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POLITIK/300: Bundespolitik - Haftung von Vereinsvorständen soll neu geregelt werden (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 1-3 / 13. Januar 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Bundespolitik: Haftung von Vereinsvorständen soll neu geregelt werden
Gesetzesinitiative des Bundesrats steht im Parlament auf der Tagesordnung

Von Holger Schück


Der Deutsche Bundestag will im Frühjahr das Gesetz zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen beschließen. Das sogenannte Artikelgesetz war als Entwurf von den Ländern Saarland und Baden-Württemberg in den Bundesrat eingebracht worden, bevor die Länderkammer am 4. Juli 2008 beschlossen hatte, diese Initiative in den parlamentarischen Geschäftsbetrieb zu überführen. "Der Gesetzentwurf hat zum Ziel, die ehrenamtliche Übernahme von Leitungsfunktionen in Vereinen zu fördern und damit das bürgerschaftliche Engagement weiter zu stärken", heißt es in der Begründung. In der Tat, die Vorlage sieht vor, das interne und externe Haftungsrisiko von Ehrenamtlern in gemeinnützigen Vereinen zu begrenzen.

Wesentliche Neuerung des offiziellen Gesetzesvorschlags ist die Einführung eines Paragrafen 31 a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Formulierung: "Ist der Vorstand ehrenamtlich oder unentgeltlich tätig, so haftet er dem Verein für einen in Wahrnehmung seiner Vorstandspflichten verursachten Schaden nur bei Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Satz 1 gilt auch für die Haftung gegenüber den Mitgliedern des Vereins." Bei einem Schaden dieser Art soll zukünftig das Vorstandsmitglied vom Verein "die Befreiung von der Verbindlichkeit" verlangen können, was allerdings nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit möglich sein soll. Grundsätzlich soll es also dabei blieben, dass das Leitungsgremium gegenüber dem Verein eine "Treuepflicht" hat: Danach sind die Interessen des Vereins so wirksam wie möglich wahrzunehmen. Bisher und aktuell waren Vorstandsmitglieder zum Schadenersatz verpflichtet, wenn sie Fehler bei ihrer Amtsführung begingen, selbst bei leichter Fahrlässigkeit. In einigen Satzungen war die Schadenersatzpflicht bisher schon ausgeschlossen worden.

Durch die neue Regelung, so heißt es in der Gesetzesbegründung, "soll die bereits heute in zahlreichen Vereinssatzungen enthaltene Beschränkung der Haftung gegenüber dem Verein generell für alle Fälle ehrenamtlicher und unentgeltlicher Tätigkeit des Vorstandes übernommen und gesetzlich festgeschrieben werden". Es werde der Tatsache Rechnung getragen, "dass derjenige, der sich stärker als andere im Verein engagiert, nicht unverhältnismäßigen Haftungsrisiken ausgesetzt wird". Ein weiterer Akzent liegt auf der externen Haftung: "Zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit soll ein Anspruch des unentgeltlich tätigen Vorstandes gegen den Verein auf eine Haftungsfreistellung in das Bürgerliche Gesetzbuch für die Fälle aufgenommen werden, in denen er von einem Dritten auf Ersatz eines in Wahrnehmung seiner Vorstandspflichten verursachten Schadens in Anspruch genommen wird. Da eine Haftungsfreistellung für die Fälle des Vorsatzes und der groben Fahrlässigkeit unbillig wäre, werden diese Fälle von der Haftungsfreistellung ausgenommen."

