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STRAHLUNG/087: Mittlere Strahlenbelastung der Bevölkerung hat stetig zugenommen (Strahlentelex)


Strahlentelex mit ElektrosmogReport
Unabhängiger Informationsdienst zu Radioaktivität, Strahlung und Gesundheit
Nr. 640-641 / 27. Jahrgang, 5. September 2013

Umweltradioaktivität
Die mittlere Strahlenbelastung der Bevölkerung durch Röntgenuntersuchungen hat stetig zugenommen

von Thomas Dersee



Die Bundesregierung unterrichtete über die Umweltradioaktivität und die Strahlenbelastung im Jahr 2011

Der Unfall im Atomkraftwerk Tschernobyl im Jahr 1986 verursachte auch im Jahr 2011 noch einen, wenn auch geringen Beitrag zur sogenannten zivilisatorischen Strahlenbelastung. Das schreibt die Bundesregierung in einer Unterrichtung über Umweltradioaktivität und die Strahlenbelastung im Jahr 2011 (Bundestagsdrucksache 17/14395 vom 12. Juli 2013). Darin wird sowohl über die natürliche Strahlenbelastung, die zivilisatorische verändert sein kann, als auch über die zivilisatorische Strahlenbelastung durch kerntechnische Anlagen sowie durch Auswirkungen von Unfällen in Atomkraftanlagen berichtet.

Zusammenfassend hat dem Bericht zufolge die berechnete mittlere Gesamtbelastung von 3,9 Millisievert (mSv) pro Person und Jahr im Vorjahr auf 4 mSv pro Person und Jahr in 2011 zugenommen. Maßgeblichen Anteil daran hat die medizinische Strahlenbelastung, speziell durch Röntgenuntersuchungen, wodurch die mittlere effektive Dosis der Bevölkerung von 1996 bis 2010 um mehr als 0,2 mSv auf circa 1,8 mSv anstieg. Die Anzahl der besonders strahlenintensiven computertomographischen Untersuchungen von Patienten (CT-Untersuchungen) nahm dem Bericht zufolge in diesem Zeitraum um 130 Prozent zu, das heißt wurde von den Ärzten deutlich mehr als verdoppelt.

Im Gegensatz zu ihren Patienten schützten sich die Ärzte dagegen selbst besser. Die mittlere Jahresdosis beruflich strahlenexponierter Personen lag mit 0,58 mSv in 2011 deutlich unter dem Vorjahresniveau (2010: 0,66 mSv). Auch die mittlere Strahlenbelastung des Flugpersonals verminderte sich leicht auf 2,12 mSv in 2011, im Vergleich zu 2,3 mSv in 2010. Die höchste Jahresdosis des fliegenden Personals betrug in 2011 6,6 mSv, im Vergleich zu 7,4 mSv in 2010.

In das Register hochradioaktiver Strahlenquellen wurden im Jahr 2011 40 Genehmigungsinhaber neu aufgenommen, wodurch die Gesamtzahl auf 630 anwuchs.

Auch die Strahlenbelastung der Bevölkerung durch die mit Atommüll angefüllte Schachtanlage Asse bei Wolfenbüttel ist 2011 höher als im Jahr zuvor gewesen. Grund dafür seien "ungünstige Ausbreitungsbedingungen", heißt es in dem Bericht.

Die jährliche Abnahme der Cäsium-137-Inventare von Erdboden und Nahrungsmitteln aus dem Unfall von Tschernobyl betrage 2 bis 3 Prozent, schreiben die Autoren des Berichts, jedoch mit Ausnahme der Kontamination von Wild, die stellenweise immer noch sehr hoch sei. Die von Fukushima nach Deutschland verfrachtete Menge radioaktiven Materials sei dagegen nur mit besonders empfindlichen Meßmethoden nachweisbar.

Natürliche Strahlenbelastung

Die kosmische Strahlung und die überall in der Umwelt vorkommenden natürlichen Radionuklide (kosmogene und terrestrische Radionuklide) sind die Ursache der natürlichen Strahlenexposition, wird in dem Bericht erklärt. Die jährliche effektive Dosis betrage bei durchschnittlichen Bedingungen in Deutschland 2,1 mSv. Sie weise aber beträchtliche Unterschiede auf, die vor allem durch die geologische Beschaffenheit des Untergrundes, aber auch durch die Lebens- und Ernährungsgewohnheiten und die Höhe des Aufenthaltsortes verursacht werden.

Zur jährlichen effektiven Dosis aus der äußeren Strahlenexposition trügen die kosmische Strahlung mit 0,3 mSv und die in den Böden, Gesteinen und in den Baumaterialien vorkommenden terrestrischen Radionuklide mit 0,4 mSv bei.

