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STADT/342: Energiepositive Nachbarschaften - Ressourcen schonen, CO2 verringern, Netze stabilisieren (idw)


Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen - 10.06.2013

Ressourcen schonen, CO2-Abgabe verringern, Netze stabilisieren

RWTH-Wissenschaftler arbeiten federführend an "Energy Positive Neighbourhoods"



Sieben internationale Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft arbeiten im europäischen Forschungsprojekt COOPERATE gemeinsam an der Entwicklung von energiepositiven Nachbarschaften (Energy Positive Neighbourhoods - EPN). Ziel des Projekts ist es, unterschiedlichste Arten der erneuerbaren Stromerzeugung und der Energienutzung auf lokaler Ebene so zu koordinieren, dass Ressourcen geschont, CO2-Emissionen verringert und gleichzeitig die Netze der Stromversorgung stabilisiert werden. Die RWTH Aachen University ist in diesem Forschungskonsortium mit drei Lehrstühlen vertreten. Die Federführung des Gesamtprojekts liegt bei Professor Antonello Monti, Direktor des Instituts Automation of Complex Power Systems (ACS) am Aachener E.ON Energy Research Center (E.ON ERC).

"Mit COOPERATE entwickeln wir zusammen mit sehr renommierten Partnern aus Industrie und Wissenschaft ein innovatives System, mit dessen Hilfe die Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien, beispielsweise in einem kleineren Stadtviertel, einer Siedlung oder auch einem Campusgelände optimiert wird", beschreibt Professor Monti die wesentlichen Ziele des Projekts. "Die maximale Nutzung lokaler Ressourcen und der effiziente Umgang mit Energie stehen dabei zwar im Vordergrund, doch gleichzeitig gilt es, das örtliche Verteilnetz zu stabilisieren, um eine jederzeit sichere Versorgung zu gewährleisten. Man könnte sagen, wir erweitern die Idee des Smart Home auf mehrere benachbarte Gebäude. Wir nennen das: die energiepositive Nachbarschaft." Möglich und angestrebt, so Monti weiter, sei aber auch die Entwicklung von zusätzlichen Dienstleistungen. Zu den zahlreichen Möglichkeiten gehörten lokale Parkleitsysteme ebenso wie ein Monitoring und die Steuerung von Ladestationen für Elektroautos. Auch die Integration von Überwachungsfunktionen zur Erhöhung der Sicherheit von Anwohnern oder das Angebot eines "Echtzeit-Mensanutzungsplaners" zu besseren Verteilung der Nachfrage seien möglich.

Entwickelt wird zu diesem Zweck eine Service- und Management-Plattform mit integrierten Monitoring- und Kontrollfunktionen. Der Informationsaustausch zwischen einzelnen Gebäuden und einer Steuerungszentrale sowie mit dem Netzbetreiber geschieht über eine Cloud. Zusätzlich werden im Rahmen von COOPERATE auch neue Businessmodelle entwickelt und geprüft. Dazu gehört unter anderem die neu eingeführte Funktion des Neighbourhood Energy Managers. In dessen Aufgabenbereich fallen die Beobachtung und Koordination von Einspeisungen und Verbräuchen einer oder mehrerer Nachbarschaften. Der Neighbourhood Energy Manager überwacht und steuert die Kommunikation zwischen den Beteiligten, setzt bei Bedarf Anreize zur Senkung der Nachfrage, und er lokalisiert, beispielsweise durch den Vergleich aktueller mit historischen Daten, mögliche Fehler. Operativ eingreifen muss er dank überwiegend automatischer Abläufe allenfalls bei unvorhersehbaren Ereignissen. Automation of Complex Power Systems hat nicht allein die Projektkoordination übernommen, das Aachener Institut erarbeitet für COOPERATE insbesondere das Simulationskonzept, um die entwickelten Bausteine und Konzepte vor der praktischen Umsetzung zu überprüfen. Das von Professor Dirk Müller geleitete Institut Energy Efficient Buildings and Indoor Climate (EBC) des E.ON ERC übernimmt im Rahmen des Projekts thermische Berechnungen und Modellierungen von Gebäuden. Hier sehen die Projektverantwortlichen besonders große Sparpotenziale, da die Energieversorgung von Gebäuden - Heizen und Kühlen machen dabei den Löwenanteil aus - für rund 40 Prozent des Gesamtbedarfs und für gut ein Drittel aller CO2-Emissionen verantwortlich ist. Der dritte RWTH-Lehrstuhl, das Institut für Software Engineering (SE), erarbeitet in Kooperation mit dem Cork Institute of Technology (CIT) ein Datenmodell zur standardmäßigen Beschreibung von Nachbarschaften, das sogenannte Neighbourhood Information Model.

