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POLITIK/531: Bundesrat legalisiert qualvolle Haltung von 'Masthühnern' (tierrechte)


tierrechte Nr. 49, August 2009
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

Bundesrat legalisiert qualvolle Haltung von 'Masthühnern'

Von Marion Selig


Nachdem die EU vor zwei Jahren eine Richtlinie zur Haltung sogenannter Masthühner verabschiedet hat, musste Deutschland die Vorgaben dieser Richtlinie in nationales Recht umsetzen. Dabei bestand der Spielraum, deutlich strengere - also tierschutzfreundlichere - Regelungen zu erlassen. Diese Chance ist um Meilen verpasst worden: Der Bundesrat beschloss im Juni eine Verordnung, welche die jetzt schon katastrophalen Bedingungen für die Hühner auf Jahre hinaus festschreibt.


Sämtliche Appelle, Argumente, Stellungnahmen sowie Fotos und Filmaufnahmen, die die Tierquälerei im Hühnerstall beweisen, konnten die Politiker offenbar nicht dazu bewegen, den Hühner-Baronen etwas entgegenzusetzen. Derzeit schießen neue Mastanlagen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen wie Pilze aus dem Boden. Das Geschäft mit dem billigen Hähnchenfleisch verspricht wohl selbst in Zeiten der weltweiten Wirtschaftskrise satte Gewinne. Da würden neue Vorschriften, die den Tieren mehr Platz zugestehen und die Produktion damit teurer machen, natürlich nur stören...

In Deutschland werden über 400 Millionen 'Masthühner' pro Jahr gemästet und geschlachtet. Diese Zahl wird in den nächsten Jahren noch steigen, da Ställe erweitert oder neu gebaut werden und der Trend zum vermeintlich gesunden und fettarmen Geflügelfleisch unvermindert anhält. Die derzeit übliche Besatzdichte von 35 kg pro qm ist jetzt durch den Bundesrat festgeschrieben worden und darf bei schwereren Tieren sogar auf 39kg pro qm erhöht werden (siehe nebenstehenden Kasten). Die drangvolle Enge führt zu Aggressionen, Verhaltensstörungen, erhöhtem Krankheitsrisiko und etwa 12 Millionen toten Tieren pro Jahr bereits während der Mast.

12 Millionen an den Haltungsbedingungen gestorbene Hühner jährlich - das bedeutet jeden Monat eine Million, und mehr als 30000 Tiere täglich! Dagegen kann jetzt nur noch der Verbraucher etwas tun. Die Politik hat auf ganzer Linie versagt. Auch wenn ein Kilogramm Tiefkühlhähnchen für kaum mehr als zwei Euro für manchen verlockend sein mag - den tatsächlichen Preis bezahlen die Hühner mit ihrem Leiden und Sterben. Doch wir Verbraucher haben die Möglichkeit dies zu ändern: Betreiben wir Politik mit dem Einkaufskorb!

Weitere Informationen mit Foto- und Filmmaterial:
www.masthuehner.de


'Masthühner'-Haltung

Die Besatzdichte von 'Masthühnern' wird nicht in Anzahl der Tiere, sondern in Kilogramm 'Masthuhn' pro Fläche angegeben.

Nach den vom Bundesrat am 12. Juni beschlossenen Haltungsvorschriften darf die Besatzdichte 35 kg pro qm betragen, wenn die Hühner unter 1,6 kg wiegen. Das bedeutet: Am Mastende teilen sich 21 und mehr Hühner einen Quadratmeter.

Bei schwereren Tieren dürfen sogar bis zu 39 kg auf einen Quadratmeter zusammengepfercht werden. Begründung: Schwerere Tiere wachsen nicht nur in die Breite, sondern auch in die Höhe, daher kann man mehr Gewicht auf die gleiche Fläche quetschen.

Vor dem Beschluss des Bundesrates gab es in Deutschland keine gesetzlich bindenden Vorgaben zur Hühnerhaltung. Nach einem freiwilligen Eckpunkte-Papier von 1999 sind bislang 35 kg pro qm üblich gewesen.

Die EU-Richtlinie lässt - entgegen der tierfreundlicheren Empfehlung des EU-eigenen Wissenschaftlichen Ausschusses - sogar 42 kg pro qm zu. Der Bundesrat hat also etwas strengere Regelungen beschlossen. Um wenigstens die schlimmsten Probleme im 'Masthühner'-Stall zu verhindern, wäre jedoch eine Besatzdichte von 25 kg pro qm oder weniger notwendig.


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Quelle:
tierrechte - Nr. 49/August 2009, S. 16
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. September 2009