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MELDUNG/513: Luchs-Nachwuchs in vier Bundesländern (BfN)


Bundesamt für Naturschutz (BfN)
Pressemitteilung - Bonn, 6. Februar 2020

Luchs-Nachwuchs in vier Bundesländern


Bonn, 06. Februar 2020: Im Monitoringjahr 2018/2019 konnten insgesamt 28 Luchsweibchen mit Jungtieren in Deutschland nachgewiesen und bestätigt werden. Das geht aus neuen Erhebungen der Bundesländer hervor, die hierfür mehr als 3.000 Hin- und Nachweise ausgewertet haben. Der nachgewiesene Mindestbestand betrug 137 Luchse inkl. Nachwuchs in zehn deutschen Bundesländern. Die 28 Luchsweibchen mit 49 Jungtieren im ersten Lebensjahr konnten in Bayern (11), Niedersachsen (9), Rheinland-Pfalz (3) und Sachsen-Anhalt (5) nachgewiesen werden. Karten zum Vorkommen und zusätzliche bundeslandspezifische Informationen sind ab sofort auf der Webseite des BfN abrufbar.


Karte mit dem Luchsvorkommen im Monitoringjahr 2018/2019 mit bundeslandspezifischen Informationen - Grafikquelle: © BfN

Grafikquelle: © BfN

"Das Luchsmonitoring der Bundesländer liefert wichtige und wertvolle Daten über die deutschen Luchsvorkommen. Ganz entscheidend für die Entwicklung des Luchsbestandes ist die Anzahl an Weibchen, die Junge haben. Erfreulich ist: Die Anzahl an Luchsweibchen, die sich auch tatsächlich fortpflanzen, ist im Vergleich zum Vorjahr von 20 auf 28 gestiegen. Das ist auch auf das Wiederansiedlungsprojekt im Pfälzer Wald zurückzuführen. Allerdings ist leider die Anzahl an Luchsweibchen mit Nachwuchs in Deutschland immer noch sehr gering. Zusätzlich ist der Luchsbestand hierzulande durch die Zerschneidung von Lebensräumen sowie durch den Verkehr weiterhin stark gefährdet. Der Erhalt der Population kann nicht als gesichert gelten", sagt BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel.

Der Luchs kommt derzeit in drei Populationen in Deutschland vor: Eine Population lebt in Ostbayern (Bayerischer und südlicher Oberpfälzer Wald) als Teil der größeren Böhmisch-Bayerisch-Österreichischen Population, eine zweite Population erstreckt sich vom Harz (Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) bis an die Weser und nach Nordhessen. Eine dritte Population lebt im Pfälzerwald und dessen näherer Umgebung, wo derzeit ein Ansiedlungsprojekt durchgeführt wird. In vielen Bundesländern wiesen die Luchsforschenden außerdem einzelne Luchse nach, etwa in Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Luchsweibchen fehlen in diesen Gebieten überwiegend, da diese seltener größere Distanzen zurücklegen. Luchse benötigen möglichst unzerschnittene, waldreiche Lebensräume mit ausreichend Beutetieren wie Rehe. Sie besetzen große Reviere mit Rückzugsorten, die insbesondere für die Jungenaufzucht wichtig sind.

Im Monitoringjahr 2018/2019 wurden 13 Luchse tot aufgefunden. Acht Luchse starben im Straßenverkehr, drei Luchse an natürlichen Todesursachen und bei zwei Luchsen war die Todesursache unklar.

Zusätzlich zu den 137 Luchsen konnten 37 Luchse nachgewiesen werden, die ihren Aufenthaltsschwerpunkt im angrenzenden Ausland haben, sodass sie nicht für Deutschland mitgezählt werden.

Es gibt inzwischen Gebiete in Deutschland, in denen sowohl Luchs als auch Wolf nachgewiesen wurden: Neben dem Bayerischen Wald sind dies die Lüneburger Heide, der Harz und die Schwäbische Alb.

Der Luchs in Deutschland

Der Eurasische Luchs (Lynx lynx) ist in Deutschland streng geschützt. Nachdem er lange Zeit aus seinem heimischen Lebensraum verschwunden war, gibt es heute drei voneinander isolierte Vorkommen in der Harzregion , in Ostbayern und in Rheinland-Pfalz. Heutige Luchsvorkommen gehen auf Wiederansiedlungsprojekte in den vergangenen Jahrzehnten und auf aus Nachbarländern zugewanderte Tiere zurück. Der Luchs ist in Deutschland weiterhin in einer ungünstigen Erhaltungssituation und wird auf der Roten Liste als stark gefährdet gelistet. Die häufigsten nachgewiesenen Todesursachen sind Verkehrsunfälle, Krankheiten und illegale Tötungen. In vielen weiteren Fällen blieb die Todesursache von tot aufgefunden Luchsen unbekannt.