Praktische Umsetzung in zwei Test-Nachbarschaften

Die entwickelten Konzepte werden in zwei Test-Nachbarschaften umgesetzt. Ausgewählt wurden dafür der Office-Campus der Zentrale von Bouygues Construction und der Bishopstown Campus des Cork Institute of Technology. Auf dem Gelände der Bouygues-Zentrale in Guyancourt in der Region Paris arbeiten rund 3.000 Angestellte. COOPERATE soll hier das Monitoring der Gebäude und Energiequellen (Photovoltaikanlagen mit 2 MW Leistung), des Energiespeichersystems sowie der verschiedenen Verbrauchstellen inklusive 20 Ladestationen für Elektroautos übernehmen. Es gilt, Optimierungspotenziale zu identifizieren und diese durch verbessertes Energiemanagement zu heben. Der Bishopstown Campus umfasst Gebäude unterschiedlichster Art, Studentenwohnheime sowie eine Sport- und Erholungsreinrichtung. Die Test-Nachbarschaft wird in diesem Fall gebildet aus dem sogenannten Nimbus Centre und den LeisureWorld Sporteinrichtungen mit KWK-Anlagen, einer Windkraftanlage, einem Batteriespeicher, das alles kombiniert mit einem existierenden Building Management System, sowie einem Studentenwohnheim. In diesem Fall sollen mithilfe von COOPERATE energiebezogene Aktivitäten wie Lastmanagement oder Lastverschiebung, aber auch andere Dienstleistungen wie Gebäudesicherheit, Transport- und Verkehrsmanagementsysteme untersucht und verbessert bzw. neu entwickelt werden.

Finanzierung durch die Europäische Union

Die Realisierung von COOPERATE, davon sind die Projektbeteiligten überzeugt, wird dazu beitragen, dass die ehrgeizigen Ziele der Europäischen Union hinsichtlich Klimaschutz und nachhaltiger Energieversorgung erreicht werden können. Auch deshalb wird das auf einen Zeitraum von drei Jahren angelegte Projekt von der EU im Rahmen ihres 7. Forschungsrahmenprogramms mit 3,5 Millionen Euro finanziert.


Beteiligte Forschungseinrichtungen und Unternehmen sind:
  • die RWTH Aachen University mit den Instituten Automation of Complex Power Systems (Projektleitung) und Energy Efficient Buildings and Indoor Climate (EBC) des E.ON ERC (www.eonerc.rwth-aachen.de) sowie mit dem Institut für Software Engineering (www.se-rwth.de);
  • das Cork Institute of Technology (CIT; www.cit.ie) mit dem Nimbus Centre for Embedded Systems Research (www.nimbus.cit.ie);
  • das Energiemanagement-Unternehmen Embix, an dem u. a. Alstom zu 50 Prozent beteiligt ist (www.embix.fr);
  • Bouygues Energies & Services (www.bouygues-es.com), ein Tochterunternehmen von Bouygues Construction;
  • Intel Labs Europe (ILE), ein europäisches Netzwerk von Laboratorien für Forschung, Entwicklung und Innovation des Intel-Konzerns (www.intel.com);
  • die Electrical Energy and Power System Group der University of Manchester (www.manchester.ac.uk);
  • das United Technologies Research Center (UTRC, East Hartford, Connecticut; www.utrc.utc.com) von United Technologies.

Das E.ON Energy Research Center
Das E.ON Energy Research Center der RWTH Aachen ist das Ergebnis einer Public Private Partnership aus Wirtschaft und Wissenschaft. Zwei "Big Player" arbeiten hier auf Augenhöhe zusammen. Die E.ON AG als einer der größten Energiekonzerne Europas hat sich mit der weit über die nationalen Grenzen hinaus renommierten Aachener Hochschule verbündet, um ein in dieser Form einmaliges Projekt zu realisieren.
Energieforschung darf sich nicht allein auf Lösungen einzelner technischer Probleme beschränken. Notwendig sind vielmehr umfassende interdisziplinäre Ansätze und Untersuchungen zu komplexen Problemstellungen. Dementsprechend sind die Professuren des E.ON Energy Research Centers über die vier Fakultäten Elektrotechnik und Informationstechnik, Wirtschaftswissenschaften, Maschinenbau sowie Georessourcen und Materialtechnik verteilt. Abgesehen von dieser formalen Aufteilung auf die genannten Fakultäten mit entsprechenden Lehrveranstaltungen steht in diesem Zentrum die internationale, interdisziplinäre, fakultätsübergreifende wissenschaftliche Zusammenarbeit im Vordergrund der Forschungsaktivitäten.
An der Spitze des E.ON Energy Research Centers steht Professor Rik W. De Doncker, der gleichzeitig das Forschungsgebiet "Power Generation and Storage Systems" leitet. Die fünf Forschungsinstitute stehen gleichrangig nebeneinander und verfügen jeweils über eigenes wissenschaftliches und nichtwissenschaftliches Personal. Der Bereich "Applied Geophysics and Geothermal Energy" wird von Professor Christoph Clauser geführt. Für das Fachgebiet "Future Energy Consumer Needs and Behavior" zeichnet Professor Reinhard Madlener verantwortlich. Professor Dirk Müller untersucht Problemstellungen im Bereich "Energy Efficient Buildings and Indoor Climate" und Professor Antonello Monti leitet gemeinsam mit Professor Ferdinanda Ponci den Bereich "Automation of Complex Power Systems".

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news537556
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution63

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen,
Thomas von Salzen, 10.06.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juni 2013