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ABWASSER/234: Wie treibhausgasrelevant ist die Abwasserreinigung? (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 966 vom 07. Februar 2011 - 30. Jahrgang

Wie treibhausgasrelevant ist die Abwasserreinigung?


Die GRÜNEN im Stuttgarter Landtag hatten sich in der Landtags-Drs. 14/7291 nach der Klimarelevanz der Abwasserreinigung erkundigt. In ihrer Antwort vom 28.12.10 räumte die Landesregierung zunächst ein, dass ihr im Hinblick auf die Abwasserreinigung "quantifizierbare Zahlen zum Umfang von Treibhausgasemissionen nicht vorliegen" würden. Sodann wurde erklärt, dass das bei der Abwasserreinigung entstehende CO2 nicht zu einem Anstieg des CO2-Pegels in der Atmosphäre führen würde, weil die von den Mikroorganismen in den Kläranlagen zu CO2 oxidierten Fäkalien aus Lebensmitteln entstanden seien, die letztlich aus pflanzlicher Biomasse hergestellt werden. Insofern würde es sich um einen CO2-Kreislauf handeln. Klimarelevantes CO2 würde hingegen durch den Strom- und Energieverbrauch von Abwasserreinigungsanlagen entstehen: "Die indirekten CO2-Emissionen belaufen sich auf mittlere spezifische Stromverbräuche von Kläranlagen (ca. 35 kWh pro Einwohner und Jahr) auf ca. 22 kg CO2 pro Einwohner und Jahr."

Im Hinblick auf die Lachgas-Emissionen verweist die Landesregierung auf Literaturangaben, nach denen allenfalls ein Promille der im Abwasser enthaltenen Stickstoffverbindungen zu Lachgas umgesetzt würde. (Lachgas gilt bis zu 300-mal treibhauswirksamer als CO2.) Insgesamt könne davon ausgegangen werden, dass die beim Betrieb von Kläranlagen entstehenden treibhauswirksamen CO2-Äquivalente in Form von CO2, Lachgas und Methan zur Hälfte auf den Energiebedarf der Kläranlagen entfallen. Deshalb sei die Landesregierung bemüht, die Energieeffizienz der Kläranlagen in Ba.-Wü. zu steigern. Dazu trage auch bei, wenn kleinere Kläranlagen aufgegeben und an größere Kläranlagen mit deutlich besserer Energieeffizienz angeschlossen würden. Im Hinblick auf den Methanschlupf bei der Faulgasverstromung in Blockheizkraftwerken wurde ebenfalls auf Literaturangaben verwiesen. Danach wurde etwa ein Prozent des Methaninputs durch Undichtigkeiten in die Atmosphäre entweichen (Methanschlupf). (Methan gilt als etwa 35mal so treibhausgasrelevant als CO2.) Die Verstromung von Faulgas würde sich somit in jedem Fall klimaschonend auswirken. Zum Energiemehrverbrauch durch weitergehende Verfahren der Abwasserreinigung (zusätzliche Reinigungsstufen) führte die Landesregierung u.a. aus, dass die Phosphorfällung nur mit 0,1 kWh pro Einwohner und Jahr zu Buche schlagen würde. Falls die Phosphoreliminierung optimiert werden müsste (s. RUNDBR. 935/1-2), würde ein zusätzlicher Energieaufwand vorwiegend aus der Herstellung zusätzlich benötigter Fällungsmittel resultieren. Da mit der Spurenstoffeliminierung (s. 939/1-3) erst wenige Erfahrungen vorliegen würde, könnten noch keine generellen Aussagen über den sich daraus ergebenden Mehrbedarf an Energie gemacht werden. Für die Aktivkohleadsorption und die Ozonung könne man aber von einem vergleichbaren Energiebedarf ausgehen, wenn man den Energiebedarf zur Herstellung der Aktivkohle berücksichtige. Man könne davon ausgehen, dass der zusätzliche Energiebedarf für die Spurenelimination in der gleichen Größenordnung liege, der für die bislang üblichen Standardreinigungsverfahren benötigt werde - soll heißen: Die Spurenstoffeliminierung verdoppelt den Energiebedarf. Die Landesregierung beendet ihre Ausführungen mit folgender Feststellung:

"Zur Einordnung der Klimarelevanz der Abwasserreinigung wird darauf hingewiesen, dass diese bezogen auf einen Einwohner unter einem Prozent der Emission liegt, die jeder Einwohner jährlich mit Heizen, Autofahren und indirekt über den Verbrauch von Waren in die Umwelt freisetzt."


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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 966/2011
Herausgeber:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. April 2011