Aus der Aufnahme natürlicher Radionuklide mit der Nahrung ergebe sich bei durchschnittlichen Ernährungsbedingungen eine jährliche effektive Dosis von 0,3 mSv. Sie werde durch die terrestrischen Radionuklide bestimmt. Der Beitrag durch die kosmogenen Radionuklide sei dagegen gering.

Die Einatmung (Inhalation) von Radon und seiner kurzlebigen Zerfallsprodukte liefere den Hauptbeitrag zur natürlichen Strahlenexposition. Die jährliche effektive Dosis, die durch die Inhalation dieser Radionuklide entsteht, betrage etwa 1,1 mSv, davon 0,9 mSv durch Aufenthalt in Gebäuden.

Die Strahlenexposition durch Radon-222 und seine kurzlebigen Zerfallsprodukte mit der Atemluft variiere bundesweit beträchtlich. Ursachen dafür seien die geologischen Bedingungen, aber auch Art und Zustand der Gebäude. Durch epidemiologische Untersuchungen sei nachgewiesen, daß erhöhte Strahlenexpositionen durch Radon eine Ursache für Lungenkrebs sein können. Deshalb sollten die Radonkonzentrationen in Wohn- und Aufenthaltsräumen soweit wie möglich reduziert werden.

Zivilisatorische Strahlenbelastung

Die mittlere effektive Dosis der zivilisatorischen Strahlenexposition lag im Berichtsjahr 2011 bei circa 1,9 mSv pro Einwohner und Jahr, heißt es in dem Bericht.

Der Beitrag der Strahlenexposition durch Kernkraftwerke und sonstige kerntechnische Anlagen sowie durch die Hinterlassenschaften des Uranerzbergbaus und deren Sanierung durch die Wismut GmbH in der Bundesrepublik Deutschland zur mittleren effektiven Dosis der Bevölkerung sei auch im Jahr 2011 deutlich unter 1 Prozent der gesamten zivilisatorischen Strahlenexposition geblieben. Die Ableitungen radioaktiver Stoffe hätten bei allen kerntechnischen Anlagen unterhalb, bei den meisten weit unterhalb der genehmigten Jahreswerte gelegen.

Die Beiträge durch die Anwendung ionisierender Strahlung und radioaktiver Stoffe in Forschung, Technik und Haushalt hätten weniger als 0,01 mSv betragen.

Berufliche Strahlenbelastung

Die berufliche Strahlenexposition habe sich gegenüber dem Vorjahr geringfügig verändert. Die Zahl der Personen, die mit Dosimetern beruflich strahlenschutzüberwacht werden, habe im Jahr 2011 circa 349.000 betragen und sich damit gegenüber dem Vorjahr um 6.700 Personen erhöht. Von den Überwachten erhielten demnach circa 66.300 Personen eine meßbare Dosis. Die mittlere Jahrespersonendosis der exponierten Personen habe 0,58 mSv betragen und liege damit 12 Prozent unter dem Wert des Vorjahres (0,66 mSv).

Berufliche Strahlenexposition, durch natürliche Radioaktivität zivilisatorisch verändert

Im Jahr 2011 wurden circa 39.200 Personen des fliegenden Personals überwacht, wird berichtet. Dies entspreche etwa der Anzahl der Überwachten des Vorjahres. Davon hätten 38.923 Personen eine von 0 verschiedene Dosis erhalten. Das Flugpersonal werde nicht mit Dosimetern überwacht. Die Luftfahrtgesellschaften ermittelten stattdessen die Dosis für das fliegende Personal mit amtlich zugelassenen Rechenprogrammen. Die mittlere Jahresdosis des fliegenden Personals sei derart gegenüber dem Vorjahr von 2,3 mSv auf 2,12 mSv gesunken.

Im Jahr 2011 seien 260 Personen an Arbeitsplätzen mit erhöhter Radonexposition überwach worden (Schauhöhlen, Wassergewinnung, Beschäftigte der Wismut GmbH). Die mittlere Jahresdosis dieser Personen sei von 2,4 mSv im Vorjahr auf 1,7 mSv zurückgegangen.

Medizinische Strahlenbelastung

Der größte Beitrag zur zivilisatorischen Strahlenexposition werde durch die Anwendung radioaktiver Stoffe und ionisierender Strahlung in der Medizin, insbesondere durch die Röntgendiagnostik, verursacht, heißt es in dem Bericht. Dieser Beitrag sei in den letzten Jahren angestiegen. Die aktuelle Schätzung für die mittlere effektive Dosis pro Einwohner beziehe sich auf das Jahr 2010 und betrage circa 1,8 mSv für die Röntgendiagnostik und 0,1 mSv für die Nuklearmedizin.

