Versagen der Exekutive". Es wäre zu viel verlangt, wenn das Bundesverwaltungsamt in jeder einzelnen Personalie recherchieren müsste, ob bei jedem mittelbaren Zuwendungsempfänger eine Dopingvergangenheit vorliege oder nicht. Dr. Danckert unterstrich, es gebe nach den aktuellen Veröffentlichungen "erheblichen Aufklärungsbedarf".


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 43, 23. Oktober 2007, DOKUMENTATION I
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2007