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MASSNAHMEN/132: Altonaer Kiebitze sind jetzt in der Wedeler Marsch zu Hause (NABU HH)


NABU Landesverband Hamburg - 12. August 2016

Altonaer Kiebitze sind jetzt in der Wedeler Marsch zu Hause

Auswilderung zeigt: Kiebitzen fehlt es an Lebensraum in Hamburg


Acht junge Kiebitze wurden gestern an der Carl Zeiss Vogelstation in der Wedeler Marsch in die Freiheit entlassen. Der Nachwuchs stammt ursprünglich aus den Gelegen zweier Kiebitz-Paare, die sich im April begrünte Flachdächer in dem Wohngebiet Othmarschen-Park als Brutplatz ausgewählt hatten. Da die jungen Wiesenvögel hier aber nicht mehr ausreichend Nahrung und Wasserflächen vorfinden und das Flachdach auch nicht verlassen können, beschloss das Bezirksamt Altona, die Eier künstlich ausbrüten zu lassen.


Kiebitz im Gras, dahinter unterer Teil eines Zauns, darunter eine geöffnete Hand - Foto: © NABU/Thomas Dröse

Kiebitz-Aussetzung
Foto: © NABU/Thomas Dröse

"Dies ist eine ungewöhnliche Rettungsaktion. Doch in Anbetracht, dass der Kiebitz mittlerweile zu den bedrohten Arten zählt, ist es die Mühe und den Versuch wert, jedes einzelne Tier zu retten. Wir freuen uns, dass der Bezirk Altona hier so schnell aktiv geworden ist", bewertet Alexander Porschke, 1. Vorsitzender des NABU Hamburg, die Auswilderung. Den Moment der Auswilderung wollte sich auch Bezirksamtsleiterin Dr. Liane Melzer nicht entgehen lassen, schließlich hat ihr Bezirk seit 2007 die Patenschaft für den Kiebitz übernommen.

Insgesamt konnten im Vogelpark in Niendorf am Timmendorfer Strand 17 Eier ausgebrütet und zusätzlich vier frisch geschlüpfte Küken großgezogen werden. Der Vogelpark hat bereits viel Erfahrung im Ausbrüten und Aufziehen einheimischer Jungvögel. Vor dem Freilassen wurden die Kiebitze nun beringt, damit sie von NABU-Experten der Vogelstation wiedererkannt werden können. Sie werden in den nächsten Monaten das weitere Verhalten der Tiere studieren. Im Umfeld der Station finden sie ideale Lebensbedingungen vor und haben die Möglichkeit, sich den erwachsenen Kiebitzen anzuschließen, wenn es im Herbst Richtung Süden geht.

"Wir freuen uns, dass es zum ersten Mal gelungen ist, 21 Kiebitz-Küken hier in Hamburg auszuwildern. Diese aufwendige Rettungsaktion macht aber nur Sinn, wenn der Kiebitz und andere Wiesenvögel in Hamburg ausreichende Lebensräume vorfinden. Darüber wird in Kürze mit dem B-Plan für die Rissen-Sülldorfer Feldmark entschieden. Dort ist die Kiebitz-Population von 33 Brutpaaren im Jahre 1991 auf 8 Brutpaare im Jahre 2013 zurückgegangen", verdeutlicht Porschke.

Aus Sicht des NABU ist für den Schutz des Kiebitz deshalb entscheidend, dass in dem in naher Zukunft zu beschließenden Bebauungsplan zur Rissen-Sülldorf-Feldmark

  • für den Wiesenvogelschutz wichtige Flächen als Grünland und eine naturschutzfachlich optimierte extensive Bewirtschaftung festgesetzt werden
  • die Baugrenzen auf die Hofstellen beschränkt bleiben, um die Zersiedelung der Landschaft zu verhindern und den für Kiebitz und Co. erforderlichen großräumigen Lebensraum zu erhalten
  • die Nutzung auf die Kernbereiche der Landwirtschaft beschränkt bleibt. Hofcafe, Straußenfarm und andere Geschäftsmodelle beinträchtigen z.B. durch erhöhtes Verkehrsaufkommen, die Lebensgemeinschaften in der Feldmark.

Kiebitze sind sehr standorttreu. Die Gelege in Othmarschen stammten von Kiebitzpaaren, die bereits vor der Bebauung der Brachfläche hier gebrütet haben. Früher gehörten diese Wiesenvögel zu den weit verbreiteten Arten in Hamburg. Doch der Bestand nimmt seit Jahren rasant ab. In Hamburg hat er sich innerhalb von 15 Jahren halbiert: heute brüten nur noch 310 Paare hier. Wiesenvögel wie der Kiebitz benötigen feuchtes und offenes Grünland, Brachen oder Überschwemmungsflächen. Diese Lebensraumansprüche werden in Hamburg nur noch selten erfüllt. Bebauung und intensive Landwirtschaft nehmen immer mehr Flächen in Anspruch und lassen dem Kiebitz immer weniger Raum zum Leben.

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Quelle:
Pressemitteilung pm 109/16, 12.08.2016
Naturschutzbund Deutschland (NABU)
Landesverband Hamburg e.V.
Klaus-Groth-Straße 21, 20535 Hamburg
Tel.: 040/69 70 89-0, Fax: 040/69 70 89-19
E-Mail: info@NABU-Hamburg.de
Internet: www.NABU-Hamburg.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. August 2016

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