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MASSNAHMEN/131: Berlin kein Vorbild bei Energieausweisen und Energieeffizienz (BUND BE)


BUND Landesverband Berlin e.V. - Pressemitteilung - Berlin, 16. Juli 2009

BUND: Land und Bezirke kommen der Energieausweispflicht nicht nach

BUND Berlin überprüft öffentliche Gebäude auf Energieausweise und Energieeffizienz


Seit 1. Juli 2009 ist der Energieausweis auch für alle Nicht-Wohngebäude keine Kür, sondern Pflicht. Danach müssten neben Wohngebäuden auch Rathäuser, Schulen, Kindergärten, Gerichte und alle anderen öffentlichen Gebäude Berlins mit mehr als 1000 m² Nettogrundfläche und regelmäßigem Publikumsverkehr einen Energieausweis gut sichtbar aushängen haben. Müssten - denn was die aktuelle Energieeinsparverordnung gesetzlich vorschreibt, ist in den Berliner Liegenschaften von Land und Bezirken noch längst keine gängige Praxis. Der BUND Berlin hat einige der Gebäude überprüft. Über die Hälfte weist keinen oder keinen leicht zugänglichen Energieausweis auf. Pförtner und Hausmeister waren auf Nachfrage ahnungslos.

Ulf Sieberg, Klimareferent des BUND Berlin: "Das Ziel, mit dem Energieausweis die energetische Qualität aller öffentlicher Gebäude transparent zu machen, wird in Berlin meilenweit verfehlt!"

So gleicht die Energieausweislandschaft einem Flickenteppich: Während Bezirke wie Steglitz-Zehlendorf bereits seit 2006 Energieausweise in Liegenschaften und im Internet veröffentlichen, beschränken sich andere wie Lichtenberg nur auf die Veröffentlichung im Netz. Andere wiederum sind ihrer gesetzlichen Pflicht überhaupt nicht nachgekommen - weder im Gebäude noch im Netz. Die Deutsche Energieagentur (dena) schätzt, dass lediglich 25 Prozent der 55.000 öffentlichen Gebäude in Deutschland mit einem Energieausweis ausgestattet sind. Die 381 öffentlichen Gebäude, die von der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM), eine 100prozentige Tochter des Landes Berlins, verwalteten werden, sind mit einem Energieausweise ausgestattet. Darunter Senatsverwaltungen, das Rote Rathaus, Gerichte, Museen, Feuerwehrgebäude und Polizeidienststellen. Doch allein in Berlin nutzen Land und Bezirke zusammen über 6.600 Einrichtungen.


Energetisches Trauerspiel - Gebäude von Land und Bezirken keine Vorbilder

Fehlen bei vielen Einrichtungen die Energieausweise noch ganz, sieht es bei denjenigen, die mit Ausweisen ausgestattet sind, energetisch düster aus.

Ulf Sieberg: "Der Zustand der von Land und Bezirken genutzten Gebäude ist ein energetisches Trauerspiel. Dabei ist es gerade Ziel und Zweck, mit dem Energieausweis und niedrigen Verbrauchswerten eine Vorreiterrolle in Sachen Energieeffizienz einzunehmen und Kosten zu sparen. Stattdessen zahlt sich der Senat an Energiekosten dumm und dusselig."


Klimaschutz durch Energieeffizienz im Gebäudesektor

Spätestens mit dem Ziel in Berlin die CO2-Emissionen bis 2020 gegenüber 1990 um 40 Prozent zu reduzieren, sind Verbrauche von Strom und Wärme von 146 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr wie im Roten Rathaus weit von den klimapolitischen Anforderungen und ökonomischer Vernunft entfernt. Denn allein im Gebäudebereich entstehen rund 40 Prozent der CO2-Emissionen. Dazu müsste der Heizwärmebedarf der Gebäude von derzeit durchschnittlich 200 kWh/m²*a bis 2050 auf Passivhausstandard bzw. durchschnittlich 23 kWh/m²*a reduziert werden. Bei einer gegenwärtigen Sanierungsquote von nicht einmal einem Prozent scheint dieses Ziel aber um Lichtjahre entfernt. Notwenig wäre hingegen eine jährliche Sanierungsquote von mindestens 3 Prozent. Damit könnten über die Lebensdauer der Sanierung Energiekosten von schätzungsweise mindestens 5,2 Mrd. Euro gespart werden.


Ulf Sieberg vom BUND stellt deshalb von Senat und Bezirken folgende Forderungen:

Alle Gebäude müssen gemäß den gesetzlichen Anforderungen mit einem bedarfsabhängigen(*) Energieausweis ausgestatten werden. Dieser muss gut zugänglich und sichtbar im Gebäude ausgehängt werden. Kleine A 4-Rahmen, wie sie in Landes- und Bezirksliegenschaften hängen, reichen dafür nicht aus.
Darüber hinaus sind die Ergebnisse für alle Berliner Liegenschaften zentral im Internet in einer Datenbank darzustellen. Das Energiemanagement des Hochbauamtes der Stadt Frankfurt kann hier als Vorbild dienen.
Die öffentlichen Gebäude müssen auf Passivhausniveau gebracht werden. Dazu sollten Mittel aus bestehenden Investitionsprogrammen eingesetzt werden. Zusätzlich braucht Berlin ein Investitionsprogramm, das die Sanierungsquote zur Gebäudesanierung erhöht. Damit würden Energiekosten über die Nutzungsdauer der Gebäude stark gesenkt werden."

(*) Es existieren zwei Arten von Energieausweisen: Beim Bedarfsausweis wird der Energiebedarf des Gebäudes auf Grundlage der energetischen Qualität der Gebäudehülle und der haustechnischen Anlagen ermittelt. Für den Verbrauchsausweis werden aus drei aufeinander folgenden Jahren Wärmeverbrauch (Beheizung, ggf. zentrale Warmwasserbereitung) und bei Nicht-Wohngebäuden zusätzlich Stromverbrauch (Beleuchtung, Lüftung und Klimatisierung) ermittelt und daraus Energieverbrauchskennwerte berechnet, die auch klimatische Schwankungen und längere Leerstände berücksichtigen. Allerdings liefert der kostengünstigere Verbrauchsausweis keine sachdienlichen Hinweise zur Sanierung und Bedarfsreduzierung. Der BUND fordert daher den Bedarfsausweis.

Quellen und Weiterführende Links:
www.bund-berlin.de/bund_berlinde/home/klima_und_energie/energiepolitik_gestalten/energieausweis/


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Quelle:
Presseinformation Info 29, 16.07.2009
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
Landesverband Berlin
Crellestraße 35, D-10827 Berlin
Tel. 030/78 79 00-0, Fax: 030/78 79 00-18
E-Mail: kontakt@bund-berlin.de
Internet: www.bund-berlin.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juli 2009