Im Nahrungsspektrum der Luchse machen Rehe den größten Anteil aus, Nutztiere bilden nur einen sehr geringen Anteil.

Luchs-Monitoring

Das bundesweite Monitoring liefert wichtige Daten zum Bestand und Vorkommen des Luchses in Deutschland und geht auf eine Erhebung der Bundesländer zurück. Das jährliche Monitoring läuft jeweils vom 1. Mai bis 30. April des darauffolgenden Jahres und umfasst einen Fortpflanzungszyklus des Luchses, von der Geburt der Jungtiere bis zu deren Trennung von der Mutter. Die erhobenen Daten werden bei einem Treffen der im Monitoring erfahrenen Personen von Bund und Ländern bewertet und zusammengeführt.

Die Erfassungsmethodik und Auswertung der Daten erfolgt nach durch den Bund und die Länder abgestimmten, einheitlichen Monitoringstandards (s. BfN-Skript 413). Luchse werden dann als einzelne Individuen gezählt, wenn diese z.B. mittels Foto oder Genetik zweifelsfrei von Artgenossen unterschieden werden können. Berichtet wird die Anzahl der Luchse, die bereits vom Muttertier unabhängig sind (halbwüchsige und erwachsene Individuen), sowie die Zahl der Jungtiere.

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Erläuterung zur Verbreitungskarte:

Der Luchs kommt derzeit in drei Populationen in Deutschland vor. Die größte innerdeutsche Population erstreckt sich vom Harz (Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) bis an die Weser und nach Nordhessen. Ein weiteres Vorkommen befindet sich in Ostbayern (Bayerischer und südlicher Oberpfälzer Wald) als Teil der Böhmisch-Bayerisch-Österreichischen Population. Eine dritte Population geht auf das 2016 im Pfälzerwald gestartete Wiederansiedlungsprojekt zurück, wo 2018 erstmalig ein Reproduktionsnachweis gelang.

Die Anzahl am Ende des Monitoringjahres 2018/2019 nachgewiesenen selbstständigen Luchse ist mit 84-88 Individuen ähnlich hoch wie im Vorjahr (85 Individuen). Die Anzahl reproduzierender Weibchen hat sich von 20 auf 28 erhöht, die Anzahl der nachgewiesenen Jungtiere ist mit 49 Individuen im Vergleich zu 43 Jungtieren im Vorjahr ebenfalls leicht gestiegen, was auch auf das Wiederansiedlungsprojekt im Pfälzer Wald zurückzuführen ist.

Der kritische Erhaltungszustand des Luchses in Deutschland bleibt bestehen (s. nationaler FFH-Bericht 2019). Das Gremium der Monitoringbeauftragten der Bundesländer hält deshalb eine bundesweit abgestimmte Luchsstrategie für notwendig.

Bundeslandspezifische Informationen:

Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg sind drei männliche Luchse nachgewiesen worden. Davon leben ein territoriales Tier im Oberen Donautal und eines im Südschwarzwald. Das dritte dispersierende Tier wurde im Nordosten des Landes nachgewiesen. Als Herkunftspopulation wurden die Jurapopulation in der Schweiz und die Harzpopulation ermittelt. Weibliche Tiere konnten in Baden-Württemberg bisher nicht nachgewiesen werden.

Bayern
Im Monitoringjahr 2018/2019 (01.05.2018-30.04.2019) wurden in Bayern 60 selbständige Luchse (erwachsene und halbwüchsige) sowie 26 Jungtiere nachgewiesen. Von diesen Luchsen waren rd. 70% grenzüberschreitend, also auch in Tschechien und Österreich, unterwegs, so dass sie nicht alle der bayerischen Landesfläche zugerechnet werden können. Insofern kann die Anzahl der Luchse mit Aufenthaltsschwerpunkt in Bayern mit 32 selbständigen Tieren (darunter 11 reproduzierende Weibchen) und 17 Jungtieren angegeben werden.

Brandenburg
In Brandenburg wurde ein männlicher selbstständiger Luchs nachgewiesen.

Hessen
In Hessen wurden drei selbstständige Luchse nachgewiesen. Zwei dieser Tiere sind nachweislich Männchen, eines unbekannten Geschlechts. Es wurde im Monitoringjahr 2018/2019 keine Reproduktion nachgewiesen.

