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TIERHALTUNG/407: Eichhörnchen gehören in den Wald (TIER-ABC)


TIER-ABC - Ausgabe Nr. 2/2007
Nachrichten über Natur, Mensch und Tier

Keine Käfighaltung für Wildtiere
Eichhörnchen gehören in den Wald

Von Gabi Böhm


Unfassbar, wie Menschen auf die Idee kommen können, Eichhörnchen in Käfige zu sperren. Wer die kleinen koboldhaften Gestalten mit ihrem markanten buschigen Schwanz und ihren fingerartigen Zehen bei ihren tollkühnen Kletterkünsten und ihrer pausenlosen Geschäftigkeit jemals in der Natur beobachtet hat, steht völlig fassungslos vor solch einem Käfig!

Eichhörnchen sind extrem bewegungsfreudige Tiere. Sie sind die besten Kletterer der Welt, die, ebenso wie der Kleiber, die Fähigkeit besitzen, kopfabwärts zu klettern. Mit ihren kräftigen Hinterbeinen und ihren scharfen Krallen können sie bis zu fünf Meter weit springen.

Vor dem Winter sieht man sie emsig umherlaufen und Nüsse, Samen und ähnliches sammeln, die sie dann anschließend vergraben oder in Astlöchern und Steinritzen, unter Baumwurzeln und in niedrigem Strauchwerk verstecken. Sie halten nur eine Winterruhe, nicht wie andere Tiere einen Winterschlaf.

Bei Recherchen im Internet entdeckt man schließlich Erschreckendes: einen großen Anzeigenmarkt zum Thema "Eichhörnchen kaufen & verkaufen".

"Ab vier Eichhörnchen übernehmen wir die gesamten Transportkosten. Versand mit Lebendlogistik" oder "Eichhörnchen auch für Anfänger. Alle mit Herkunftsbescheinigung. Versand kein Problem" ist dort beispielsweise zu lesen. Auch Zubehör für den Bau von Aluvolieren und Käfigen, Futterautomaten, Klettergerüste, Schaukeln oder Eichhörnehen- Laufräder, die besonders empfohlen werden, um "Käfigpsychose" zu vermeiden, werden angeboten. Außerdem enthalten die Internetseiten eine Reihe von Tipps zur gesunden Ernährung, "artgerechten" Haltung - sowie zu Fang und Transport. "Der Fang sollte sehr schnell gehen", wird geraten, "weil sie sonst einen Herzschlag erleiden könnten. Im Sommer sollte man sie am besten überhaupt nicht fangen. Nur an kühlen Tagen ist es kein Problem. Transportkisten sind von der Materialseite so zu wählen, dass ein Durchnagen während des Transports ausgeschlossen ist", heißt es weiter.

Eichhörnchen sind in der Anlage I aufgeführt und gelten in Deutschland gemäß der Bundesartenschutzverordnung (BartSchV) als besonders geschützte Tierart. In Paragraph 41 ist geregelt, dass man ihnen weder nachstellen, noch sie, fangen, verletzen, töten, noch ihre Entwicklungsformen, Nist- Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten der Natur entnehmen, beschädigen oder zerstören darf. Laut BnatSchG besteht für europäische Eichhörnchen ein Besitz- und Vermarktungsverbot. Doch es gibt auch genehmigte "professionelle" und "private" Zuchten. Wie ist so etwas möglich? Das Gesetz erlaubt es, Eichhörnchen aus einer Zucht in Volieren zu halten. Allerdings besteht eine Meldepflicht mit dem Nachweis, dass man sie legal erworben hat. Gemeldet werden müssen die Eichhörnchen bei den Regierungspräsidien, wobei für jedes Bundesland andere Regeln gelten. Der Halter muss über ausreichende Sachkenntnisse verfügen und die Haltebedingungen müssen erfüllt sein. Sie werden durch die Veterinärämter kontrolliert. Eine Zuchtgenehmigung ist hingegen nicht erforderlich.

Es seien legale "Zuchtstämme" entstanden, für deren Nachkommen eine Vermarktungserlaubnis erteilt wurde, so Carsten Weber, Ressortleiter Artenschutz bei der NABU Gruppe Karlsruhe. "Da sich niemand um die ordnungsgemäße Kontrolle kümmert wie zum Beispiel DNA-Tests für Abstammungsuntersuchungen, ist ein Nachweis gegen die 'Züchter' nicht oder nur durch Zufall möglich." Trotzdem sollte, man immer bei einer Käfighaltung eine Anzeige bei der Polizei machen, rät Weber, um die Besitzer überprüfen zu lassen beziehungsweise unberechtigt gehaltene Tiere wieder in die Freiheit zu entlassen.

Die Eichhörnchen Schutz Aktionsgemeinschaft ESA e.V. klärt über die tierquälerische Eichhörnchenzucht auf. Die Folgen der Gefangenenhaltung sind katastrophal. Es entwickeln sich stereotype Verhaltensweisen wie stundenlanges Hin- und Herlaufen oder im Kreis rennen sowie gefangenschaftsbedingte Schäden wie zum Beispiel abgefressene Schwänze. Eichhörnchen mit ihrem enormen Bewegungsdrang in enge Käfige zu sperren ist grausame Tierquälerei.

Wie sehr die Wildtiere darunter leiden, weiß Annette Koop von der Tierhilfe Forst e.V. zu berichten, die zur Zeit wieder ein Eichhörnchen in Pflege hat und froh ist, wenn sie es endlich auswildern kann.

Eichhörnchen
Schutz Aktionsgemeinschaft
ESA e.V.
Postfach 60 08
24121 Köln
E-Mail: schutz@eichhoernchen-schutz.de
Internet: www.eichhoernchen-schutz.de


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Quelle:
TIER-ABC, Nr. 2/2007, Seite 11
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. April 2007