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REPTILIEN/017: Europäische Sumpfschildkröte - Wiederansiedelungsprojekt geht weiter (NABU RP)


NABU Landesverband Rheinland-Pfalz - 26. Juni 2009

Die Europäische Sumpfschildkröte kehrt zurück

NABU-Wiederansiedelungsprojekt geht weiter


Bereits im vergangenen Jahr setzte der NABU zehn Tiere der Europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) im Bobenheim-Roxheimer Altrheingebiet aus. Nun geht des Projekt in die zweite Runde: am 02. Juli 2009 werden weitere zehn Tiere in ihren neuen Lebensraum entlassen.

Die Europäische Sumpfschildkröte war früher eine charakteristische Art der Auengebiete am Oberrhein. Während ältere Literatur von einem Aussterben im 17./18. Jahrhundert ausging, weisen neuere Befunde darauf hin, dass sie mindestens bis ins letzte Jahrhundert bei uns vorkam. Aussterbeursache dürfte in erster Linie der massenhafte Fang der Sumpfschildkröte im Mittelalter gewesen sein. Besonders der Markt in Speyer war als Umschlagplatz für den Verkauf der Art weit über die Region hinaus bekannt. Zu dem Fang kam die Zerstörung der Lebensräume durch Flussbegradigung, Grundwasserabsenkung, Vernichtung von Gewässern und Zerstörung der Eiablageplätze im Zuge der landwirtschaftlichen Intensivierung.

Die Europäische Sumpfschildkröte lässt sich als Art in verschiedene Unterarten aufteilen und auch die heimische Unterart besitzt in unterschiedlichen Regionen verschiedene genetische Typen (Haplotypen). In Deutschland gibt es zwei verschiedene Haplotypen. Im Osten Deutschlands in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern findet sich der Haplotyp IIb und in Südwestdeutschland der Haplotyp IIa.

Die ausgewilderten Tiere entstammen der Zucht des rheinland-pfälzischen Züchters Gunter Franck, der nachweislich über die genetisch geeigneten Sumpfschildkröten verfügt. Olaf Strub, Naturschutzreferent des NABU Rheinland-Pfalz erklärt: "Es ist wichtig, bei einem Wiederansiedlungsprojekt Tiere zu verwenden, die den ursprünglich vorhandenen genetisch möglichst ähnlich sind. Nur so ist gewährleistet, dass die Tiere mit den klimatischen Bedingungen zurechtkommen, die gerade am nördlichen Rand des Verbreitungsgebietes eine besondere Rolle spielen.ö Setzte man Tiere südeuropäischer Herkunft aus, gingen bei Vermischung der unterschiedlichen Haplotypen diese Anpassungen ans Klima verloren. Entscheidend sind dabei nicht die erwachsenen Tiere, die auch in nördlicheren Regionen viele Jahre überleben können, sondern ist die Reifung der Eier. Die Eier werden nur bei ausreichender Wärme und Sonnenscheindauer ausgebrütet, die am wärmebegünstigten Oberrhein gegeben sind.

Die Weibchen suchen zur Eiablage vollbesonnte Plätze mit schütterer Vegetation auf, die sich schnell erwärmen, und graben dort ihre Gelegehöhlen. Da in manchen Jahren die Sonnenscheindauer allerdings zu gering ist, wird es nicht in jedem Jahr Nachwuchs geben. Zudem können die bis zu 20 Jungtiere in der Gelegehöhle überwintern, wenn sie erst zu spät im Herbst schlüpfen, was von Wissenschaftlern auch als eine Anpassung an das nördliche Klima interpretiert wird.

Ehrgeiziges Ziel des Projektes, an dem bis jetzt der NABU Rheinland-Pfalz, der NABU Heidewald, die Pollichia des Rhein-Pfalz-Kreises, der Rhein-Pfalz-Kreis und die Gemeinde Bobenheim-Roxheim beteiligt sind, ist es, in 12 Jahren bis zu 500 Sumpfschildkröten in geeigneten rheinland-pfälzischen Gewässern auszuwildern. Darüber hinaus müssen die Lebensräume trotz erster Maßnahmen weiter entwickelt werden müssen.

"Natürlich ist es schön, wenn ein Geschöpf, das früher selbstverständlich zu unserer Fauna zählte, zurückkehrtö, so Siegfreid Schuch, Vorsitzender des NABU Rheinland-Pfalz. "Es ist ein kleine Wiedergutmachung für die Schäden, die wir an der Natur hinterlassen, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass weitere Arten Tag für Tag verschwinden und genauso unserer Aufmerksamkeit bedürfen." Der Vorteil sei, dass die Sumpfschildkröte sehr komplexe Lebensräume benötigt. Die erwachsenen Tiere bevorzugten beispielsweise zum Leben größere nährstoffreiche Gewässer mit schlammigem Grund, gut strukturierter Vegetation und umfangreicher Flachwasserzone, während sich die Eiablageplätze an stark besonnten, trockenen Stellen befinden. Diese Lebensräume werden auch von einem breiten Spektrum weiterer bedrohter Tiere und Pflanzen benötigt. Wenn man also Lebensräume für die Sumpfschildkröte sichert und herrichtet, hilft man ebenso anderen Arten.


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Quelle:
Pressemitteilung, 26.06.2009
Herausgeber:
Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juni 2009