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PILZ/007: Grauer Leistling - Pilz des Jahres (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 169 - August/September 2012
Die Berliner Umweltzeitung

Grauer Leistling - Pilz des Jahres
Unscheinbares Familienmitglied der Pfifferlinge

von Christoph Vinz



Eine der beliebter werdenden Freizeitbeschäftigungen vieler Berliner sind geführte Wanderungen im Umland, die sich thematisch mit wild wachsenden Kräutern und Pilzen beschäftigen. Denn immer mehr Menschen erkennen den besonderen Wert selbst gesammelter Naturprodukte, die dann auf dem heimischen Speisezettel das Tüpfelchen auf dem "i" bilden.

Seit 1994 wählt die Deutsche Gesellschaft für Mykologie (DGfM) einen "Pilz des Jahres", um in der Öffentlichkeit das Bewusstsein für deren Bedeutung in unserem Ökosystem zu schärfen. Im Jahr 2012 ist durch die Gesellschaft der Graue Leistling (Cantharellus cinereus) aus der Familie der Pfifferlinge in den Fokus öffentlichen Interesses gerückt worden.

Von den sechs in Deutschland heimischen Arten gehört der Graue Leistling zu den eher unscheinbaren Gewächsen, die mit ihrer graubraunen Tarnung schwer im Herbstlaub zu entdecken sind. Bekanntestes Mitglied dieser Pilzfamilie ist Cantharellus cibarius, der beliebte Pfifferling oder Eierschwamm. Alle Familienmitglieder gelten als Mykorrhizapilze, das heißt sie leben in einer engen Symbiose mit den Bäumen des Waldes, in unserem Falle vorzugsweise der Rotbuche. Der wechselseitige Austausch lebenswichtiger Nährstoffe erfolgt über das Myzel, ein im Boden ausgedehntes Fadengeflecht.
Der Graue Leistling wurde in allen Bundesländern nachgewiesen. Er ist allerdings - wie alle Pfifferlingsarten - durch die Bundesartenschutzverordnung für professionelle Sammler nicht freigegeben. Eine Ausnahmeregelung erlaubt jedoch die Verwertung geringer Mengen für den eigenen Bedarf.

Unscheinbar aber unverzichtbar

Cantharellus cinereus wächst vom Sommer bis zum Jahresende meist büschelig in Laubwäldern. Sein Hut erreicht zwei bis sechs Zentimeter und wird tief trichterförmig mit flatterig heruntergebogenem, welligem Rand. Seine Oberflächenfarbe ist dunkel graubraun, im feuchten Zustand fast schwarz. Der Stiel kann bis zu sechs Zentimeter Länge erreichen, ist hohl und ebenso dunkel gefärbt wie der Hut. Der Pilz verströmt einen schwachen, angenehmen Geruch und hat einen so milden Geschmack, dass er sich eigentlich nur für Soßen eignet.
Häufig wird der Graue Leistling von Sammlern mit der beliebten Herbsttrompete verwechselt. Ein kleines Missgeschick, das ohne Folgen bleibt, da beide Arten essbar sind.

Auch wenn Pilze eine besonders köstliche Ergänzung des heimischen Speisezettels sind: Mehr als 250 Gramm Wildpilze pro Woche sollten nicht verzehrt werden. Noch immer werden Strahlenbelastungen als Folge der Tschernobyl-Katastrophe von 1986 nachgewiesen. Hinzu kommt die Fähigkeit einzelner Pilzarten, Schadstoffe wie etwa Schwermetalle anzureichern.

Wir sollten Pilze unserer Wälder und Wiesen in erster Linie nicht als delikate Ergänzung unserer Küche betrachten, sondern zunächst als das, was sie eigentlich sind: Lebenswichtige Bestandteile des heimischen Ökosystems.
Erfreuen wir uns am Grauen Leistling als einem zwar unscheinbaren aber dennoch unverzichtbaren Teil unserer Natur!

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Quelle:
DER RABE RALF - 22. Jahrgang, Nr. 169 - August/September 2012, S. 13
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
Tel.: 030/44 33 91-47, Fax: 030/44 33 91-33
E-mail: raberalf@grueneliga.de
Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de
 
Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
Abonnement: jährlich, 20 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. September 2012