Das ebenfalls zu ändernde 4. Buch Sozialgesetzbuch stellt mit einer neuen Formulierung klar, dass die Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen den gesetzlichen Vertretern obliegt. Für unentgeltlich tätige Vorstandsmitglieder soll dies allerdings nicht gelten, "wenn das Mitglied nach vorweg schriftlich festgelegter Aufgabenverteilung für die Einhaltung der Zahlungspflicht nicht verantwortlich ist". In der Begründung wird verdeutlicht: "Durch die ausdrückliche Festlegung der Pflichten des ehrenamtlichen Vorstandsmitglieds soll klargestellt werden, dass dieses unter den genannten Voraussetzungen keine Überwachungspflicht mehr in Bezug auf andere Organmitglieder trifft, deren Verletzung nach derzeit geltendem Recht sowohl strafrechtliche als auch haftungsrechtliche Konsequenzen hat. Das Erfordernis der Schriftform im Zusammenhang mit der internen Ressortverteilung dient der Rechtssicherheit." Ähnliches wird nach Inkrafttreten des Gesetzes auch für die Steuerhaftung nach der Abgabenordnung gelten, in die zwei neue ergänzende Formulierungen aufgenommen werden sollen.

Unter der Rubrik "Problem und Ziel" heißt es im Vorblatt des Gesetzentwurfs: "Die Übernahme von Leitungsfunktionen in Vereinen ist mit erheblichen Haftungsrisiken verbunden, die für ehrenamtlich und unentgeltlich tätige Vorstandsmitglieder in bestimmten Bereichen nicht mehr zumutbar erscheinen und zu unbilligen Ergebnissen führen können. So werden nach der Rechtsprechung den Vorstandsmitgliedern unabhängig von der Ehrenamtlichkeit ihrer Tätigkeit umfangreiche Überwachungspflichten in Bezug auf andere Vorstandsmitglieder insbesondere auf dem Gebiet der Abführung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung und der Erfüllung steuerlicher Pflichten auferlegt. In diesem Zusammenhang können Konstellationen auftreten, bei denen ehrenamtliche Vereinsvorstände für das Handeln anderer Vorstandsmitglieder zur Haftung herangezogen werden, obwohl sie für den betreffenden Bereich nach der vorstandsinternen Ressortverteilung keine Verantwortung tragen." Das Gesetz zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen ist das zweite Maßnahmenpaket in dieser Legislaturperiode, das den Vorschriftendschungel des Vereins- und Steuerrechts lichten und neue Lösungen bieten soll. Bereits zum 1. Januar 2007 war das Projekt "Hilfen für Helfer" in Kraft getreten. Bundestag und Bundesrat hatten das Gesetz zur weiteren Stärkung des ehrenamtlichen Engagements verabschiedet: Danach war die sogenannte Übungsleiterpauschale von bisher 1.848 auf 2.100 Euro erhöht worden, und für ehrenamtliche Verantwortungsträger in den Vereinen war als steuerfreie Aufwandspauschale für ehrenamtliche Verantwortungsträger in den Vereinen ein Freibetrag von 500 Euro eingeführt worden.

Als der Bundesrat am 21. September 2007 mit großer Mehrheit grünes Licht für das vom Bundesfinanzministerium vorgelegte Gesetzespaket gab, hatte der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) weitere Probleme des Ehrenamtes und ausdrücklich die Haftungsregelungen für Vorstände gemeinnütziger Vereine angesprochen. Haftungsbescheide mit Forderungen in fünfstelliger Höhe, von denen er erfahren habe, seien "unbillig". "Die Haftung sollte nur auf die Haftung bei positiver Kenntnis beschränkt werden", forderte seinerzeit der Landespolitiker und schlug vor, dieses Problemfeld und andere noch zu findende steuerrechtliche Erleichterungen für Engagierte in der Zivilgesellschaft "anschließend miteinander zu besprechen, um eine ehrenamtsfreundliche Regelung zu treffen". Dies könnte unkompliziert bei der Beratung zum Jahressteuergesetz über die Bühne gehen, sagte er. Nunmehr ist durch die Bundesratsinitiative ein großflächiger Regelungskatalog in Rechtsnormen gegossen worden, denn die neue zentrale Vorschrift im Bürgerlichen Gesetzbuch wäre durch die jährlichen Neuregelungen im Steuerrecht nicht erfassbar gewesen.


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 1-3 / 13. Januar 2009, S. 24
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Februar 2009