Niedersachsen
In Niedersachsen konnte am Ende des Monitoringjahres 2018/2019 ein Mindestbestand von 25 selbstständigen Luchsen und 18 Jungtieren nachgewiesen werden. Zehn der selbstständigen Luchse waren reproduzierende Weibchen. Aufgrund von Fang-Wiederfang-Studien, die seit 2014 im Harz mittels Fotofallen stattfanden, wird der tatsächlich vorhandene Bestand höher eingeschätzt.

Nordrhein-Westfalen
In Nordrhein-Westfalen wurde im Monitoringjahr 2018/2019 ein Luchs nachgewiesen.

Rheinland-Pfalz
In Rheinland Pfalz konnten im Monitoringjahr 2018/2019 insgesamt 18 Luchse nachgewiesen werden. Bei 3 weiblichen Tieren wurde eine Reproduktion von mindestens 5 Jungtieren festgestellt. In dieser durch Auswilderung begründeten Population setzt sich somit die positive Entwicklung weiter fort.

Sachsen
Im Sachsen konnte ein männlicher selbstständiger Luchs nachgewiesen werden.

Sachsen-Anhalt
In Sachsen-Anhalt konnte am Ende des Monitoringjahres 2018/2019 ein Mindestbestand von 12 selbstständigen Luchsen und 9 Jungtieren nachgewiesen werden. Fünf der selbstständigen Luchse waren reproduzierende Weibchen. Für das Harzgebiet liegen Fang-Wiederfang-Studien vor (s. Niedersachsen).

Thüringen
Im Thüringen wurden am Ende des Monitoringjahres 2018/2019 sichere Nachweise von einem selbstständigen, männlichen Luchs, sowie von einem männlichen Individuum unbekannten Alters nachgewiesen.

Begriffserläuterungen:

Monitoringjahr: 01.05. eines Jahres bis zum 31.04. des Folgejahres. Das Monitoringjahr berücksichtigt die Biologie und den Fortpflanzungszyklus des Luchses und stellt sicher, dass nur Jungtiere desselben Jahrgangs in die Auswertung einfließen.

Vorkommensgebiet: Die in der Karte dargestellten Rasterzellen haben eine Größe von jeweils 100 Quadratkilometern und zählen zum Luchsvorkommensgebiet, wenn dort innerhalb des Monitoringjahres entsprechend der nationalen Monitoringstandards (Reinhardt et al. 2015) Nachweise (z.B. Foto, genetische Probe) oder bestätigte Hinweise (dokumentierter Spur-, Rissfund) erbracht werden konnten.

Selbstständige Luchse: Luchse, die nicht mehr vom Muttertier abhängig sind (Adulte und Subadulte)

Reproduzierende Luchsinnen: Luchsweibchen, die innerhalb des betreffenden Monitoringjahres Jungtiere geboren haben.

Jungtiere/Juvenile Luchse: von der Mutter abhängige Luchse, die das erste Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Subadulte Luchse: Luchse im zweiten Lebensjahr (halbwüchsig), nach der Trennung von der Mutter bis zur Geschlechtsreife

Adulte Luchse: Erwachsene fortpflanzungsfähige Luchse (i.d.R. mindestens zwei Jahre alt)

Nachgewiesene Luchse: Luchse, die z.B. mittels Fotos oder Genetik zweifelsfrei von Artgenossen unterschieden werden können. Luchse, die am Ende des Monitoringjahres nachweisbar nicht mehr am Leben waren, werden hier nicht aufgeführt. Die bundesweite Gesamtzahl ist als Mindestbestand zu verstehen.

Weiterführende Informationen:

Informationen zum Luchs:
https://ffh-anhang4.bfn.de/arten-anhang-iv-ffh-richtlinie/saeugetiere-sonstige/luchs-lynx-lynx.html

Informationen zum Monitoring und Management von Großraubtieren in Deutschland:
https://www.bfn.de/themen/artenschutz/gefaehrdung-bewertung-management/management-von-grossraubtieren-in-deutschland.html

Informationen zum standardisierten Luchsmonitoring in Deutschland:
Reinhardt, I., Kaczensky, P., Knauer, F., Rauer, G., Kluth, G., Wölfl, S., Huckschlag, D., Wotschikowsky, U. (2015): Monitoring von Wolf, Luchs und Bär in Deutschland. Bonn. Bundesamt für Naturschutz Skripten 413.
https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/service/Dokumente/skripten/Skript413.pdf

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Quelle:
Pressemitteilung, 06.02.2020
Bundesamt für Naturschutz (BfN)
Konstantinstr. 110, 53179 Bonn
Tel.: 0228/8491-0, Fax: 0228/8491-9999
E-Mail: info@bfn.de
Internet: www.bfn.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Februar 2020

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