Folgen von Tschernobyl

Die durch den Unfall im Atomkraftwerk Tschernobyl resultierende mittlere Strahlenexposition der Bevölkerung sei zwar von 0,11 mSv im Jahr 1986 auf weniger als 0,011 mSv im Jahre 2011 zurückgegangen, dennoch finde sich in Lebensmitteln (zum Beispiel in Pilzen und Wildbret) aus einigen Waldgebieten immer noch stark erhöhte Cäsium-137-Werte, so die Autoren des Berichts der Bundesregierung. Regional träten Strahlenbelastungen auf, die bis zu einem Faktor 10 über den zuvor genannten Mittelwerten liegen.

Schachtanlage Asse

In der Schachtanlage Asse II wurden zwischen 1967 und 1978 insgesamt rund 126.000 Fässer mit schwachradioaktiven Abfällen (LAW) und mittelradioaktiven Abfällen (MAW) eingelagert, wird erklärt. Die schwachradioaktiven Abfälle lagern demnach in zwölf Abbaukammern auf der 750- bzw. 725-Meter-Sohle. Die mittelradioaktiven Abfälle lagern in einer Kammer auf der 511-Meter-Sohle. Eine zum 31.12.2010 durchgeführte Bewertung des Abfalls habe ein Gesamtinventar von 2,8 x 1015 Becquerel ergeben, wobei 80 Prozent dieser Gesamtaktivität auf schwachradioaktive Abfälle entfielen.

Im Jahr 2011 seien aus der Schachtanlage Asse keine radioaktiven Stoffe mit dem Abwasser abgeleitet worden, heißt es. Die Strahlenexposition in der Umgebung der Schachtanlage Asse resultiert ausschließlich aus Ableitungen über den Luftpfad.

Die Strahlenexposition sei im Jahr 2011 wegen ungünstigerer Ausbreitungsbedingungen höher als im Vorjahr gewesen, wird erklärt. Der durch die Ableitung radioaktiver Stoffe mit der Fortluft ermittelte obere Wert der effektiven Dosis habe 2011 für Erwachsene 0,018 mSv, für Kleinkinder (Altersgruppe 1 bis 2 Jahre) 0,026 mSv und für Säuglinge 0,032 mSv betragen. Dies seien circa 6, 9 und 11 Prozent des Grenzwertes gemäß Strahlenschutzverordnung.

Die Dosis für das kritische Organ (rotes Knochenmark für Säuglinge unter einem Jahr und Kleinkinder im Alter von 1 bis 2 Jahren; Knochenoberfläche für Erwachsene) wird mit 0,063 mSv für Säuglinge, 0,037 mSv für Kleinkinder und 0,088 mSv für Erwachsene angegeben. Dies seien circa 21, 12 und 5 Prozent des zulässigen Grenzwertes.

Die Strahlenexposition sei bei der Schachtanlage Asse II insbesondere durch das radioaktive Edelgas Radon-222 (0,011 mSv bei allen Altersgruppen) und das natürliche Radionuklid Blei-210 (0,015 mSv bei Säuglingen, 0,0079 mSv bei Kleinkindern und 0,0026 mSv bei Erwachsenen) verursacht, heißt es. Das Radionuklid Blei-210 entsteht durch radioaktiven Zerfall aus Radon-222 und wird zum überwiegenden Teil bereits mit den Frischwettern in die Grube eingebracht, wird erklärt. Radon-222 ist ebenfalls bereits in den Frischwettern vorhanden, werde aber auch aus den in der Schachtanlage Asse II eingelagerten radioaktiven Abfällen freigesetzt. Bei der Berechnung der potentiellen Strahlenexposition sei nicht zwischen natürlichen und abfallbürtigen Radionukliden unterschieden worden, sondern man habe konservativ angenommen, daß die in der Fortluft vorhandenen Radionuklide vollständig aus den eingelagerten Abfällen freigesetzt wurden.


Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung im Jahr 2011, Unterrichtung durch die Bundesregierung, Bundestagsdrucksache 17/14395 v. 12.07.2013 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/143/1714395.pdf


Der Artikel ist auf der Website des Strahlentelex zu finden unter
http://www.strahlentelex.de/Stx_13_640-641_S10-12.pdf

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Quelle:
Strahlentelex mit ElektrosmogReport, September 2013, Seite 10-12
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Oktober 2013