Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → BRENNPUNKT


KOHLEALARM/557: Klimakampf und Kohlefront - voller Körpereinsatz ... (KligK)


Klimagerechtigkeit Kassel - Pressemitteilung, 2. Februar 2019

Spektakuläre Banneraktion am Opernplatz fordert Klimarebellion


Kassel 02.02.2019. Am Samstag haben sich Aktivist*innen der Gruppe Klimagerechtigkeit Kassel mit einem großen Banner von der Fassade der Galeria Kaufhof am Opernplatz abgeseilt. "Kohleausstieg ist und bleibt Handarbeit - Klimarebellion jetzt!" konnten die verblüfften Passant*innen dort am Nachmittag lesen. Mit ihrer Aktion kritisieren die Klimagerechtigkeits-Aktivist*innen den schwachen Kompromiss der Kohlekommission scharf. Ein Kohleausstieg erst 2035 oder 2038 mit krachendem Verfehlen des 2020er-Klimaziels verstößt damit nicht nur gegen das Völkerrecht des Pariser Klimavertrags. Mit dem äußerst unambitionierten Ausstiegspfad führt er uns damit auch sehenden Auges mitten in die Klimakatastrophe.


Zwei Kletteraktivist*innen mit Banner an der Glasfassade der Galeria Kaufhof - Foto: CC-by Klimagerechtigkeit Kassel

Foto: CC-by Klimagerechtigkeit Kassel

"Wir haben jedes Vertrauen darin verloren, dass die traditionelle Politik wirksame Lösungen für die existenzielle Bedrohung der Klimakrise umsetzt," macht Juri Nadler (24) von Klimagerechtigkeit Kassel klar. "Angst gepaart mit Wut treibt uns um, lässt uns in Tränen ausbrechen und raubt uns den Schlaf." Deutschland stößt pro Kopf mit 11 Tonnen CO2 mehr als das doppelte der durchschnittlichen weltweiten Treibhausgasemissionen aus. Diese riesige Menge an klimazerstörenden Gasen stagniert seit zehn Jahren weitgehend. Für die Einhaltung des lebenssichernden 1,5°-Klimaziels müssen die Vorreiter hingegen schon vor 2030 alle ihre Emissionen auf Null reduziert haben.

Obwohl der Kohleausstieg beschlossen ist, hat der Kohlekonzern RWE in der vergangenen Woche weiter Häuser in den nun verschonten Dörfern im rheinischen Braunkohlerevier zerstört. "Die Menschen vor Ort sind verzweifelt, jetzt noch für diese Steinzeittechnologie ihre Heimat zu verlieren. Wir fordern daher an der Seite des Bündnisses von Umsiedlungsbedrohten 'Alle Dörfer bleiben!' einen sofortigen Stopp aller Dorfzerstörungen. Genau wie die Tagebaubetroffene Hannelore Wodtke als Mitglied der Kohlekommission legen wir also unser Veto ein," so Nadler. RWE soll für die angeblich frühzeitige Abschaltung für ihre immer unwirtschaftlicheren Kraftwerke viele Milliarden Entschädigung erhalten. Folglich stieg auch der RWE-Aktienkurs nach dem Bekanntwerden des faulen Kohlekompromisses um zehn Prozent. "Statt den Strukturwandel zusammen mit den Beschäftigten und Tagebaubetroffenen jetzt sofort anzupacken, sollen schlicht Milliarden an die Aktionär*innen diese gemeinschädlichen Kohlekonzerne gehen. Als Klimabewegung werden wir das verhindern," wird Nadler deutlich. "Als ersten Schritt rufen wir daher alle Menschen dazu auf, sich dem Irrsinn dieser Selbstbedienungskommission öffentlich entgegenzustellen." Freitag vormittags streiken seit einigen Monaten weltweit hunderttausende empörte Schüler*innen unter dem Motto #FridaysForFuture. Diesen Freitag waren vor dem Kasseler Rathaus bereits 300 von ihnen auf der Straße. In den nächsten Wochen sollen diese Proteste zusammen mit streikenden Studierenden und Arbeitnehmer*innen immer größer und lauter werden. "Wir rufen insbesondere die alte Generation auf, in ihrer Rente nun zu kämpfen für die Zukunft von uns, ihren Enkeln," sagt Laura Gonzalo von den Freitags-Klimastreiks. "Kommt mit zu uns ans Rathaus an den kommenden Freitagen! Jetzt ist der Moment, um uns als Einzelne und als Gesellschaft vom dumpfen Schleier der Gleichgültigkeit zu befreien." Denn auch hier in Kassel muss der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas sofort beginnen.

In den letzten Monaten sind eine Vielzahl neuer Menschen in der Klimabewegung aktiv geworden. So auch die Kunsthandwerkerin Melanie Trocht, die in den vergangenen Jahren mit immer mehr Schrecken die Auswirkungen der Klimakrise verfolgt hat. "Es fing an, dass es bloß etwas wärmer wurde. Dann kamen alljährlich Hitzerekorde und vermehrt 'Jahrhundertfluten' auf. Heute entstehen mit den bereits stark veränderten Höhenwinden immer mehr Dürren wie im deutschen Hitzesommer 2018. Schon in wenigen Jahren werden nicht nur wie schon heute die weltweiten Korallenriffe, sondern auch etliche andere Ökosysteme kollabieren. In der Folge wird im komplexen und für uns Menschen weitgehend unkontrollierbaren System mancherorts die landwirtschaftliche Versorgung zusammenbrechen. Plötzlich sind hunderte Millionen an Menschen hart von der Klimakrise in ihrem Leben bedroht und werden früher oder später vor dem Hunger fliehen. Spätestens dann merken es alle. Nur wenn wir bis dahin weitgehend so weitermachen wie bisher, werden zahlreiche Gesellschaften zusammenbrechen. Das noch dazu vor allem in den Ländern, die historisch am wenigsten Treibhausgase ausgestoßen haben - das waren fast alles wir in den Industrieländern. All diese Folgen der Klimakrise sind schon lange bekannt, und dennoch handeln weder Politik, noch Industrie, noch die meisten von uns. Stattdessen machen alle weiter wie bisher mit Raubbau an der Natur und der Zukunft. Diese absolute Kurzsichtigkeit macht mich wütend. Daher muss ich feststellen: wir haben es mit der Klimawende versucht - jetzt braucht es die Klimarebellion!" Sämtliche Gruppen, Initiativen und Verbände, die in ihrer jeweiligen Form zu diesen Themen arbeiten, erwarten in den kommenden Wochen regen Zulauf für dessen Gestaltung.



Klimagerechtigkeit Kassel

Aktuelle Infos stets auf Twitter:
www.twitter.com/kligk_klimaks

Facebook:
https://www.facebook.com/KligK-Klimagerechtigkeit-Kassel-376826196483764/

In Kooperation mit dem FridaysforFuture Kassel: www.fridaysforfuture.de

Weitere Informationen zum Brechen der Pariser Klimaziele durch den unzureichenden Kohlekompromisses (auf Englisch):
https://www.carbonbrief.org/analysis-how-far-would-germanys-2038-coal-phaseout-breach-paris-climate-goals

*

Quelle:
Pressemitteilung, 02.02.2019
Klimagerechtigkeit Kassel
Internet: www.klimagerechtigkeit-kassel.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Februar 2019

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang