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VÖGEL/944: Fliegender Zorro - Vogel des Jahres 2014 (Der Rabe Ralf)


DER RABE RALF
Nr. 177 - Dezember 2013 / Januar 2014
Die Berliner Umweltzeitung

Fliegender Zorro
Der Grünspecht ist Vogel des Jahres 2014

von Jörg Parsiegla



Auf den "Meckervogel" Bekassine (RABE RALF, Februar/März-Ausgabe) für 2013 folgt nun also der auch als "Lachvogel" bekannte Grünspecht. Die kürenden Verbände NABU und Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) gehen mit dieser Wahl erstmals seit Kampagnenbeginn 1971 von einem der ausschlaggebenden Kriterien - der Gefährdung der Art - ab, denn der Grünspecht ist nicht vom Aussterben bedroht. "Es gibt in Deutschland derzeit etwa 42.000 Brutpaare und damit mehr als doppelt so viele wie vor zwanzig Jahren", sagt der Vizepräsident des NABU Helmut Opitz (damit ist er nach dem Buntspecht und vor dem Schwarzspecht der zweithäufigste Specht Deutschlands). Allerdings würden in Deutschland immer mehr Streuobstwiesen, der bevorzugte Lebensraum des Grünspechts, umgewidmet. Immerhin, die Präferenz für halboffene Landschaften mit ausgedehnten Laubalthölzern (Streuobstwiesen, Waldränder, Feldgehölze) lässt den Grünspecht auch in Parks, Hainen und große Gärten und somit selbst in der Stadt heimisch werden.

Etwas Arten-Spezifik

Der relativ standorttreue Grünspecht (Picus viridis), wegen seines geschickten Agierens am Boden auch Grasspecht oder Erdspecht genannt, entstammt der Vogelfamilie der Spechte (Picidae) und hier wiederum, wie fast alle europäischen Spechte, der Unterfamilie der Echten oder auch Stützschwanzspechte (Picinae). Die Gattung der "Picusse" jedoch kennt, bei gut einem Dutzend Arten weltweit, nur zwei Vertreter in Europa: Grünspechts und Grauspecht (Picus canus).

Wie alle Spechte ist auch Picus viridis gestreckt gebaut und besitzt einen starken, kantigen Meißelschnabel, der fast so lang wie der Kopf ist. Wer sich schon immer gefragt hat, warum Spechte beim "Trommeln" an Bäumen keine Kopfschmerzen bekommen, hier die Lösung: Der Spechtschnabel ist so gebaut, dass die Kraft des Schlages - unter anderem durch eingelagerte Knorpel - abgefangen wird. Zwischen Schnabel und Schädel besitzen Spechte also so etwas wie ein Stoßdämpfer. Das Gehirn ist obendrein besser als bei anderen Vögeln durch eine stärkere Knochenhülle geschützt.

Der Grünspecht wird bis zu 31 Zentimeter lang und hat eine Flügelspannweite von bis zu 52 Zentimetern. Die Oberseite ist dunkelgrün, die Unterseite ist blass hell- bis graugrün gefärbt. Die rötliche Kappe auf dem Kopf und der wie eine schwarze Maske aussehende Bereich um die Augen hat dem Grünspecht den Spitznamen "fliegender Zorro" eingebracht.

Der Grünspecht hackt viel weniger an Bäumen als andere Spechte. Durch seine starke Spezialisierung auf bodenlebende Ameisen ist er jedoch anfällig für strenge Winter mit hohen Schneelagen. Manchmal gräbt er sich dann Tunnel in den Schnee, um an Ameisenhügel zu gelangen. Seine Lieblingsspeise schnappt er sich, übrigens, mit seiner Zunge, die in ein verhorntes und mit Widerhaken bestücktes Ende ausläuft. Er kann sie bis zu zehn(!) Zentimeter vorstrecken.

Apropos Lachvogel

Der Ruf des Grünspechts hört sich wie gellendes Gelächter an: "... 'klü-klü-klü-klü-klü-klü-klü'. Die aus bis zu 20 Silben bestehende, etwas nasal klingende Rufreihe bleibt auf einer Tonhöhe und wird gegen Ende schneller und etwas leiser. Häufig ist ein zweisilbiger, deutlicher Abschluss 'klü-ück'. Außerdem erwähnt die nicht namentlich genannte Quelle einen speziellen Ruf beim Landen: "... oft ein scharfes 'Kjäck', zuweilen auch 'Kjück', das bei Beunruhigung oder in Aggressionssituationen zum mehrsilbigen Ruf 'Kjück-Kjück-Kjück-Kjück' gereiht wird." Für geübte Vogelstimmen-Imitator/-innen unter den Leser/-innen sicher ein Klaks, pardon Kjück - oder Kjäck?

Und noch eine Eigenschaft, die Picus viridis sympathisch macht: Für gewöhnlich, wie die meisten Spechte, Einzelgänger auch beim Schlafen, ist beim Grünspecht auch schon beobachtet worden, dass Männchen und Weibchen die Nacht zusammen verbringen ...



Weitere Informationen
www.nabu.de
www.lbv.de
www.wikipedia.org/wiki/Gruenspecht

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Quelle:
DER RABE RALF - 24. Jahrgang, Nr. 177 - Dezember 2013 / Januar 2014, Seite 13
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Januar 2014