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VERKEHR/871: "Untätige Behörden" - Feinstaubkontrollen von Umweltschützern in Halle und Magdeburg (DUH)


Deutsche Umwelthilfe e.V. - 18. Oktober 2011

DUH reagiert auf Untätigkeit der Behörden: Feinstaubkontrolle in Halle und Magdeburg

Zahlreiche Ausnahmegenehmigungen und weitgehende Verweigerung amtlicher Kontrollen verhindern Erfolg der Umweltzonen in Halle (Saale) und Magdeburg


Deutsche Umwelthilfe antwortet auf Kontrollverweigerung und halbherzige Umsetzung der Umweltzonen in Sachsen-Anhalt / Umweltschützer führen eigene Feinstaub-Kontrollen in den Umweltzonen ab kommenden Donnerstag (20. Oktober) durch / Verstöße werden zur Einleitung von Bußgeldverfahren an die zuständigen Behörden gemeldet / Ertappte Fahrzeughalter müssen mit Bußgeldbescheid und Strafpunkt in Flensburg rechnen

Berlin, 18. Oktober 2011: Die Stadtregierungen von Halle (Saale) und Magdeburg boykottieren ihre eigenen Umweltzonen. Zu dieser Bewertung kommt die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) sechs Wochen nach Einführung der Einfahrbeschränkungen. Zum einen seien zahlreiche Anträge auf Ausnahmegenehmigungen nach DUH-Recherchen praktisch ausnahmslos positiv beschieden worden, zum andern verzichteten die zuständigen Behörden konsequent auf die Kontrolle zur Einhaltung der Plakettenpflicht in den ausgewiesenen Bereichen.

Wegen der anhaltend hohen Schadstoffbelastung der Luft hatte die DUH gemeinsam mit dem Magdeburger Umweltministerium die Einführung von Umweltzonen in Halle (Saale) und der Landeshauptstadt gefordert. Sie wurden schließlich nach langen Auseinandersetzungen zum 1. September 2011 eingeführt.

Bei konsequenter Umsetzung gelten Umweltzonen als effektivste Einzelmaßnahme zur Verbesserung der Luftqualität in verkehrsreichen Ballungsräumen. Nach Überzeugung der DUH kommt jedoch vor allem die Stadt Halle (Saale) ihrer Aufsichtspflicht nicht nach. "Die Stadtoberen sabotieren geradezu die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zur Luftreinhaltung und gefährden so die Gesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger", erklärt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. "Aber auch die Verantwortlichen in Magdeburg entziehen sich ihrer Pflicht, die Gesundheit der Bürger zu schützen, indem sie den Erfolg der Umweltzone mit zahlreichen Ausnahmegenehmigungen in Frage stellen."

Die DUH kündigte an, ab Donnerstag (20. Oktober 2011) in Halle und Magdeburg innerhalb der ausgewiesenen Umweltzonen die einfahrenden Fahrzeuge stichprobenartig auf korrekte Plaketten hin kontrollieren zu wollen. Festgestellte Verstöße werden zur Einleitung von Bußgeldverfahren an die zuständigen Behörden gemeldet.

Insbesondere die Stadt Halle unter Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados (SPD) hatte sich lange gegen die Einführung einer Umweltzone zur Wehr gesetzt. Aus Sicht der DUH hat auch sechs Wochen nach deren Einrichtung innerhalb der Stadtverwaltung kein Umdenken stattgefunden. "Die Ankündigung von Frau Szabados, auf Kontrollen in der Umweltzone zu verzichten, verleitet Autofahrer zum Nichtstun und ist selbst ein klarer Rechtsbruch. Sollte die Stadt bei dieser Haltung bleiben, werden wir wirksame Kontrollen notfalls auch auf dem Gerichtsweg zur Einhaltung der Luftreinhalte-Werte durchsetzen", so Resch.

Umweltzonen sind bei konsequenter Ausgestaltung und Kontrolle das wirksamste Instrument, um die gesundheitsschädlichen Abgase aus alten und ungefilterten Verbrennungsmotoren zu reduzieren. Resch erinnerte daran, dass ausweislich epidemiologischer Untersuchungen der Weltgesundheitsorganisation WHO allein in Deutschland jedes Jahr etwa 75.000 Menschen vorzeitig an den Folgen von Feinstaub sterben - also mehr als fünfzehn Mal so viele wie bei Verkehrsunfällen. Umweltzonen beförderten darüber hinaus auch den Klimaschutz, weil sie die Modernisierung der Pkw-Flotte beschleunigen, Fahrzeugeigentümer zur Nachrüstung von Dieselpartikelfiltern veranlassen und so den Ausstoß klimabelastender Rußpartikel reduzieren. Vor allem Berlin nehme in diesem Zusammenhang eine Vorbildrolle ein. Die Bundeshauptstadt konnte nach Umsetzung der zweiten Stufe ihrer Umweltzone, in der nur noch Fahrzeugen mit grüner Plakette die Einfahrt erlaubt ist, einen Rückgang von Dieselruß um knapp sechzig Prozent feststellen.

Die DUH bezweifelt, dass die eingerichteten Umweltzonen in Halle (Saale) und Magdeburg ohne entsprechende Kontrollen zu einer ausreichenden Absenkung der innerstädtischen Feinstaub- bzw. Stickstoffoxidbelastungen führen. Bei anhaltenden Überschreitungen der EU-weiten Grenzwerte kommen auf Halle und Magdeburg hohe Strafzahlungen an Brüssel zu. Die DUH unterstützt daher die unter hohen Schadstoffbelastungen leidenden Bürgerinnen und Bürgern in deutschen Ballungsräumen dabei, gegebenenfalls ihr Recht auf saubere Luft auf juristischem Weg zu erkämpfen. Zuletzt war die DUH am 10.Oktober in Wiesbaden erfolgreich und hat eine Verurteilung des Landes Hessen zur Einrichtung einer Umweltzone in Wiesbaden erstritten.


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Quelle:
DUH-Pressemitteilung, 18.10.2011
Deutsche Umwelthilfe e.V.
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Internet: www.duh.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Oktober 2011